10:00 Uhr: Bundesverwaltungsgericht – Mündliche Verhandlung „Beihilfe bei stationärer Unterbringung in einem Pflegeheim“

Gegenstand der Normenkontrolle ist eine am 1. Juli 2019 in Kraft getretene Regelung der
Bremischen Beihilfeverordnung (BremBVO) über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für
stationäre Pflegeleistungen (§ 4j Abs. 2 BremBVO). Der inzwischen verstorbene Antragsteller,
dessen Witwe das Normenkontrollverfahren fortführt, war zum Zeitpunkt des Inkrafttretens
der angegriffenen Regelung 80 Jahre alt, pflegebedürftig und lebte im Pflegeheim. Aufgrund
der Änderung der Beihilfeverordnung erhielt er für seine vollstationäre Pflege monatlich 236
Euro weniger an Beihilfeleistungen. Sein Normenkontrollantrag, die Neuregelung über stationäre
Pflegeleistungen (§ 4j Abs. 2 BremBVO) insoweit für unwirksam zu erklären, als sie die
bisherige Beihilfe für vollstationäre Pflege (§ 4d Abs. 2 BremBVO alter Fassung) ersetzt, hatte
in erster Instanz vor dem Oberverwaltungsgericht Erfolg.
Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts verstößt die angegriffene Regelung gegen die
verfassungsrechtlich verankerte beamtenrechtliche Fürsorgepflicht (Art. 33 Abs. 5 Grundgesetz GG). Die Fürsorgepflicht ergänze die durch diese Verfassungsnorm ebenfalls gewährleistete
Alimentationspflicht des Dienstherrn. Dieser sei verpflichtet, Richter und Beamte sowie
ihre Familien lebenslang angemessen zu alimentieren und ihnen nach ihrem Dienstrang, nach

der mit ihrem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung der rechtsprechenden
Gewalt und des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung
der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards
einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Die Regelungen über die
Gewährung einer Beihilfe für Pflegeleistungen bei stationärer Unterbringung müssten daher
für Beamte und Versorgungsempfänger, die – wie der Antragsteller – nicht darauf verwiesen
werden könnten, sie hätten für diesen Fall Eigenvorsorge betreiben müssen, sicherstellen,
dass die Regelalimentation nach Abzug der pflegebedingten Aufwendungen noch ausreiche,
um den amtsangemessenen Lebensunterhalt zu bestreiten. Dem genügten die Regelungen in
der angegriffenen Vorschrift (§ 4j Abs. 2 BremBVO) nicht. Denn sie entsprächen nicht den in
der Rechtsprechung zum amtsangemessenen Lebensunterhalt entwickelten Abstandsgeboten.
Der bei Anwendung dieser Regelungen dem Beihilfeberechtigten und seiner Familie verbleibende
Mindestbetrag gewährleiste weder den erforderlichen Abstand von 15 vom Hundert
zum Sozialhilfeniveau noch einen hinreichenden Abstand zwischen den unterschiedlichen
Besoldungsgruppen. Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin, die Freie Hansestadt Bremen,
mit ihrer bei dem Bundesverwaltungsgericht eingelegten Revision, die das Oberverwaltungsgericht
wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen hat.

11:30 Uhr: Bundessozialgericht – Mündliche Verhandlung „Anspruch auf Analogieleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetzes“

Der nach seinen Angaben aus Somalia stammende Kläger reiste im Mai 2017 über Italien nach Deutschland ein. Sein Asylantrag wurde im sogenannten Dublin-III-Verfahren zunächst als unzulässig abgelehnt; die Überstellung innerhalb der Überstellungsfrist scheiterte jedoch und der Ablehnungsbescheid wurde aufgehoben. Im Folgenden legte der Kläger im Asylverfahren eine gefälschte Geburtsurkunde vor. Das BAMF lehnte im Mai 2018 in Unkenntnis der Fälschung die Anträge auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, die Asylanerkennung und die Zuerkennung subsidiären Schutzes als unbegründet ab. Eine hiergegen gerichtete Klage wurde im Januar 2020 abgewiesen.
Der Kläger, der seit März 2019 in einer Gemeinschaftsunterkunft untergebracht ist, erhielt von der Beklagten ua für den Zeitraum von Juli bis Dezember 2019 sogenannte Analogleistungen in entsprechender Anwendung des SGB XII nach der Regelbedarfsstufe 1 in Höhe von 364,65 Euro sowie als Sachleistungen die Unterkunft, Energie und Wohnungsinstandhaltung, Innenausstattung sowie Haushaltsgeräte und -gegenstände. Die Beklagte hob nach Änderung des AsylbLG zum 1.9.2019 den Bewilligungsbescheid für die Zeit vom 1.9.2019 bis zum 31.12.2019 teilweise auf und gewährte aufgrund der Gesetzesänderung in § 2 Abs 1 Satz 4 Nr 1 AsylbLG neben den unverändert gebliebenen Sachleistungen Analogleistungen nur noch in Höhe von 322,55 Euro (Regelbedarfsstufe 2). Die Klage war teilweise (soweit nicht ab Oktober 2019 zugeflossenes Einkommen zu berücksichtigen war) erfolgreich; das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, dass das objektiv rechtsmissbräuchliche Verhalten des Klägers die Aufenthaltsdauer nicht kausal beeinflusst habe. Der Anspruch auf Analogleistungen nach der Regelbedarfsstufe 1 über den 1.9.2019 hinaus folge bereits aus der Übergangsregelung des § 15 AsylbLG. Zudem begegne ein Verständnis der Norm, das jede gemeinsame Unterbringung erfasse, verfassungsrechtlichen Bedenken und verstoße gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Daher sei im Wege der normerhaltenden teleologischen Reduktion ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal im Sinne eines tatsächlichen „Füreinandereinstehens“ zu fordern, das vorliegend nicht erfüllt sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Beklagten.

