Ein heute 79-Jähriger soll in seiner damaligen Funktion im Ministerium für Staatssicherheit in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) einen 38-jährigen am Kontrollpunkt nach West-Berlin erschossen haben. Die Staatsanwaltschaft Berlin hat nun Anklage wegen heimtückischen Mordes zum Landgericht Berlin erhoben.

Am 29. März 1974 soll der polnische Staatsangehörige in der polnischen Botschaft versucht haben, mittels einer Bombenattrappe seine ungehinderte Ausreise nach West-Berlin zu erzwingen. Das Ministerium für Staatssicherheit soll daraufhin entschieden haben, dem Mann zum Schein dessen Ausreise zu genehmigen. Mitarbeitende des Ministeriums sollen ihn dafür mit Ausreisedokumenten ausgestattet und zum Sektorenübergang am Bahnhof Friedrichstraße begleitet haben.

Tatsächlich aber sei der damals 31 Jahre alte Angeschuldigte, der einer Operativgruppe des Ministeriums für Staatssicherheit angehört haben soll, mit der sog. „Unschädlichmachung“ des Polen beauftragt worden. Als der 38-Jährige zum frühen Nachmittag den letzten Kontrollpunkt passiert hatte, soll der Angeschuldigte ihn mit einem gezielten Schuss in den Rücken aus einem Versteck heraus getötet haben.

Zur rechtlichen Einordnung:

Die Anklage stellt zunächst auf das damals für diesen Vorfall gültige Strafgesetzbuch der DDR ab, die in § 112 die Mordstrafbarkeit regelte – und für Fälle der Heimtücke sogar die Todesstrafe vorsah.

Entsprechend den Überleitungsvorschriften im Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch (EGStGB) ist seit dem Beitritt das Strafgesetzbuch der Bundesrepublik Deutschland auch für Taten anzuwenden, die noch vor dem Beitritt begangen worden, aber noch nicht verjährt sind.

Die Rechtsfolgen wurden ebenfalls angepasst, § 315c EGStGB, womit im Verurteilungsfall die Rechtsfolge von § 211 des Strafgesetzbuches Anwendung finden würde.

(c) Staatsanwaltschaft Berlin, 12.10.2023

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