Effektivierung des Bußgeldverfahrens

Der Bundesrat hat erneut den „Entwurf eines Gesetzes zur Effektivierung des Bußgeldverfahrens“ (20/1545) vorgelegt. Eine dem Bundestag Mitte August 2020 zugeleitet wortgleiche Vorlage (19/21611) war in der vergangenen Wahlperiode der Diskontinuität anheimgefallen.

Der Entwurf der Länderkammer sieht Änderungen im gerichtlichen Verfahren nach einem Einspruch gegen den Bußgeldbescheid vor . Unter anderem sollen den zuständigen Gerichten rechtliche Instrumente an die Hand gegeben werden, um die jeweiligen Verfahren beschleunigt und straff durchführen zu können. Im Bereich des Ordnungswidrigkeitenrechts mit einer hohen Anzahl von Bußgeldverfahren bestehe dringender gesetzgeberischer Handlungsbedarf, heißt es in dem Entwurf.

Ziel des Gesetzentwurfes sei es, das Bußgeldverfahren unter Beibehaltung notwendiger hoher rechtsstaatlicher Standards effektiver zu gestalten und – unter Berücksichtigung der Bedeutung der jeweiligen Sache – einen zügigen Verfahrensabschluss zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang solle auch ein sinnvoller Einsatz der justiziellen Arbeitsressourcen unter dem Gesichtspunkt rechtsstaatlicher Standards gesichert werden.

Die Bundesregierung äußert sich in ihrer Stellungnahme skeptisch gegenüber dem Entwurf. Das Anliegen des Bundesrates sei nachvollziehbar und einzelne Vorschläge könnten möglicherweise dazu geeignet sein. „Insgesamt sind die vorgeschlagenen, teils erheblichen Änderungen der Verfahrensvorschriften des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) jedoch aus Sicht der Bundesregierung nicht der richtige Weg“, heißt es weiter in der Stellungnahme.

Verbesserung des Kinderschutzes im Familienverfahrensrecht

Der Bundesrat bringt erneut den Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Kinderschutzes im Familienverfahrensrecht (20/1541) ein. Eine im Oktober 2020 eingebrachte inhaltsgleiche Vorlage (19/23567) war zum Ende der Wahlperiode für erledigt erklärt worden.
Mit dem Gesetzentwurf sollen laut Vorlage die Vorschläge der „Kommission Kinderschutz“ der Landesregierung Baden-Württemberg zur Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) umgesetzt werden. Hintergrund ist dem Entwurf zufolge der sogenannte Staufener Missbrauchsfall, der in der Öffentlichkeit große Aufmerksamkeit gefunden habe und neben der Frage, ob von den beteiligten staatlichen Institutionen Fehler gemacht wurden, zu der Frage geführt habe, ob und gegebenenfalls wie die bestehenden Verfahren des Kinderschutzes verbessert werden können, um Kindern und Jugendlichen größtmöglichen Schutz zu bieten. Die „Kommission Kinderschutz“ habe über hundert Einzelempfehlungen zur Verbesserung und Weiterentwicklung des Kinderschutzes erarbeitet und der Öffentlichkeit am 17. Februar 2020 in einem Abschlussbericht vorgestellt.
Die Bundesregierung begrüßt in ihrer Stellungnahme das grundsätzliche Anliegen des Bundesrates. Der erneut eingebrachte Entwurf sei „jedoch in wesentlichen Teilen veraltet und im Übrigen nicht zielführend“, heißt es weiter in der Stellungnahme.

Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes von Kindern

Einen Gesetzentwurf zur Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes von Kindern (20/1543) hat der Bundesrat erneut eingebracht. Eine im Oktober 2020 eingebrachte inhaltsgleiche Vorlage (19/23569) war zum Ende der vergangenen Wahlperiode für erledigt erklärt worden. Die Bundesregierung hält den Entwurf für nicht erforderlich.
Der Entwurf sieht die Erweiterung des Straftatbestandes in Paragraf 235 des Strafgesetzbuches (Entziehung Minderjähriger) um die Kindesentführung vor. Das Entführen oder das rechtswidrige Sich-Bemächtigen von Kindern sollen einen Grundtatbestand mit einem Strafrahmen von Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bilden. Zudem ist eine Erweiterung des Straftatenkatalogs vorgesehen, um die Möglichkeit zu schaffen, Führungsaufsicht unbefristet zu verlängern. In der Strafprozessordnung soll eine Ergänzung gewährleisten, dass die Anordnung der Untersuchungshaft nach Kindesentführungen erleichtert wird. Im Hinblick auf die besondere Schutzbedürftigkeit von Kindern hat der Gesetzentwurf in erster Linie zum Ziel, die sich aus der bisherigen Gesetzeslage und Rechtsprechung ergebenden Lücken des strafrechtlichen Schutzes von Kindern zu schließen, wie es in der Vorlage heißt.
In ihrer Stellungnahme zum Entwurf stellt sich die Bundesregierung gegen die Länderinitiative. „Die Bundesregierung erachtet die im Gesetzentwurf vorgesehenen Änderungen des Strafgesetzbuchs (StGB) und der Strafprozessordnung (StPO) als nicht erforderlich, um den Schutz von Kindern zu verbessern. Die effektive strafrechtliche Verfolgung von Kindesentführungen ist auch aufgrund der bestehenden Rechtslage möglich“, heißt es in der Stellungnahme.

Stärkung der Gerichte in Wirtschaftsstreitigkeiten

Der Bundesrat hat erneut den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Gerichte in Wirtschaftsstreitigkeiten (20/1549) vorgelegt. Ein im Juni 2021 in den Bundestag eingebrachter inhaltsgleicher Gesetzentwurf der Länderkammer (19/30745) war aufgrund des Endes der Wahlperiode für erledigt erklärt worden. Die Bundesregierung will das Anliegen aufgreifen und einen eigenen Gesetzentwurf in diesem Jahr vorlegen.

Zur Begründung heißt es in dem Entwurf, die zunehmende Globalisierung, die wachsende Komplexität der Rechtsbeziehungen sowie die veränderten Erwartungen der Rechtssuchenden an die Justiz erforderten Anpassungen des Gerichtsverfassungs- und Prozessrechts, um auch künftig die hohe Qualität und Attraktivität der Ziviljustiz insbesondere in Wirtschaftsstreitverfahren zu sichern.

Mit dem Gesetzentwurf solle die staatliche Ziviljustiz im Bereich des Wirtschaftsrechts – und mittelbar auch allgemein – nachhaltig gestärkt werden. Den Ländern solle die Möglichkeit eröffnet werden, an einem Oberlandesgericht einen oder mehrere Senate einzurichten, vor denen Handelsverfahren mit internationalem Bezug und einem Streitwert von mehr als zwei Millionen Euro – bei entsprechender ausdrücklicher Gerichtsstandsvereinbarung – auch erstinstanzlich geführt werden können (Commercial Court).

Daneben werde die Möglichkeit eröffnet, an einem Oberlandesgericht einen oder mehrere bestehende Zivilsenate zu bestimmen, vor denen – auch rein nationale – Handelssachen mit einem Streitwert von über zwei Millionen Euro – bei entsprechender ausdrücklicher Gerichtsstandsvereinbarung – erstinstanzlich geführt werden können. Die Länder würden durch die vorgesehenen Regelungen voraussichtlich mit geringfügigen Mehrkosten belastet, sofern sie von ihnen Gebrauch machten.

Die Bundesregierung kündigt in ihrer Stellungnahme an, das Anliegen aufzugreifen und im Laufe des Jahres einen eigenen Gesetzentwurf dazu vorzulegen. Sie schreibt weiter, auch sie möchte „die Attraktivität des Justizstandorts Deutschland erhöhen, die deutsche Zivilgerichtsbarkeit verstärkt für den internationalen Wirtschaftsverkehr öffnen und den besonderen Bedürfnissen der Kaufleute und Unternehmen in Wirtschaftsstreitigkeiten stärker Rechnung tragen.“

Quelle: Deutscher Bundestag, HiB Nr. 202 vom 29. April 2022

Cookie Consent mit Real Cookie Banner