Der 6. Senat des Bundessozialgerichts berichtet über seine Sitzung vom 17. November 2022 in Angelegenheiten des Vertragsarztrechts.


1) – B 6 KA 2/22 R – Kassenärztliche Vereinigung Hamburg ./. Berufungsausschuss für Ärzte – Hamburg –
11 Beigeladene


Vorinstanz:
Sozialgericht Hamburg – S 3 KA 294/18, 28.09.2021


Die Klägerin hat die Revision vor der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.


2) 13.00 Uhr – B 6 KA 9/21 R – A Klinikum B GmbH ./. Schiedsstelle Bayern nach § 18a KHG


beigeladen: AOK Bayern – Die Gesundheitskasse, BKK Landesverband Bayern, Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG), IKK classic, Verband der Ersatzkassen eV – vdek, Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (Revisionskläger)


Vorinstanz:
Bayerisches Landessozialgericht – L 12 KA 37/20 KL, 21.04.2021
Die Revision der Beigeladenen hat im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG Erfolg. Ob das LSG den Schiedsspruch zu Recht teilweise aufgehoben und die beklagte Schiedsstelle zur Neubescheidung im Hinblick auf die Fallpauschalen im Bereich der Orthopädie verpflichtet hat, kann der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen.
Die Vereinbarung einer Vergütung nach § 120 Abs 2 SGB V kommt von vorneherein nur in Betracht, wenn es sich bei der Orthopädieambulanz der Klägerin um eine Hochschulambulanz im Sinne des § 117 Abs 1 Satz 1 SGB V handelt. Dies ist im Rahmen der Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Schiedsspruchs der Beklagten inzident zu prüfen. Das LSG hat hierzu lediglich ausgeführt, dass die Klägerin die Ambulanz auf der Basis eines Kooperationsvertrages mit dem Freistaat Bayern und dem Universitätsklinikum Regensburg betreibt, ohne dass es diesen Vertrag beigezogen oder seinen konkreten Inhalt festgestellt hat. Für die Annahme, dass es sich bei der von der Klägerin betriebenen Einrichtung um eine gesetzlich ermächtigte Hochschulambulanz handelt, genügt es insbesondere nicht, dass der Landeskrankenhausplan 2018 in Bezug auf das Klinikum der Universität Regensburg auf eine Nutzungsvereinbarung mit der Klägerin verweist. Damit ambulante Leistungen nach § 117 Abs 1 Satz 1 SGB V erbracht werden dürfen, ist vielmehr maßgeblich, dass die zwischen dem Träger eines Krankenhauses und einer Hochschule bzw einer Hochschulklinik geschlossene Kooperation gewisse Mindestanforderungen erfüllt. Insbesondere ist es erforderlich, dass die wissenschaftlich-medizinische Leitung der Einrichtung durch den Lehrstuhlinhaber des jeweiligen Fachbereiches sichergestellt ist, der in seiner Funktion als Lehrstuhlinhaber die Leitungskompetenz und in fachlich-medizinischer Hinsicht die Gesamtverantwortung in der Hochschulambulanz trägt. Hierzu fehlen Feststellungen.
Unschädlich ist es dagegen, wenn der kooperierende Träger daneben ein Krankenhaus der allgemeinen Krankenversorgung betreibt. Eine ausschließlich bzw im Wesentlichen auf die Hochschulklinik bezogene Aufgabenstellung des Trägers – wie sie zum Teil in Rechtsprechung und Literatur verlangt wird – ist nicht erforderlich. Entscheidend ist allein, ob die Einrichtung selbst ausschließlich oder überwiegend Aufgaben einer Hochschulambulanz wahrnimmt.
Sollte das LSG die vorgenannten Vorgaben für eine Hochschulambulanz feststellen und bejahen können, stellt sich die teilweise Aufhebung des Schiedsspruchs mit der Verpflichtung der beklagten Schiedsstelle zur Neubescheidung allerdings als rechtmäßig dar. Das LSG ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§ 71 Abs 1 SGB V) auch im Bereich der Leistungsvergütungen von Hochschulambulanzen Anwendung findet. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind abschließend gesetzlich geregelt. Entgegen der Ansicht des LSG existiert aber kein Ausnahmetatbestand „einer signifikanten Änderung der Sach- oder Rechtslage“. Grund für ein Überschreiten der Veränderungsrate nach § 71 Abs 3 SGB V können daher nicht allein die gesetzlichen Änderungen durch das GKV-VSG oder die nachgehende Umsetzung durch das untergesetzliche Regelwerk sein. Es kommt vielmehr darauf an, ob und inwieweit sich diese normativen Veränderungen tatsächlich auf die wirtschaftliche Betriebsführung der Hochschulambulanz ausgewirkt haben. Die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung als Grundlage für plausible Vergütungsverhandlungen ist anhand des im Leistungserbringerrechts angewandten zweistufigen Prüfschemas des BSG zu beurteilen. Soweit dabei auf der ersten Prüfstufe zunächst die prognostischen voraussichtlichen Gestehungskosten plausibel und nachvollziehbar zu kalkulieren und darzulegen sind, geht es, wenn – wie hier – an vorangegangene Vergütungen angeknüpft wird, nur um die Frage, ob Veränderungen eingetreten sind, die eine Erhöhung der zuvor vereinbarten Vergütung rechtfertigen. Insofern hat das LSG die Aufhebung des Schiedsspruches zu Recht damit begründet, dass die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, den Sachverhalt im Rahmen der Amtsermittlung weiter aufzuklären. Sie hätte die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der streitigen Vergütungshöhe nicht schon wegen fehlender Darlegungen der Klägerin auf der ersten Prüfstufe einstellen dürfen, ohne die Klägerin darauf hinzuweisen, welche weiteren Angaben oder Berechnungen zu der geltend gemachten Kostensteigerung gegenüber der Vereinbarung für das Jahr 2017 fehlten. Anlass hierfür bestand auch deshalb, weil nach den von den Beigeladenen vorgelegten Daten zweier Vergleichshäuser ersichtlich auch höhere Fallpauschalen, als von der Beklagten festgesetzt, für die hier streitigen Jahre vereinbart worden sind.

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