Nach dem Willen des Bundesrates soll die Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener (Paragraf 189 Strafgesetzbuch) künftig in bestimmten Fällen von Amts wegen strafrechtlich verfolgt werden können. Aktuell werden Taten gemäß Paragraf 194 („Strafantrag“) nur verfolgt, wenn ein Angehöriger der verstorbenen Personen dies beantragt.
Das setzt voraus, dass die antragstellende Personen die jeweiligen Äußerungen individuell zur Kenntnis nimmt, führt der Bundesrat in einem entsprechenden Gesetzentwurf (20/1975) aus. „Dies ist emotional hoch belastend und insbesondere, wenn es sich um eine Vielzahl solcher Äußerungen handelt, den Angehörigen nicht zumutbar“, heißt es weiter.
Der Bundesrat schlägt daher vor, den Paragrafen 189 nicht mehr als „absolutes Antragsdelikt“ auszugestalten und will dazu zwei Ergänzungen in Paragraf 194 vornehmen. Zum einen sollen Taten durch eine Ergänzung in Absatz 2 auch dann verfolgt werden können, „wenn die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält“.
Zum anderen soll in Absatz 3 festgeschrieben werden, dass auch Dienstvorgesetzte von Verstorbenen antragsberechtigt sind, wenn es sich bei dem Verstorbenen um einen Amtsträger oder Soldaten handelt und die Tat „in Beziehung auf die Dienstausübung“ begangen wird. Entsprechend ergänzt werden soll auch der Paragraf 77a („Antrag des Dienstvorgesetzten“).
Als Anlass für den Gesetzesvorschlag führt die Länderkammer die Tötung einer Polizistin und eines Polizisten am 31. Januar 2022 bei Kusel in Rheinland-Pfalz an. Eine eingerichtete Ermittlungsgruppe habe mehr als 500 Hasskommentare in den sozialen Medien gefiltert, bei denen eine strafrechtliche Relevanz bejahrt worden sei. Darunter seien Fälle der Belohnung und Billigung von Straftaten sowie der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener gewesen. „Auch die Angehörigen blieben nicht ausgenommen, sondern wurden mit Wünschen nach einer möglichst langen Trauerzeit konfrontiert“, heißt es weiter.
Der Bundesrat spricht sich in diesem Zusammenhang auch für eine Änderung des Antragscharakters aus, weil „das Phänomen der Nutzung sozialer Medien mit großer Reichweite, Schnelligkeit und Langlebigkeit der Äußerungsmöglichkeiten“ bei der Konzeption des Paragrafen noch unbekannt gewesen sei.
Die Bundesregierung zeigt sich in ihrer Stellungnahme offen für Änderungen, insbesondere befürworte sie die Einführung eines Strafantragsrechtes des letzten Dienstvorgesetzten. „Die Bundesregierung regt jedoch an, vor gesetzlichen Änderungen im Bereich der Beleidigungsdelikte das voraussichtlich im nächsten Jahr vorliegende Ergebnis des vom Bundesministerium der Justiz geförderten Projekts ‚Der strafrechtliche Umgang mit Hate Speech‘ der Universität Leipzig abzuwarten. In diesem Rahmen sollen auch Vorschläge für Anpassungen im materiellen Strafrecht an die Herausforderungen des neuen Phänomens des sog. digitalen Hasses formuliert werden“, heißt es weiter.
Quelle: Deutscher Bundestag, HiB Nr. 269 vom 27. Mai 2022