Der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat am 8. Mai 2024 unter Leitung der Vorsitzenden Richterin am Oberlandesgericht Dr. Puderbach-Dehne eine 36-jährige deutsche und russische Staatsangehörige, die mittlerweile in Österreich wohnt, wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit der Verletzung von Fürsorge- und Erziehungspflichten, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Aufgrund von Untersuchungshaft, die die Angeklagte wegen des verfahrensgegenständlichen Vorwurfes bereits im Irak verbüßt hatte, ist diese Strafe bereits durch Anrechnung vollständig erledigt, so dass kein Strafrest mehr verbleibt, der einer Strafaussetzung zur Bewährung zugänglich wäre (Aktenzeichen III-5 St 1/24).

Nach den Feststellungen des Senats reiste die Angeklagte im Juni 2015 gemeinsam mit ihrem Ehemann und ihren damals vier und acht Jahre alten Söhnen aus dem Bundesgebiet über die Türkei nach Syrien. Dort schloss sie sich im Juli 2015 der ausländischen terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ (IS) an, gliederte sich in die Strukturen des IS ein und zog mit ihrer Familie im weiteren Verlauf in ein ihnen vom IS zur Verfügung gestelltes Haus, in dem weitere IS-Mitglieder wohnten Zur Finanzierung ihres Lebensunterhalts erhielten die Angeklagte und ihr Ehemann vom IS monatliche Geldbeiträge. Während die Angeklagte sich entsprechend der Ideologie des IS dem Haushalt und der Kindererziehung widmete, absolvierte ihr Ehemann eine militärische und religiöse Schulung.

Nach dem Tod ihres Ehemanns bei einem Kampfeinsatz im Oktober 2015 zog die Angeklagte mit ihren Kindern in ein Haus in Mossul/Irak und heiratete nach islamischem Ritus erneut ein IS-Mitglied.

Im Zusammenhang mit der Rückeroberung von Mossul/Irak durch irakische Einheiten erlitt die Angeklagte durch einen Bombenangriff eine schwere Armverletzung. Bei einem weiteren Bombenangriff wurde die Angeklagte mit ihrer Familie verschüttet. Die Angeklagte überlebte und wurde einige Tage später von irakischen Streitkräften wegen Verdachts der Mitgliedschaft im IS festgenommen. Ihre beiden Söhne sind seitdem verschollen und mutmaßlich verstorben.

Die Angeklagte verbüßte im Irak unter teils widrigsten Haftbedingungen Untersuchungshaft. Wegen des Verdachts der Zugehörigkeit zum IS wurde sie im Irak freigesprochen, allerdings wegen Verstoßes gegen irakisches Aufenthaltsrecht zu einer Freiheits- und Geldstrafe verurteilt. Die Freiheitsstrafe von einem Jahr verbüßte die Angeklagte, bis sie im Februar 2019 in das Bundesgebiet zurückgeführt wurde.

Der Senat hat bei der Strafzumessung zugunsten der nicht vorbestraften Angeklagten maßgeblich berücksichtigt, dass sie sich bereits im Irak im August 2017 geständig gezeigt und dieses Geständnis auch im Rahmen der Hauptverhandlung wiederholt hat. Überdies wog der Verlust ihrer Söhne erheblich.

Zu Lasten der Angeklagten fiel dagegen ins Gewicht, dass es sich bei dem IS um eine besonders gewaltbereite Organisation handelte, der sich die Angeklagte auch über einen relativ langen Zeitraum angeschlossen hatte.

Die Generalstaatsanwaltschaft hatte eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren gefordert und beantragt, den nicht durch die Untersuchungshaft im Irak bereits als verbüßt geltenden Strafrest unter geeigneten Auflagen zur Bewährung auszusetzen.

Seitens der Verteidigung wurde die Strafbarkeit wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung infrage gestellt und auf Freispruch plädiert, hilfsweise für den Fall der Verurteilung auf die Verhängung einer milden Strafe.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Angeklagte und die Generalstaatsanwaltschaft können Revision einlegen, über die der Bundesgerichtshof zu entscheiden hätte.

(c) OLG Düsseldorf, 08.05.2024

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