Die wirtschaftliche Lage von Opfern des SED-Unrechts-Regimes soll verbessert werden. Das sieht ein Gesetzentwurf zur Anpassung der rehabilitationsrechtlichen Vorschriften vor, den das Bundesministerium der Justiz veröffentlicht hat. Die neuen Regelungen sehen insbesondere die Einrichtung eines bundesweiten Härtefallfonds für politisch Verfolgte in der DDR sowie die Anpassung der Höhe der SED-Opferrente an die allgemeine Rentenentwicklung vor.

Bundesminister der Justiz Dr. Marco Buschmann erklärt hierzu:

„Der Rechtsstaat zeichnet sich auch dadurch aus, dass er besonders an die denkt, die Opfer eines Unrechtsstaates geworden sind. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf erkennen wir das Leid der Opfer des SED-Unrechtsregimes nicht nur an, sondern werden die wirtschaftliche Lage der Betroffenen deutlich verbessern. So werden wir unter anderem für soziale Härtefälle einen bundesweiten Härtefallfonds einrichten, aus dem Betroffene Unterstützungsleistungen erhalten können. Zudem werden wir die SED-Opferrente und die Ausgleichsleistungen für beruflich Verfolgte künftig jährlich an die allgemeine Rentenentwicklung anpassen. Damit setzen wir die Vorgaben im Koalitionsvertrag um und gehen an einem Punkt über diesen hinaus. Klar ist aber auch, dass wir mit Blick auf die angespannte Haushaltslage nicht alle weiteren Forderungen aufgreifen können. Die vorgeschlagenen Änderungen bedeuten für die Betroffenen eine wesentliche, spürbare Verbesserung. Sie sind ein wichtiges Signal dafür, dass wir für begangenes staatliches Unrecht weiterhin Verantwortung übernehmen und Betroffene nicht im Stich lassen. Deshalb sollte das heute veröffentlichte Gesetzesvorhaben zügig verabschiedet werden.“

Mit dem Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR soll durch Anpassung der rehabilitierungsrechtlichen Vorschriften eine den geänderten Rahmenbedingungen angepasste Entschädigungsregelung geschaffen werden. Denn die Opfer politischer Verfolgung in der ehemaligen DDR leiden teilweise bis heute unter den Folgen der Repressionsmaßnahmen. Ihre wirtschaftliche Lage stellt sich häufig als prekär dar, weil Haft- bzw. Verfolgungszeiten in der Regel zu Brüchen in der Erwerbsbiografie der Betroffenen führten, die sich bis heute auswirken. Verschärft hat sich die Situation durch gestiegene Lebenshaltungskosten und Geldwertverlust infolge aktueller Krisen.

Der Gesetzentwurf setzt die im Koalitionsvertrag getroffenen Vereinbarungen zur Verbesserung der Situation der SED-Opfer um. Dazu gehört die Einrichtung eines bundesweiten Härtefallfonds, die Dynamisierung der besonderen Zuwendung für Haftopfer (sog. Opferrente), die Anpassung der Definition der Opfergruppen an die Forschung und die Erleichterung der Beantragung und Bewilligung von Hilfen und Leistungen für Opfer der SED-Diktatur. Der Referentenentwurf geht insofern noch über das im Koalitionsvertrag Vereinbarte hinaus, als dass er auch die Dynamisierung der Ausgleichsleistungen für beruflich Verfolgte nach § 8 des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes vorsieht.

Im Einzelnen sieht der Referentenentwurf folgende Maßnahmen vor:

  1. Einrichtung eines bundesweiten Härtefallfonds für SED-Opfer

Der Fonds wird bei der Stiftung für ehemalige politische Häftlinge unter der Aufsicht der Bundesbeauftragten für die Opfer der SED-Diktatur beim Deutschen Bundestag (SED-Opferbeauftragte) eingerichtet.

Hierzu wird ein neuer Haushaltstitel geschaffen. Die entsprechenden Haushaltsmittel werden durch den Haushaltsgesetzgeber bewilligt. Den Rahmen für die Auszahlung von Unterstützungsleistungen aus dem Fonds legt die SED-Opferbeauftragte in sog. Billigkeitsrichtlinien fest, die der Einwilligung des Bundesministeriums der Finanzen bedürfen.

  1. Dynamisierung der besonderen Zuwendung für Haftopfer (sog. Opferrente)

Die besondere Zuwendung für Haftopfer (sog. Opferrente) nach § 17a des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes und die Ausgleichsleistungen für beruflich Verfolgte nach § 8 des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes sollen dynamisiert werden. Dazu wird ein sog. „Anpassungsverbund“ mit der gesetzlichen Rentenversicherung eingeführt. Das bedeutet, dass die Höhe der Leistungen jeweils zum 1. Juli eines Jahres entsprechend der allgemeinen Rentenentwicklung angepasst wird.

  1. Einführung einer einmaligen Leistung in Höhe von 1.500 Euro für Opfer von Zwangsaussiedlungen

Die einmalige Leistung erhalten Opfer von Zwangsaussiedlungen aus dem Grenzgebiet der früheren DDR. Rechtlich wird dies durch Erweiterung des Anwendungsbereichs des Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes sichergestellt.

  1. Verzicht auf Absenkung der monatlichen Ausgleichsleistungen für beruflich Verfolgte bei Renteneintritt und auf die Berücksichtigung von Partnereinkommen

Nach geltendem Recht ist in bestimmten Fällen eine Absenkung der monatlichen Ausgleichsleistungen von 240 Euro auf 180 Euro bei Renteneintritt vorgesehen, die jetzt abgeschafft werden soll. Die Absenkung galt für Fälle, in denen Betroffene eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung aus eigener Versicherung beziehen. Auch soll auf die Berücksichtigung von Partnereinkommen im Rahmen der Prüfung der Bedürftigkeit als Voraussetzung für Ausgleichsleistungen verzichtet werden.

Mit dem Entwurf schöpft das Bundesministerium der Justiz die bestehenden finanziellen Spielräume voll aus.

Der Referentenentwurf sieht andererseits für die Geltendmachung gesundheitlicher Folgeschäden keine neuen Erleichterungen vor. Denn nach einer erneuten Prüfung und einer Bund-Länder-Besprechung ist festzuhalten, dass die bestehenden Regelungen unter besonderer Berücksichtigung des erst am 1. Januar 2024 in Kraft getretenen neuen Sozialen Entschädigungsrechts etwaigen Schwierigkeiten beim Nachweis der Kausalität zwischen politischer Verfolgung bzw. Repressionsmaßnahme und einer Gesundheitsstörung bereits angemessen Rechnung tragen.

Der Gesetzentwurf wurde heute an die Länder und Verbände versandt und auf der Internetseite des Bundesministeriums der Justiz veröffentlicht. Die interessierten Kreise haben nun Gelegenheit, bis zum 21. Juni 2024 Stellung zu nehmen. Die Stellungnahmen werden auf der Internetseite des BMJ veröffentlicht.

Den Gesetzentwurf finden Sie hier.

(c) BMJ, 23.05.2024

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