Bereits 1985 wurde von interessierten Persönlichkeiten aus Justiz, Forschung und Kommunalpolitik die Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung e. V. gegründet, die sich die Einrichtung eines Museums und einer Forschungsstelle zur Aufgabe gestellt hat. Als historisches Spezialmuseum greift es auf einen beträchtlichen Eigenbesitz und auf Dauerleihgaben zurück. Die Arbeit wird zudem durch einen wissenschaftlichen Beirat unterstützt.

Die Forschungsstelle untersucht anhand von 80.000 Prozessakten die Grundlagen, Methoden und Wirkung der Rechtsprechung des Reichskammergerichts sowie die rechtlichen und sozialen Verhältnisse der Richterinnen und Richter sowie und Anwältinnen und Anwälte. Die Forschungsstelle begreift sich als Koordinierungsstelle aller Forschenden, die sich mit der Höchsten Gerichtsbarkeit im Alten Reich befassen.

Hessens Justizminister Roman Poseck erklärte anlässlich der Übergabe des Zuwendungsbescheides: „Das ehemalige Reichskammergericht nimmt heute einen wichtigen Platz in der deutschen Rechtshistorie ein. Die Einrichtung des Reichskammergerichts im Jahr 1495 hat die historische Rechtskultur rückblickend nachhaltig geprägt. Nach Zwischenstationen in Frankfurt am Main und in Speyer, tagte das Reichskammergericht zwischen 1690 und 1806 in Wetzlar. Noch heute wird die Arbeit des Reichskammergerichts durch die Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung e. V.  in Wetzlar aufgearbeitet. In eigenen Räumlichkeiten finden regelmäßig internationale Kolloquien renommierter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zur aktuellen Forschungstätigkeit statt.

Die Forschungsstelle leistet damit bereits seit 38 Jahren einen unschätzbaren Wert für die heutige Rechtshistorie und bringt bedeutende Erkenntnisse für die heutige Rechtsprechung hervor. Um auch künftig die Forscherinnen und Forscher zu unterstützen, erhält der Verein eine Förderung in Höhe von 34.000 Euro durch das Land Hessen. Ich danke allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterin des Vereins und des Museums, die der Öffentlichkeit diese wichtige Rechtsgeschichte bereits seit über 35 Jahren erfolgreich vermitteln. Stellvertretend gilt mein besonderer Dank dem aktuellen Vorstandsteam rund um den ehemaligen Präsidenten des Landgerichts Limburg Ralf Gatzka und den ehemaligen Oberbürgermeister von Wetzlar Wolfram Dette. Das Zusammenwirken von hochkarätigen Persönlichkeiten aus der Kommune, der Wissenschaft und der Justiz im Vorstand symbolisiert die außergewöhnliche Bedeutung der Reichskammergerichtsforschung über die Region hinaus. Wetzlar ist zentraler Ort der deutschen Rechtsgeschichte. Das gilt es auch mehr als 200 Jahre später herauszustellen.“

Hintergrund:

Auf dem Reichstag zu Worms 1495 werden weitreichende Reformen verabschiedet. Dazu gehört vor allem der „Ewige Landfrieden“: Das Fehderecht wurde untersagt, keiner darf gewaltsam gegen andere Reichsuntertanen vorgehen. Zur Sicherung des Landfriedens und um Verstöße dagegen gerichtlich ahnden zu können, wird im gleichen Jahr das Reichskammergericht gegründet, bis zu seiner Auflösung 1806 das oberste Gericht des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Sitz ist zunächst Frankfurt am Main und – nach mehreren Zwischenstationen – ab 1527 Speyer. Das Reichskammergericht tagte von 1690 bis 1806 in Wetzlar, verfügte jedoch niemals über ein eigenes Gerichtsgebäude.

Quelle: Hessisches Ministerium der Justiz, Pressemitteilung vom 18. April 2023

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