Fortan wird in den sächsischen Justizvollzugsanstalten eine neue Konzeption zum Umgang mit radikalisierten, terroristischen, extremistischen Gefangenen, kurz »KUrteG«, angewandt. Die Konzeption wurde den Anstaltsleiterinnen und Anstaltsleitern durch das Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung bereits im Mai 2022 vorgestellt. Das neue Konzept hat zum Ziel, der Verbreitung extremistischer Einstellungen unter Gefangenen noch konsequenter und effektiver entgegenzuwirken. Hierfür führt es erprobte Leitfäden, Fortbildungskonzepte und Standards zusammen und entwickelt diese weiter um gezielte Präventions- und Behandlungsangebote. Radikalisierungstendenzen in der Haft konsequent den Boden zu entziehen und die Präventions- und Deradikalisierungsprogramme zu stärken, ist eines der wichtigen vollzugspolitischen Vorhaben des Koalitionsvertrages.
Justizministerin Katja Meier: »Mit dem Konzept KUrteG geben wir den sächsischen Justizvollzugsanstalten nun erstmals ein einheitliches schriftliches Gesamtkonzept gegen Radikalisierungstendenzen an die Hand. Wir werden mit der umfassenden Konzeption unserem wichtigen Anliegen gerecht, den Umgang mit radikalisierten, terroristischen und extremistischen Gefangenen weiter zu professionalisieren. Im Einzelnen heißt es: entsprechende Entwicklungen besser zu erkennen, betroffene Gefangene zielgerichtet zu behandeln und soweit möglich zu deradikalisieren und damit insgesamt die Sicherheit in den Anstalten und für die Bevölkerung zu erhöhen.«
Die in den vergangenen Monaten umfassend abgestimmte und fortgeschriebene Gesamtkonzeption ist ein wichtiger Meilenstein zum professionellen Umgang mit radikalisierten, terroristischen und extremistischen Gefangenen im sächsischen Justizvollzug. Die Konzeption begegnet allen Formen der Radikalisierung und des Extremismus und richtet sich gleichermaßen gegen religiös motivierte sowie rechts- oder linksextremistische Gefährdungen, wenngleich rechtsextremistische Gefangene im sächsischen Justizvollzug aktuell eindeutig den Schwerpunkt bilden.
Das Konzept setzt bereits im Vorfeld möglicher Radikalisierungen an und bildet die Grundlage für eine effektive Präventionsarbeit. Ziel ist es, den Fokus nicht nur auf eindeutig als extremistisch erfasste Gefangene zu richten, sondern bereits die aufkommende oder nur niederschwellige extremistische Gefährdung frühzeitig zu erkennen und ihr wirksam zu begegnen.
»Unser Ziel ist es, Radikalisierungstendenzen schon im Ansatz zu erkennen, und nach Sicherheits- und Behandlungsaspekten differenziert auf sie zu reagieren. Der Schlüssel ist eine gute Prävention, die auch an die Zeit nach der Entlassung denkt. Extremistische oder extremistisch gefährdete Gefangene müssen frühzeitig in geeignete Behandlungsmaßnahmen integriert werden. Vor der Entlassung muss ein stabiles Netzwerk der Nachbetreuung im Rahmen der Entlassungsvorbereitung aufgebaut werden«, erklärte Katja Meier zur Zielsetzung des Konzepts.
Insgesamt umfasst die Konzeption mehrere Leitfäden für die Praxis des Strafvollzugs. Diese Leitfäden thematisieren unter anderem die Unterbringung von radikalisierten Gefangenen im Allgemeinen, Fragen der Einschätzung der Eigen- und Fremdgefährdung sowie Empfehlungen für die Psychologinnen und Psychologen im sächsischen Justizvollzug. Als Grundlage für das konkrete methodische Vorgehen bei Behandlungsangeboten dienen aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse. Zudem enthält »KUrteG« ein umfassendes Fortbildungskonzept für die Schulungen der Bediensteten im allgemeinen Vollzugsdienst zu den Themen Radikalisierung, interkulturelle Kompetenz und Wissen über alle Formen des Extremismus. Einen wichtigen weiteren Baustein des Konzeptes bildet auch der Schutz anderer Gefangener vor der Verbreitung extremistischen Gedankengutes und vor Versuchen, diese zu instrumentalisieren oder gar zu rekrutieren. Dies betrifft gerade junge Gefangene, die sich erstmals im Justizvollzug wiederfinden und besonders leicht durch andere zu beeinflussen sind. Schließlich ist die Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden Gegenstand des »KUrteG«.
An der Erstellung des »KUrteG« war maßgeblich auch der Kriminologische Dienst des Freistaats Sachsen beteiligt. »Vollzugspolitische Maßnahmen auf Grundlage unserer kriminologischen Forschung zu entwickeln, ist nicht nur sinnvoll, sondern dringend geboten. Ich freue mich deswegen sehr, dass die kriminologische Analyse unseres vollzuglichen Expertinnen- und Expertengremiums Eingang in die Konzeption gefunden hat«, betonte Justizministerin Katja Meier.
Die KUrteG wird fortan im sächsischen Justizvollzug mit Leben gefüllt werden.
Justizministerin Katja Meier: »Uns ist bewusst, dass »KUrteG« ein wichtiger, aber gleichzeitig auch ein erster Schritt ist. Das Konzept muss jetzt durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Ort mit Leben gefüllt werden. Wir werden die jetzt geschaffene Konzeption auch in der Zukunft fortschreiben und auf Basis neuer Entwicklungen, Erfahrungen im Haftalltag und neuer wissenschaftlicher Ansätze anpassen.«
Quelle: Sächsisches Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung, Pressemitteilung vom 10. Juni 2022