Nachdem im letzten Juni Familienrichterinnen aus Celle und Hannover für mehrere Tage unter anderem die Rechtbank Overijssel in Almelo (Niederlanden) besucht hatten, waren jetzt 15 niederländische Familienrichterinnen und -richter vom 21. bis zum 23. Juni 2023 am Oberlandesgericht Celle und am Amtsgericht Hannover zu Besuch. Anhand verschiedener Beispielsfälle betrachteten sie die unterschiedliche Praxis in Deutschland und den Niederlanden im Umgang mit Kindeswohlgefährdungen und Kindesanhörungen. Ein weiterer Schwerpunkt war die Praxis der Gerichte bei innerfamiliären Gewaltvorwürfen.

„Der ‚Blick über den Tellerrand‘ gibt uns vielfältige Impulse für unsere tägliche Arbeit“, begrüßte die Präsidentin des Oberlandesgerichts Celle Stefanie Otte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. „Welche Vorteile hat die in den Niederlanden praktizierte ‚Co-Elternschaft‘, welche die Gestaltung der Umgangsmodelle in Deutschland? Wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Gerichten und Jugendämtern in den Niederlanden und in Deutschland? Wie wird der Wille der Kinder berücksichtigt? Wie können Kinder optimal geschützt werden? Lassen Sie uns von unseren Erfahrungen profitieren und das Beste von diesseits und jenseits der Grenze mitnehmen.“

Der Austausch knüpfte an den von dem niederländischen Filmemacher Pieter Fleury vorgestellten Film „Die Stimme des Kindes“ an. In diesem Film sind Anhörungen von Kindern durch niederländische Richterinnen und Richter dokumentiert; er wird dort zu Schulungszwecken eingesetzt. In Interviews mit den Richterinnen und Richtern wird deutlich, wie schwierig die Ermittlung eines „wahren“ Kindeswillens ist und welche Bedeutung er bei einer gerichtlichen Entscheidung haben kann.

Dass es im deutschen Recht einen sogenannten Verfahrensbeistand für betroffene Kinder gibt, der sie informiert und ihnen in allen Verhandlungen eine eigene Stimme gibt, war für die niederländischen Kolleginnen und Kollegen eine Neuerung, die sie begrüßten.

(c) OLG Celle, 27.06.2023

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