Die Bundesanwaltschaft hat heute (31. März 2022) aufgrund von Haftbefehlen des Ermittlungsrichters beim Bundesgerichtshof die deutsche Staatsangehörige Nadine K., die deutsche und marokkanische Staatsangehörige Fatiha B. die deutsche Staatsangehörige Gülseren T. und die deutsche Staatsangehörige Emilie R. bei ihrer Einreise am Flughafen Frankfurt am Main festnehmen lassen.

Die Beschuldigten Nadine K. und Fatiha B. sind der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland (§ 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2 StGB) dringend verdächtig. Nadine K. werden zudem Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 Abs.

1 VStGB, § 27 StGB), Kriegsverbrechen (§ 9 Abs. 1 VStGB), Menschenhandel (§ 232 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 StGB) sowie Verstöße gegen das Waffenrecht (§ 22a Abs. 1 Nr. 6 KrWaffKontrG; § 52 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 Buchst. b), § 2 Abs. 2

WaffG) vorgeworfen. Gegen die Beschuldigten Emilie R. und Gülseren T. besteht der dringende Verdacht, dass sie sich als Jugendliche und als Heranwachsende – Gülseren T. schließlich auch als Erwachsene – mitgliedschaftlich in einer terroristischen Vereinigung im Ausland betätigt haben (§ 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2 StGB, §§ 1, 3, 105 JGG).

In den Haftbefehlen werden den Beschuldigten im Wesentlichen folgende Sachverhalte zur Last gelegt:

1. Nadine K. folgte im Dezember 2014 ihrem Ehemann nach islamischen Ritus in die Türkei, um sodann in den Irak zu der ausländischen terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat (IS)“ auszureisen. Im Irak angekommen, schlossen die beiden sich der Organisation als Mitglieder an. Ab Frühjahr 2015 hielt sich das Paar in Mossul auf, wo die Beschuldigte den Haushalt führte und die gemeinsamen Kinder im Sinne der IS-Ideologie erzog. Die Familie lebte in einem Haus, dessen rechtmäßige Bewohner vor dem IS geflohen oder von diesem vertrieben worden waren. Dort lagerten Nadine K. und ihr Ehemann eine große Anzahl von Sprengstoff und Waffen, darunter Handgranaten, Sturmgewehre des Typs Kalaschnikow und eine Glock-Pistole. Zudem richteten sie in dem Haus mit Genehmigung und gegen Bezahlung durch den IS eine Aufnahmestelle für alleinstehende weibliche IS-Angehörige ein. Die Eheleute sorgten nicht nur für die Beherbergung und Verpflegung der Frauen, sondern unterstützten diese auch bei Heiraten oder Scheidungen vor dem Scharia-Gericht. Ab einem nicht näher bekannten Zeitpunkt zwischen Ende August 2015 und Frühjahr 2016 hielten sich Nadine K. und ihr Mann eine jesidische Frau als Sklavin. Der Mann verübte regelmäßig sexuelle Übergriffe gegen die Frau, was die Beschuldigte wusste. Zudem zwang das Paar die Sklavin täglich zur unentgeltlichen Hausarbeit und Kinderversorgung. Vermutlich im Herbst 2016 zog die Beschuldigte mit ihrer Familie nach Syrien und lebte bis Anfang März 2019 im IS-Herrschaftsgebiet. Erst zu diesem Zeitpunkt erlangte die jesidische Frau ihre Freiheit wieder.

2. Fatiha B. reiste gemeinsam mit ihrem Ehemann nach islamischen Ritus im September 2013 über die Türkei nach Syrien aus. Dort schlossen sie sich zunächst der ausländischen terroristischen Vereinigung „Jabhat al-Nusra (JaN)“ und im November 2014 sodann dem IS als Mitglieder an. Die Beschuldigte führte für ihren Mann den Haushalt und betreute das gemeinsame Kind. Der IS vergütete dem Ehepaar deren Tätigkeiten für die Organisation mit einer monatlichen Alimentation.

3. Emilie R. ist seit 2013 Anhängerin des Salafismus. Dieser Ideologie folgend ging sie im Juni 2014 in Deutschland nach islamischem Ritus die Ehe mit einem gleichgesinnten Mann ein. Beide reisten im Juli 2014 über die Türkei nach Syrien aus und schlossen sich dem IS an. Während der Ehemann Dienste in verschiedenen Kampfeinheiten der Organisation versah, sorgte die Beschuldigte für den Haushalt und die gemeinsamen Kinder. Hierfür erhielt die Familie Alimentierungen vom IS.

Ab November 2015 warb Emilie R. eigenständig im Internet für den IS.

Insbesondere bemühte sie sich darum, Mädchen und Frauen in Deutschland zu einer Ausreise nach Syrien zu bewegen. Dazu erteilte die Beschuldigte Ratschläge, wie eine solche Ausreise sowie eine Heirat mit IS-Kämpfern zu bewerkstelligen sei.

4. Gülseren T. reiste im Dezember 2014 über die Türkei nach Syrien aus, um sich dem IS anzuschließen. Kurz nach ihrer Ankunft heiratete sie nach islamischem Ritus einen IS-Kämpfer. Das Paar lebte bis März 2019 in verschiedenen syrischen Ortschaften unter der Herrschaft des IS. Die Beschuldigte ermöglichte ihrem Ehemann dessen Betätigung für die Vereinigung, indem sie den Haushalt führte und die gemeinsamen Kinder betreute. Im Gegenzug erhielt die Familie vom IS eine Alimentation, einschließlich durch Zuweisung einer Wohnung.

Die Beschuldigten wurden zu unterschiedlichen Gelegenheiten im Frühjahr 2019 festgenommen und befanden sich bis zu ihrer Rückkehr nach Deutschland in kurdischen Lagern. Sie werden im Laufe des heutigen Tages (31. März 2022) dem Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof vorgeführt, der ihnen die Haftbefehle eröffnen und über den Vollzug der Untersuchungshaft entscheiden wird.

Quelle: Generalbundesanwalt, Pressemitteilung vom 31. März 2022

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