Der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart verkündete heute unter dem Vorsitz von Herbert Anderer sein Urteil in einem Staatsschutzverfahren gegen einen mittlerweile 62 Jahre alten Angeklagten, der sich in der Zeit von 2013 bis 2016 am Betrieb einer rechtsradikalen Internetseite beteiligt hatte, auf der auch volksverhetzende Inhalte veröffentlicht wurden. Der Angeklagte wurde wegen mitgliedschaftlicherBeteiligung an einer kriminellen Vereinigung und Volksverhetzung in mehreren Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Feststellungen des Senats zu den Taten

Der Senat stellte fest, dass die Internetseite „altermedia-deutschland.info“ seit dem Jahr 2011 bis zur ihrer Abschaltung im Januar 2016 für jedermann zugänglich war. Auf der Seite wurden fortlaufend Nachrichten, Informationen und Propagandaschriften veröffentlicht, die für die Anhänger rechtsradikalen und nationalsozialistischen Gedankenguts von Interesse waren. Die Nutzer der Seite hatten die Möglichkeit,diese Inhalte mit öffentlich sichtbaren Kommentaren zu versehen und sich untereinander in verschiedenen Foren auszutauschen. Ein besonderes, auch von den Nutzern geschätztes Merkmal der Seite war es, dass auch solche Inhalte und Kommentare veröffentlicht wurden, durch die in einer strafbaren Weise gegen Ausländer, Flüchtlinge, Muslime oder Juden gehetzt und diese beispielsweise Schädlingen, Schmarotzern, Unrat oder Krankheiten gleichgesetzt wurden. Auch Stellung­nahmen, die die Ermordung hunderttausender Juden im Konzentrationslager Auschwitz oder andere unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Verbrechen leugneten, durften auf der Seite veröffentlicht werden.

Seit Juni 2012 wurde die Seite von einer jeweils aus mindestens drei Personen bestehenden Gruppe betrieben. Die Mitglieder der Gruppe ordneten sich in eine feste, hierarchisch aufgebaute Organisationsstruktur ein. Der Angeklagte gehörte dem Zusammenschluss seit dem 1. Mai 2013 an und hatte als sogenannter Moderator vor allem darauf zu achten, dass die Nutzer der Seite die Forenrichtlinien beachteten, nach denen beispielsweise „antideutsche Beiträge, Kommentare oder Haltungen“ nicht geduldet wurden und die „Verherrlichung von semitischen Religionen“ untersagt war. In zwei Fällen verfasste der Angeklagte selbst Texte, die einen volksverhetzenden Inhalt hatten. In einem weiteren Fall schaltete er den Kommentar eines Nutzers zur Veröffentlichung auf der Startseite frei, obwohl dieser einen volksverhetzenden Inhalt hatte. Zudem trug der Angeklagte durch seine Mitwirkung am Betrieb der Seite dazu bei, dass den Nutzern der Internetseite eine Plattform zur Verfügung stand, auf der sie in einer Vielzahl von Fällen solche strafbaren Inhalte veröffentlichen konnten. Bis zur Abschaltung war die Seite im Schnitt pro Tag mehr als 7.000mal aufgerufen worden. Von den Nutzern waren insgesamt mehr als 209.000 Kommentare und Beiträge eingestellt worden.

Bei der Strafzumessung berücksichtigte der Senat unter anderem, dass die Internetseite über einen langen Tatzeitraum hinweg betrieben wurde und eine herausragende Bedeutung in der rechten Szene hatte. Auf der anderen Seite wurde dem bislang nicht vorbestraften und weitgehend geständigen Angeklagten zugutegehalten, dass die Taten mittlerweile mehr als acht Jahre zurückliegen.

Weitere Informationen zum Verfahren

Dem Urteil waren drei Verhandlungstage seit dem 9. April 2024 vorausgegangen. Im Rahmen der Beweisaufnahme hatte der Senat unter anderem mehrere Bild- und Videodokumente in Augenschein genommen und eine Vielzahl von Texten eingeführt.

Den gegen den Angeklagten gerichteten Haftbefehl hob der Senat auf.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Angeklagte und sein Verteidiger haben auf Rechtsmittel verzichtet. Dem Generalbundesanwalt steht gegen das Urteil das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof offen, die binnen einer Woche nach Verkündung des heutigen Urteils eingelegt werden muss.

(c) OLG Stuttgart, 12.04.2024

Cookie Consent mit Real Cookie Banner