
Ein Reisender durfte nach schweren Unwettern in Norditalien kostenfrei von einer Pauschalreise zurücktreten. Das Landgericht Frankfurt am Main bestätigte in zweiter Instanz, dass außergewöhnliche Umstände vorlagen, die eine Entschädigungspflicht ausschließen.
Ein Reisender, der im Mai 2023 angesichts schwerer Unwetter in Norditalien von einer geplanten Pauschalreise zurückgetreten war, kann den vollen Reisepreis zurückverlangen. Das Landgericht Frankfurt am Main hat die Berufung des Reiseveranstalters gegen ein zuvor ergangenes Urteil des Amtsgerichts zurückgewiesen und damit die Rechte von Urlaubern im Fall von Naturkatastrophen gestärkt (Az.: 2-24 S 75/24).
Der Kläger hatte im Frühjahr 2023 eine einwöchige Italienreise unter dem Titel „Kultur und Genuss in Italien 2023“ für sich und eine weitere Person zum Gesamtpreis von rund 2.400 Euro gebucht. Als sich am 16. Mai 2023 in der Region Bologna schwere Unwetter mit Überschwemmungen, Erdrutschen und Todesopfern ereigneten, erklärte er am folgenden Tag den Rücktritt vom Reisevertrag. Zum Zeitpunkt der Erklärung waren die Straßen teils unpassierbar, Strände geschlossen, Badeverbote verhängt und eine Gesundheitsgefährdung durch eingeschwemmte Bakterien sowie eine bevorstehende Mückenplage zu erwarten.
Die Frankfurter Reiserechtskammer stellte klar, dass Reisende gemäß § 651h BGB grundsätzlich vor Reiseantritt zurücktreten können. Zwar könne der Veranstalter in solchen Fällen regelmäßig eine Rücktrittsentschädigung verlangen, diese entfalle jedoch dann, wenn am Reiseziel oder in dessen unmittelbarer Nähe „unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände“ auftreten, die die Reise erheblich beeinträchtigen.
Entscheidend sei laut Kammer eine ex-ante-Prognose zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung. Der Reisende trage zwar grundsätzlich das Risiko einer zu frühen Einschätzung, doch im konkreten Fall sei die Annahme künftiger erheblicher Beeinträchtigungen gerechtfertigt gewesen. Die drohende Gesundheitsgefährdung, die Zerstörung der Infrastruktur sowie die Beeinträchtigungen durch Naturgewalten seien für einen durchschnittlichen Reisenden objektiv erkennbar gewesen.
Der Einwand des Reiseveranstalters, die Reise sei letztlich wie geplant durchgeführt worden, habe im Rahmen der rechtlichen Bewertung keine Bedeutung. Maßgeblich sei allein die zum Rücktrittszeitpunkt begründete Erwartungslage, nicht der spätere tatsächliche Verlauf.
Das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 16. April 2025 ist inzwischen rechtskräftig.