Der Anspruch von Patienten auf Einsichtnahme in die Patientenakte soll anlässlich eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs teilweise neu geregelt werden. Insbesondere soll im Gesetz klargestellt werden, dass die erste Abschrift der Patientenakte unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden muss. Dadurch soll die Regelung in Einklang mit dem europäischen Daten­schutz­­recht gebracht werden. Das sieht ein Gesetzentwurf vor, den das Bun­des­ministerium der Justiz heute veröffentlicht hat. Der Gesetzentwurf schlägt daneben auch eine Änderung des Erbrechts vor. Im Gesetz soll klargestellt werden, dass die Erbschaft auch einen Anspruch des Erblassers auf Entschädigung in Geld wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung um­fasst.

1.   Die Neuregelung des Anspruchs auf Einsichtnahme in die Patientenakte

Der Anspruch von Patientinnen und Patienten auf Einsicht in ihre Patientenakte ist in § 630g des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geregelt. Durch das vorgeschlagene Gesetz soll § 630g BGB neu gefasst werden. Insbesondere soll in der Vorschrift klargestellt werden, dass die erste Abschrift der Patientenakte unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird, wenn eine Patientin oder ein Patient einen darauf gerichteten Anspruch geltend macht.

Durch die Neuregelung soll § 630g BGB in Einklang mit dem europäischen Recht gebracht werden. Der geltende § 630g BGB sieht bislang noch vor, dass die Patientinnen und Patienten die Kosten für die Erstellung der Kopie der Patientenakte tragen. Diese Regelung über die Kostentragung steht in einem Spannungsverhältnis zur europäischen Datenschutz-Grundverordnung (Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (DSGVO)). Die DSVGO gewährt einen Anspruch auf Erhalt einer ersten kostenlosen Kopie der gespeicherten personenbezogene Daten gegenüber demjenigen, der datenschutzrechtlich für die Verarbeitung verantwortlich ist. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 26. Oktober 2023 entschieden, dass Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Unentgeltlichkeit der ersten Kopie keine Abweichungen im nationalen Recht vorsehen dürfen (Urteil vom 26. Oktober 2023, Az. C-307/22).

2.   Die Neuregelung der Vererblichkeit von Entschädigungsansprüchen wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung

Mit dem vorgeschlagenen Gesetz sollen zudem Schutzlücken geschlossen werden, die die Verberblichkeit von Geldentschädigungsansprüchen aufgrund von Persönlichkeitsrechtsverletzungen betreffen. Es soll in § 1922 BGB klargestellt werden, dass die Erbschaft auch einen Anspruch des Erblassers auf Entschädigung in Geld wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung umfasst.

Bei einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kommt für die Geschädigten bereits nach geltendem Recht ein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung für immaterielle Schäden gemäß § 823 Absatz 1 BGB in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1, Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) in Betracht. Allerdings ist dieser Anspruch nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erst bei Vorliegen eines rechtskräftigen zusprechenden Urteils vererblich (BGH, Urteil vom 29. April 2014 – VI ZR 246/12; Urteil vom 23. Mai 2017 – VI ZR 261/16; Teilurteil vom 29. November 2021 – VI ZR 258/18). In seiner letzten Entscheidung (Teilurteil vom 29. November 2021 – VI ZR 258/18) hat der BGH ausdrücklich festgestellt, dass auch ein vorläufig vollstreckbares Urteil nicht ausreiche. Die Rechtsprechung führt letztlich zu zufälligen Ergebnissen und belohnt verfahrensverzögerndes Verhalten des Schädigers. Durch die Neuregelung soll bewirkt werden, dass die Ansprüche in jedem Fall auf die Erben übergehen.

Der heute veröffentlichte Gesetzentwurf ist hier abrufbar.

Interessierte Kreise haben bis zum 5. Juli 2024 Gelegenheit zu dem Entwurf Stellung zu nehmen.

(c) BMJ, 24.05.2024

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