11:00 Uhr: Bundessozialgericht – Mündliche Verhandlung „Generikaabschlagspflicht“

Die Klägerin ist ein in Deutschland ansässiges Unternehmen der pharmazeutischen Industrie, dem vertraglich der Vertrieb des Wirkstoffs “insulin lispro“ unter dem Handelsnamen Liprolog® in eigenem Namen und auf eigene Rechnung gestattet ist. Für dieses Präparat besteht eine zentrale europarechtliche Gemeinschaftszulassung, deren Inhaber ein in den Niederlanden ansässiges Unternehmen ist. Nachdem zwischen der Klägerin und dem beklagten Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung nicht mehr streitig ist, dass Liprolog® als Arzneimittel grundsätzlich unter die Generikaabschlagspflicht fällt (vgl BSG vom 20.12.2018 – B 3 KR 11/17 R – SozR 4-2500 § 130a Nr 12), steht nunmehr im Streit, ob die Klägerin Schuldnerin des Abschlags ist. Sie sei – was zutrifft – von dem niederländischen Zulassungsinhaber zum örtlichen Vertreter bestellt; deshalb fungiere sie lediglich als Kontaktadresse in Deutschland für den Inhaber der europarechtlichen Zulassung. Bei zentral zugelassenen Arzneimitteln könne es nur einen pharmazeutischen Unternehmer geben, das sei hier der niederländische Zulassungsinhaber. Ein örtlicher Vertreter im Sinne von § 9 Abs 2 AMG sei für die Zulassung des Arzneimittels und das Arzneimittel selbst rechtlich nicht verantwortlich. Zutreffend sei sie auf der Umverpackung des Arzneimittels nicht als pharmazeutischer Unternehmer, sondern als örtlicher Vertreter gekennzeichnet.
Das SG hat die Klage abgewiesen, das LSG hat die Berufung zurückgewiesen: Die Klägerin sei pharmazeutischer Unternehmer iSd § 130a Abs 3b SGB V und unterliege ohne Rücksicht auf ihre Bestellung als örtlicher Vertreter der Zahlungspflicht des Generikaabschlags. Der örtliche Vertreter entspringe als Rechtsfigur dem Gemeinschaftsrecht und habe keinen Einfluss auf die Definition oder Pflichten des pharmazeutischen Unternehmers iSd AMG. Rabattpflichtig iSd § 130a SGB V sei, wer als pharmazeutischer Unternehmer iSd § 4 Abs 18 AMG den Apothekenabgabepreis bestimme, an den die Preisvorschriften des AMG anknüpften. Dies sei die Klägerin, die den Abgabepreis für Liprolog® bestimme und das Arzneimittel unter ihrem Namen mit eigener Pharmazentralnummer in Verkehr bringe sowie in der Lauer-Taxe als Anbieter gelistet sei.
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 130a Abs 3b SGB V. Als örtlicher Vertreter des Zulassungsinhabers und aufgrund entsprechender europarechtlicher Kennzeichnung komme eine Abschlagszahlungsverpflichtung nicht in Betracht. Sie bringe das Arzneimittel als ein Unternehmen der Vertriebskette zwar in ihrem Namen, aber nicht unter ihrem Namen in den Verkehr; sie vermarkte es unter dem Namen des Zulassungsinhabers als dessen Großhändler. Zur Bestimmung des pharmazeutischen Unternehmers sei allein auf § 4 Abs 18 AMG abzustellen. Entscheidend sei, dass sie das Arzneimittel nicht mit ihrem Namen als pharmazeutischer Unternehmer gekennzeichnet habe. Unerheblich sei hingegen, mit wessen Pharmazentralnummer das Arzneimittel versehen sei und wer in der Lauer-Taxe als Anbieter geführt werde. Bestätigt werde dies auch aufgrund der Praxis bei Rabattverträgen nach § 130a Abs 8 SGB V. Den Krankenkassen reiche es hier nicht aus, dass ein Unternehmen als Anbieter eines Arzneimittels in der Lauer-Taxe gelistet sei, vielmehr müsse das Unternehmen nachweisen, dass es pharmazeutischer Unternehmer iSd § 4 Abs 18 AMG sei.

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