Wer eine Geldstrafe nicht bezahlen kann, muss diese durch eine Ersatzfreiheitsstrafe im Gefängnis absitzen. Wie lange die Betroffenen hierbei in der Justizvollzugsanstalt bleiben müssen, hängt von der Anzahl der Tagessätze ab. Es gibt allerdings auch Möglichkeiten, eine Ersatzfreiheitsstrafe zu vermeiden. Beispielsweise kann die Staatsanwaltschaft – falls die finanzielle Lage der Betroffenen dies erfordert – Ratenzahlungen mit geringen Raten mit den Verurteilten vereinbaren. Außerdem kann eine Ersatzfreiheitsstrafe durch das Ableisten freier Arbeit (z.B. im Rahmen des Programms „Schwitzen statt Sitzen“) vermieden werden. Hierüber werden die Verurteilten frühzeitig schriftlich informiert.

Dennoch sind einem großen Teil der Betroffenen diese Möglichkeiten beispielsweise aufgrund von Sprachbarrieren oder schlicht durch Ignorieren der Behördenpost unbekannt. Hier setzt das neue Pilotprojekt des Justizministeriums an: Bei diesem werden Personen, denen die Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe droht, in ihrer Wohnung besucht und durch den direkten und gezielten persönlichen Kontakt über die Möglichkeiten der Haftvermeidung informiert. Damit kann Verurteilten unmittelbar geholfen werden, eine Freiheitsstrafe zu verhindern. Bei dem Pilotprojekt wird diese Tätigkeit durch Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter des Kompetenzzentrums der Justiz für ambulante Resozialisierung und Opferhilfe (KARO) ausgeführt.

Staatssekretär Dr. Jens Diener: „Eine Ersatzfreiheitsstrafe trifft in aller Regel ärmere Menschen, die eine Geldstrafe nicht zahlen können. Sie reißt Betroffene aus ihrem sozialen und familiären Umfeld heraus. Nicht selten führt eine, wenn auch nur kurze, Haftzeit zu Nachteilen wie die Kündigung von Arbeits- oder Mietverhältnissen. Auch die Familie des Verurteilten, insbesondere Kinder sind in den Auswirkungen davon betroffen. Unser Ziel muss daher sein, die Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen nach Möglichkeit zu verhindern. Schließlich hat sich das Gericht bei der Urteilsfindung bewusst für eine Geld- und nicht für eine Freiheitsstrafe entschieden. Jede Haftstrafe kostet darüber hinaus auch die Steuerzahlenden Geld, das anderweitig besser investiert werden kann. Umgekehrt profitiert die Gesellschaft von gemeinnütziger Arbeit und die Landeskasse von der Beitreibung selbst nur kleiner Ratenzahlungen. Eine Ersatzfreiheitsstrafe muss die ultima ratio bleiben. Mit dem Pilotprojekt können wir gezielt Betroffene ansprechen und ihnen die Möglichkeiten aufzeigen, wie sie eine Inhaftierung vermeiden können. Ich danke den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Kompetenzzentrums für ambulante Resozialisierung für Ihren persönlichen Einsatz.“

Anja Würtz, Leiterin des KARO: „Aus unserer beruflichen Praxis wissen wir, dass bei einem Teil der Betroffenen, denen nach der Verurteilung zu einer Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe droht, eine Inhaftierung vermieden werden könnte. Oftmals sind diese Menschen in der Situation überfordert, die rechtlichen Möglichkeiten zur Abwendung der Inhaftierung durch Ratenzahlung oder freie Arbeit zu beantragen. Die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter des KARO sind saarlandweit vernetzt und können aufgrund ihrer fachlichen Qualifikation hier gezielt Hilfestellung zu leisten.“

Quelle: Justizministerium des Saarlandes, Pressemitteilung vom 20. Dezember 2022

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