Die EU soll das Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen im Hinblick auf das Gutachten des EUGH von 2021 ratifizieren, fordern die Abgeordneten.

In dem Text, der mit 469 gegen 104 Stimmen bei 55 Enthaltungen angenommen wurde, heißt es, das Übereinkommen von Istanbul ist „nach wie vor der internationale Standard und das wichtigste Instrument zur Beseitigung der Gewalt gegenüber Frauen und anderer Formen geschlechtsspezifischer Gewalt, einschließlich häuslicher Gewalt“. Die Abgeordneten verurteilen die in einigen Mitgliedstaaten unternommenen Versuche, bereits getroffene Maßnahmen zur Umsetzung des Übereinkommens zu widerrufen. Sie fordern sie auf, es vollständig umzusetzen.

Das Parlament verurteilt die Rückschläge in Bezug auf die Gleichstellung der Geschlechter, die Rechte der Frauen und das Übereinkommen von Istanbul in einigen Mitgliedstaaten, beispielsweise in Polen, wo die Regierung versucht, das Übereinkommen aufzukündigen und ein De-facto-Verbot der Abtreibung eingeführt hat. Sie fordern die nationalen Behörden auf, Desinformationskampagnen über das Übereinkommen entgegenzuwirken.

Sechs Jahre nach der Unterzeichnung des Übereinkommens hat die EU es immer noch nicht ratifiziert, da sich einige Mitgliedstaaten im Rat weigern. Das Gutachten des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 6. Oktober 2021 ermöglicht es dem Rat jedoch, das Übereinkommen durch die Europäische Union ohne vorherige gemeinsame Einigung zu ratifizieren. Der Beitritt der EU zum Übereinkommen von Istanbul entbindet die Mitgliedstaaten aber nicht davon, es auch auf einzelstaatlicher Ebene zu ratifizieren. Die Abgeordneten fordern die verbleibenden sechs Länder (Bulgarien, Tschechien, Ungarn, Lettland, Litauen und die Slowakei) auf, dies unverzüglich zu tun.

Konkrete Vorschläge für die Umsetzung

Die Strafjustiz dürfe nur ein Teil einer umfassenden Reaktion auf Gewalt gegen Frauen und andere Formen geschlechtsspezifischer Gewalt sein, so die Abgeordneten. Die Antwort der EU sollte auch Verhütung, Schutz und Strafverfolgung umfassen. Die Mitgliedstaaten sollten geeignete Schulungen, Verfahren und Leitlinien in Bezug auf geschlechtsspezifische Aspekte sowie spezielle Unterstützungs- und Schutzmaßnahmen mit einem opferorientierten Ansatz für alle beteiligten Fachkräfte, einschließlich Strafverfolgungsbehörden, Justiz und Staatsanwälte, sicherstellen.

Zitate

Arba Kokalari (EVP, Schweden), Berichterstatterin für den Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter, sagte: „Wir als Europäer haben jetzt die Gelegenheit, die notwendigen Maßnahmen zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen zu ergreifen, von der jede dritte Frau in Europa betroffen ist. Es ist an der Zeit, dass die EU das Übereinkommen von Istanbul ratifiziert. Die EU muss den Worten Taten folgen lassen, um geschlechtsspezifische Gewalt zu beenden, Opfer zu schützen und die Täter zu bestrafen.“

Łukasz Kohut (S&D, Polen), Berichterstatter für den Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, sagte dazu: „Vor sechs Jahren hat die EU das Übereinkommen von Istanbul unterzeichnet, das darauf abzielt, Gewalt zu verhindern, Opfer zu schützen und Täter strafrechtlich zu verfolgen. Unser Bericht ist ein starkes Signal zur Unterstützung der Bemühungen des schwedischen Ratsvorsitzes um den Beitritt der EU zu diesem Übereinkommen. Die Wirklichkeit, dass Gewalt in vielen Häusern stattfindet, muss sich bald ändern!“

Hintergrund

Jede dritte Frau in der EU, rund 62 Millionen Frauen, hat körperliche und/oder sexuelle Gewalt erlebt, und mehr als die Hälfte der Frauen (55 %) in der EU hat mindestens einmal seit dem Alter von 15 Jahren sexuelle Belästigung erfahren.

Quelle: Europäisches Parlament, Pressemitteilung vom 15. Februar 2023

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