12:00 Uhr: Bundesverwaltungsgericht – Mündliche Verhandlung „Gleichstellung beim BND“

Der Präsident des Bundesnachrichtendienstes (Beklagter zu 1) beabsichtigt, auf Weisung des
Chefs des Bundeskanzleramtes (Beklagter zu 2) seine Förderungsrichtlinie zu ändern und für
die Beförderung in eine A 16-Führungsposition statt einer dreijährigen A 15-Sachgebietsleitung
die Bewährung in mindestens zwei unterschiedlichen regelbeurteilten A 15-Sachgebietsleitungen
zu verlangen, von denen eine durch die entsprechende Verwendung in einer
obersten Bundesbehörde oder als Residenturleitung ersetzt werden kann. Dagegen hat die
Gleichstellungsbeauftragte beim Beklagten zu 1 nach erfolglosem Einspruch und einem
weiteren gescheiterten Einigungsversuch Klage beim Bundesverwaltungsgericht erhoben, das
erst- und letztinstanzlich zuständig ist. Sie sieht darin eine Verletzung der Vorgaben des
Bundesgleichstellungsgesetzes und eine Gefährdung des gesetzlichen Ziels einer gleichberechtigten
Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen bis Ende 2025 sowie eine
nicht gerechtfertigte mittelbare Diskriminierung der weiblichen Beschäftigten des Bundesnachrichtendienstes,
die mit Artikel 3 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht vereinbar sei. Die Beklagten
halten die Klage bereits mangels Klagebefugnis der Gleichstellungsbeauftragten für unzulässig,
der Beklagte zu 2 im Übrigen auch für unbegründet, weil die Erhöhung der Anforderung
entgegen der Auffassung der Klägerin die Chancen weiblicher Beschäftigter auf eine
A 16-Führungsposition im Vergleich zu männlichen nicht verschlechtere und außerdem sachlich
gerechtfertigt sei.

13:00 Uhr: Bundessozialgericht – Mündliche Verhandlung „Rückforderung von Eingliederungshilfe nach § 47 SGB X“

Der beklagte Träger der Eingliederungshilfe bewilligte dem 2003 geborenen, behinderten Kläger, der im Haushalt seiner Eltern lebt, ab September 2012 ein Persönliches Budget von monatlich 7750 Euro als Hilfe zum selbstbestimmten Leben in ambulant betreuten Wohnmöglichkeiten. In der hierzu geschlossenen Zielvereinbarung verpflichtete sich der Kläger ua, „die Mittel aus dem ‚Persönlichen Budget‘ zur Deckung des (…) genannten Bedarfs zu verwenden und die Deckung des Bedarfs tatsächlich sicherzustellen“ sowie die zweckentsprechende Verwendung der Mittel durch die Vorlage der Abrechnungen nachzuweisen. Nachdem auf mehrfache Aufforderung hin nach Auffassung des Beklagten keine ausreichenden Belege vorgelegt wurden, widerrief er nach Kündigung der Zielvereinbarung im Juni 2015 die Bewilligung des Persönlichen Budgets für den Zeitraum von September 2012 bis Mai 2015 wegen nicht zweckentsprechender Mittelverwendung (§ 47 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB X) und forderte die gezahlte Eingliederungshilfe in Höhe von insgesamt 250 800 Euro zurück. Das SG hat die Klage abgewiesen, das LSG die Berufung zurückgewiesen: Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig, da der Kläger die zweckentsprechende Verwendung der ausgezahlten Mittel nicht nachgewiesen habe. Die Verpflichtung zum Nachweis folgte aus der geschlossenen Zielvereinbarung, die Bestandteil des Bewilligungsbescheids sei. § 47 Abs 2 SGB X sei nicht nur auf subventionsähnliche Leistungen anzuwenden.
Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Begehren auf Aufhebung des Widerrufs- und Rückforderungsbescheids weiter.

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