
Die Bundesanwaltschaft hat Anklage gegen sechs mutmaßliche Mitglieder einer linksextremistischen, kriminellen Vereinigung erhoben, die von 2022 bis 2023 gewaltsame Angriffe unter anderem in Deutschland und Budapest verübten. Den Beschuldigten wird unter anderem versuchter Mord, gefährliche Körperverletzung sowie Urkundenfälschung und Diebstahl vorgeworfen; sie befinden sich in Untersuchungshaft.
Die Bundesanwaltschaft hat am 25. Juni 2025 vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf Anklage gegen die deutschen Staatsangehörigen Nele A., Emilie D., Paula P., Luca S., Moritz S. und Clara W. erhoben.
Die Angeschuldigten sind der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (§ 129 Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB) hinreichend verdächtig. In diesem Zusammenhang wird ihnen auch versuchter Mord (§ 211 StGB) und gefährliche Körperverletzung (§ 223 Abs. 1, § 224 Abs. 1 StGB) vorgeworfen. Gegen Nele A. und Emilie D. besteht überdies der hinreichende Verdacht der Urkundenfälschung (§ 267 Abs. 1 StGB) und des Diebstahls (§ 242 Abs. 1 StGB). Emilie D. wird zudem Sachbeschädigung (§ 303 StGB), Missbrauch von Ausweispapieren (§ 281 Abs. 1 StGB) und Betrug (§ 263 Abs. 1 StGB) zur Last gelegt. Nele A., Emilie D., Paula P. und Moritz S. sollen als Heranwachsende gehandelt haben (§ 105 JGG).
In der zugestellten Anklageschrift ist im Wesentlichen folgender Sachverhalt dargelegt:
Die Angeschuldigten gehörten zu einer militanten linksextremistischen Vereinigung um den gesondert verfolgten Johann G. (vgl. dazu Pressemitteilung Nr. 39 vom 11. Juni 2025). Unter wechselnder Beteiligung, auch mit anderen Anhängern der Vereinigung, begingen sie ab April 2022 verschiedene gewaltsame Angriffe gegen Personen, die ihrer Ansicht nach aus der „rechten Szene“ kamen.
Am 23. April 2022 überfielen Mitglieder der Vereinigung zeitgleich in Erfurt, Magdeburg, Halle und Schwerin „Thor-Steinar“-Ladengeschäfte. Emilie D. beteiligte sich zusammen mit fünf anderen an dem Angriff in Erfurt. Dabei riss sie mit Gewalt die Verkäuferin zu Boden und versetzte dieser zahlreiche Faustschläge gegen den Kopf und Oberkörper. Eine Mittäterin schlug mindestens zwanzigmal mit einem Teleskopschlagstock auf die am Boden liegende Geschädigte ein. Weitere Angreifer versprühten in dem Laden großflächig unter anderem Buttersäure und Pfefferspray, letzteres auch gezielt gegen die Verkäuferin. An der Einrichtung und den Waren im Geschäft entstand ein Sachschaden von mehr als 60.000 Euro.
Am 12. Januar 2023 griff Emilie D. gemeinsam mit dem gesondert verfolgten Johann G. und anderen in Erfurt zwei zuvor ausgespähte Personen an. Die Gruppe näherte sich den Opfern von hinten an und brachte sie zu Fall. Sodann wurde ihnen mit der Faust, Schlagstöcken und einem Hammer mehrfach wuchtig, zum Teil lebensgefährlich auch gegen den Kopf geschlagen.
In der Zeit vom 9. Februar bis 11. Februar 2023 beteiligten sich alle Angeschuldigten an Übergriffen in Budapest. Die Vorfälle ereigneten sich anlässlich des sogenannten „Tags der Ehre“, zu dem Rechtsextremisten aus ganz Europa jedes Jahr in die Hauptstadt Ungarns reisen. Am Morgen des 9. Februar 2023 besprühten Nele A. und der gesondert verfolgte Paul M. am Budapester Bahnhof einen Mann mit Pfefferspray. Kurz darauf überfielen Nele A., Emilie D., Paula P. und Clara W. zusammen mit den gesondert verfolgten Johann G. und Paul M. sowie weiteren Anhängern der Vereinigung drei Personen vor einem Café in der Budapester Innenstadt. Die Gruppe trat und schlug unter anderem mit Schlagstöcken auf die Geschädigten ein. Am Vormittag des 10. Februar 2023 griffen Nele A., Emilie D., Moritz S. und Clara W. zusammen mit anderen an einem öffentlichen Platz eine Person hinterrücks an und verletzten diese massiv am Kopf. Emilie D. sprühte Pfefferspray in das Gesicht des Geschädigten. Paula P. und Luca S. hatten das Opfer zuvor ausgespäht. Am späten Abend des 10. Februar 2023 attackierten Luca S. und Clara W. gemeinsam mit dem gesondert verfolgten Paul M. und anderen zwei Personen auf offener Straße. Die Täter sprühten den Opfern eine unbekannte Substanz ins Gesicht und schlugen wiederholt auf sie ein. Ein Geschädigter wurde mit einem Schlag gegen den Kopf zu Boden gebracht. Auch als er bewusstlos auf dem Gehsteig lag, erhielt er weitere Schläge mit einem Schlagwerkzeug auf den Kopf und den gesamten Körper. Für eine weitere Tat am frühen Morgen des 11. Februar 2023 spähte Paula P. zwei Personen aus. Diese wurden sodann von anderen Mitgliedern der Vereinigung, darunter der gesondert verfolgte Johann G., mit Pfefferspray, Schlagstöcken und einem Hammer angegriffen. Eines der Opfer erhielt mindestens 15 Schläge überwiegend gegen den Kopf.
Darüber hinaus mietete Emilie D. in Jena und Berlin Wohnungen als konspirativen Rückzugsort für die Vereinigung an. Um beim Vertragsabschluss ihre Identität zu verschleiern, gab sie sich mit falschem Namen aus und legte einen fremden Personalausweis sowie andere gefälschte Dokumente vor. Die Anschriften der Wohnungen und ihre Falschpersonalien nutzte sie zudem für betrügerische Onlinebestellungen. Die Erträge aus diesen Taten flossen der Vereinigung zu. Zu dem gleichen Zweck entwendeten Nele A. und Emilie D. im Januar 2023 aus einem Bekleidungsgeschäft in Leipzig Waren von erheblichem Wert. Dem ihnen entgegentretenden Ladendetektiv legten die beiden fremde oder falsche Ausweispapiere vor.
Nele A., Paula P., Luca S., Moritz S. und Clara W. wurden am 20. Januar, Emilie D. am 20. März 2025 festgenommen. Sie befinden sich weiterhin in Untersuchungshaft.