Mit einem am Abend des 05.06.2024 beim Verwaltungsgericht Karlsruhe eingegangenen Eilantrag (1 K 2588/24) hatte sich der baden-württembergische Landesverband der Alternative für Deutschland (AfD), der eine Versammlung für Freitag, den 07.06.2024, auf dem Mannheimer Marktplatz geplant und bei der Stadt Mannheim angemeldet hat, gegen eine Allgemeinverfügung des Mannheimer Oberbürgermeisters vom 04.06.2024 und eine von der Stadt Mannheim am 05.06.2024 erlassene Auflage gewandt. Die Allgemeinverfügung vom 04.06.2024 sieht vor, dass der Marktplatz in Mannheim aufgrund der tödlichen Messerattacke auf einen Polizeibeamten am Freitag, den 31.05.2024, als sog. Gedenk- und Trauerstätte festgelegt wird. Veranstaltungen, Informationsstände und Versammlungen werden auf dieser Fläche – zunächst befristet bis zum 16.06.2024 – grundsätzlich untersagt. Mit der Verfügung vom 05.06.2024 hat die Stadt Mannheim die für den morgigen Freitag angemeldete Versammlung der Antragstellerin auf dem Marktplatz verboten. Diese könne alternativ auf dem Paradeplatz oder auf der Fahrbahn der Kunststraße durchgeführt werden.

Die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe hat mit ihrer Entscheidung vom heutigen Tag dem Eilantrag stattgegeben und die aufschiebende Wirkung der Widersprüche der Antragstellerin gegen die Allgemeinverfügung sowie die den Versammlungsort betreffende Auflage der Stadt Mannheim wiederhergestellt. Beide behördlichen Verfügungen seien voraussichtlich rechtswidrig, weshalb die im Eilverfahren vorzunehmende Interessenabwägung zugunsten der Antragstellerin ausfalle.

Bezüglich der Allgemeinverfügung des Oberbürgermeisters hat das Gericht festgestellt, dass diese in das von der verfassungsrechtlich garantierten Versammlungsfreiheit umfasste Recht der Wahl des Versammlungsortes final eingreife. Der Marktplatz in Mannheim stehe der Öffentlichkeit faktisch als uneingeschränkt zugänglicher Kommunikationsraum zur Verfügung. Ein Widmungszweck allein könne den Schutzbereich der Versammlungsfreiheit nicht begrenzen. Die Stadt habe eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung nicht überzeugend dargelegt. Dabei könne es nicht auf eine politisch-inhaltliche Bewertung der beabsichtigten Versammlung, sondern nur darauf ankommen, ob grundlegende soziale oder ethische Anschauungen in erheblicher Weise verletzt würden. Hierfür genüge es nicht, wenn die Stadt ein stilles Gedenken für angemessener als eine polarisierende, lautstarke Versammlung halte. Dass sich die geplante Versammlung mit einer „eindeutigen Stoßrichtung“ gerade gegen das Gedenken an den tragischen Tod des Polizeibeamten richte, habe die Stadt weder dargelegt noch sei dies sonst ersichtlich.

Das Verbot der Durchführung der Versammlung auf dem Marktplatz sei voraussichtlich ebenfalls rechtswidrig. Soweit die Stadt zur Begründung vorgetragen habe, dass die überwiegende Mehrheit der Mannheimerinnen und Mannheimer die Durchführung der Versammlung in der aktuellen Lage auf dem Marktplatz als stark anstößig, pietätlos und insoweit als sozial abträgliches Verhalten auffassen würde, werde damit keine Gefahr aufgezeigt, die nach dem Versammlungsrecht das verfügte Verbot rechtfertigen könne. Es lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Polizei – auch bei möglichen Gegendemonstrationen – nicht in der Lage wäre, ein sicherheitsrechtliches Konzept auf dem Marktplatz umzusetzen.

Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Die Stadt Mannheim kann hiergegen Beschwerde zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg einlegen. (SC)

(c) VG Karlsruhe, 06.06.2024

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