Die für Schulrecht zuständige 9. Kammer hat mit Beschlüssen vom vergangenen Freitag die Ersatzzwangshaft für drei Tage gegen zwei Mütter (Antragsgegnerinnen) wegen Verstoßes gegen die Schulpflicht angeordnet und Haftbefehle erlassen.

Die Kammer führte zur Begründung aus, dass die Antragsgegnerinnen die wegen Verstoßes gegen bestandskräftige behördliche Anordnungen zur Schulanmeldung und Einhaltung der Schulpflicht festgesetzten Zwangsgelder in Höhe von je 800,- Euro nicht gezahlt hätten. Vollstreckungsversuche seien – in einem Fall wegen Abwesenheit der Antragsgegnerin, im anderen Fall aufgrund einer nicht möglichen Kontopfändung – erfolglos geblieben. Damit sei das Zwangsgeld uneinbringlich und die Voraussetzungen der Ersatzzwangshaft lägen vor. Andere Zwangsmittel wie die Anwendung unmittelbaren Zwangs und die Ersatzvornahme schieden wegen Untauglichkeit bzw. wegen des unvertretbaren Charakters der Schulanmeldung als Teil der (höchstpersönlichen) elterlichen Sorge aus. Gegen die 15- und 12-jährigen Jungen selbst könne das Schulamt mangels Schulverhältnisses nicht vorgehen. Sie dürften zudem nicht Leidtragende einer von ihnen nicht verschuldeten Situation werden.

Die Ersatzzwangshaft erweise sich auch als verhältnismäßig, insbesondere wegen der zu erwartenden Uneinsichtigkeit der Kindesmütter nicht als ungeeignet, und sei das letzte Mittel des Staates, um seine Anordnungen gegenüber uneinsichtigen Bürgerinnen und Bürgern durchzusetzen. Die Kammer hat den verfassungsrechtlich geschützten staatlichen Erziehungsauftrag und das verfassungsrechtlich geschützte Kindesinteresse gegen die einschneidende Wirkung der Ersatzzwangshaft für die ebenfalls durch das Grundgesetz geschützten Rechte der Antragsgegnerinnen auf persönliche Freiheit und ihr Erziehungsrecht abgewogen. Danach sei mit Blick auf die weitere Entwicklung der Kinder und die Möglichkeit, einen Schulabschluss zu erlangen, eine kurzzeitige Freiheitsentziehung der Antragsgegnerinnen zur Durchsetzung des staatlichen Erziehungsauftrages angemessen, zumal die Antragsgegnerinnen der Haft durch rechtstreues Verhalten entgehen könnten.

Die Beschlüsse vom 26. Januar 2024 (9 E 3/23 und 9 E 4/23) sind noch nicht rechtskräftig. Den Antragsgegnerinnen steht binnen zwei Wochen nach Zustellung die Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht offen.

(c) VG Schleswig-Holstein, 02.02.2024

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