„Die Justiz muss alles dafür tun, um Aufhebungen von Haftbefehlen aufgrund von Verfahrensverzögerungen zu vermeiden, das steht absolut außer Frage! Im konkreten Fall indes bedarf es einer sorgfältigen Prüfung der Gründe für die Aufhebung der Haftbefehle.“ Mit dieser Aussage reagiert Justizsenatorin Dr. Claudia Schilling auf die Berichterstattung zu dem Beschluss des Oberlandesgerichts Bremen, durch den drei wegen Mordes verdächtigte Männer aus der Untersuchungshaft entlassen worden waren, nachdem es dem Landgericht Bremen nicht binnen sechs Monaten nach Inhaftierung gelungen war, mit der Hauptverhandlung zu beginnen.
Der Richterbund, den ich als Mitstreiter für eine bessere Ausstattung der Justiz generell schätze, macht es sich in diesem Fall mit dem bloßen Verweis auf angeblich fehlendes Personal zu einfach. Denn insbesondere dieser konkrete Einzelfall wirft rechtlich schwierige Fragen auf und ist auch hinsichtlich der Beweislage alles andere als einfach. So hat das Landgericht einen dringenden Tatverdacht bejaht, die Generalstaatsanwaltschaft hat indes die Freilassung der Angeschuldigten mangels fehlender Verdachtsgründe beantragt, während das Oberlandesgericht gerade diese so wichtige Frage offengelassen hat“, so Senatorin Schilling weiter.
Tatsächlich hat die Senatorin für Justiz und Verfassung die besondere Situation des Landgerichts seit Jahren im Blick und begleitet das Landgericht in regelmäßigen Besprechungen, in denen auch die Situationen der Strafkammern erörtert wird. Gerade in diesem Bereich wurden in den vergangenen Jahren zudem zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt: Allein im letzten Jahr hat sich der tatsächliche Personaleinsatz in den Strafkammern noch einmal um zwölf Prozent erhöht und für das laufende Jahr ist eine zusätzliche, mit drei Richterinnen und Richtern besetzte Strafkammer eingerichtet worden.
Auch nach dem bundesweit gültigen Personalbedarfsberechnungssystem der Justiz -(kurz: PEBB§Y) hat sich in den vergangenen fünf Jahren durch einen stetigen Personalaufwuchs um etwa ein Drittel eine deutliche Verbesserung in den Strafkammern am Landgericht Bremen ergeben: So konnte – nach den aktuellen Zahlen – mittlerweile eine Personaldeckungsquote von 124 Prozent erreicht werden; die Personalausstattung liegt damit deutlich über der durch PEBB§Y vorgesehen „adäquaten Ausstattung“ (PEBB§Y 100 Prozent). Diese im Vergleich zu anderen Dienststellen der Justiz weit überdurchschnittliche Ausstattung ist aufgrund der besonderen Eilbedürftigkeit und der Eingriffsintensität in Haftsachen gerechtfertigt und dient gerade dazu, dem Landgericht zusätzliche personelle Ressourcen und Flexibilität zu verschaffen.
„Wir werden auch trotz dieser vergleichsweise sehr guten PEBB§Y-Quote in Zukunft an einer weiteren Verbesserung der Personalsituation arbeiten – gerade auch, weil ich weiß, dass der Umfang der Verfahren tendenziell steigt und dies die Richterinnen und Richter am Landgericht vor zusätzliche Herausforderung stellt. Aber die Ursache der jetzt vom Oberlandesgericht verfügten Entlassungen aus der U-Haft ist nach meinem Eindruck gerade nicht auf zu wenig Personal, sondern auf die Verteilung der Verfahren auf die einzelnen Kammern zurückzuführen, die das Landgericht selbst im Rahmen der richterlichen Unabhängigkeit vornimmt“, erklärt Senatorin Schilling.
Fakt ist: Der Justizbehörde wurde eine Überlastung durch das Landgericht Bremen im Vorfeld nicht angezeigt. Auch im Zuge der regelmäßigen Besprechungen mit dem Oberlandesgericht und dem Landgericht hat nichts darauf hingedeutet, dass eine Aufhebung von Haftbefehlen infolge einer ungerechtfertigten Verfahrensverzögerung bevorsteht.
„Jetzt muss es daher darum gehen, den Sachverhalt detailliert aufzuarbeiten, um sicherzustellen, dass sich Derartiges in Zukunft nicht wiederholt“, so Schilling abschließend: „Alles, was wir als Justizbehörde dazu beitragen können, werden wir tun.“
Quelle: Bremer Senatorin für Justiz und Verfassung, Pressemitteilung vom 20. Mai 2022