28 Milliarden Euro könnte Deutschland von der EU erhalten – das Geld könnte dabei helfen, die grüne und digitale Transformation zu beschleunigen. Doch die Bundesregierung lässt sich die Gelder schlicht entgehen, weil sie ihre Hausaufgaben nicht macht.

Seit Februar 2021 gibt es einen Brüsseler Geldsegen mit etwas sperrigem Namen: Die sogenannte Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) ist ein befristetes Instrument der EU. Ihr Ziel: Das Geld soll zusätzliche Investitionen und Reformen ermöglichen, mit denen die grüne und digitale Transformation vorangebracht wird, sofern die noch nicht national finanziert wurden. Die EU-Mitgliedstaaten müssen Pläne für konkrete Vorhaben vorlegen, nur so erhalten sie die Fördergelder. Deutschland legte Ende 2020 zwar einen Plan vor – erfüllte bisher jedoch keines der Ziele oder Meilensteine der 82 Investitionen und 47 Reformvorhaben. Die Finanzierung von bereits budgetierten Projekten durch die EU-Mittel ist aus Sicht der Kommission nicht akzeptabel.

Spanien, Frankreich und Italien waren fleißig
Die deutschen Ergebnisse im sogenannten Scoreboard der Europäischen Kommission für die ARF zeigen ein trauriges Bild: Im EU-Schnitt wurden derzeit elf Prozent der Meilensteine und Ziele erfüllt. Ein Spitzenreiter ist Spanien, das Land bietet fast 30 Prozent erfüllte Ziele und Meilensteine. Auch Frankreich und Italien haben 21 und 18 Prozent ihrer Meilensteine und Ziele erreicht. Deutschland hingegen hat die Mittel so gut wie nicht abgerufen, sondern bisher lediglich eine vorgelagerte Finanzierung von 2,25 Mrd. Euro in Anspruch genommen, was nicht einmal zehn Prozent der Gesamtmittel entspricht, die der Bundesrepublik zustünden.

Bundesregierung muss Hausaufgaben machen
Das ist fatal: Deutschland lässt sich hier signifikante Summen entgehen, die allerorts dringend gebraucht werden, um den großen Investitionsstau anzugehen. Das ist in höchstem Maße unverständlich, ja sogar fahrlässig. Das Argument, man habe im Gegensatz zu den anderen EU-Staaten finanziell vorgeleistet, kann schon angesichts der investiven Bedarfslage nicht überzeugen. Auch heißt es oft, die Mittel seien nur für inzwischen veraltete Investitionspläne und nicht für zusätzliche Investitionen verfügbar. Das ist eine Ausrede, die einer genauen Überprüfung nicht standhält: Die EU-Kommission berücksichtigt die geopolitischen Umbrüche des vergangenen Jahres und ermöglicht ausdrücklich Änderungen und Anpassungen der ursprünglichen Pläne an die neuen Gegebenheiten. „Die Bundesregierung müsste einfach ihre Hausaufgaben machen“, sagt IW-Direktor Michael Hüther. „Es ist ihre Aufgabe, die Meilensteine endlich anzugehen.“ Dann könnten auch die Gelder fließen. „Deutschland muss sich daher die Frage gefallen lassen, weshalb man Milliardensummen nicht nutzt.“

(c) Institut der Deutschen Wirtschaft, 18.09.2023

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