Im Streit um Schadensersatz wegen Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht wies das Amtsgericht München die Klage einer Münchnerin auf Zahlung von 2.875 EUR gegen die Trägerin eines Parkhauses in der Münchner Innenstadt ab.
Die Klägerin hatte ihren Pkw auf einer öffentlichen Straße gegenüber dem Parkhaus der Beklagten geparkt, für welches die Beklagte die Verkehrssicherungspflicht und die Baumpflege übernommen hatte. Gegen 4:00 Uhr morgens stürzte ein auf dem Gelände des Parkhauses stehender Laubbaum während eines Unwetters um und fiel mit der Krone auf den Pkw der Klägerin.
Die Klägerin war der Auffassung, die Beklagte habe ihre Verkehrssicherungspflicht im Hinblick auf die Baumpflege verletzt. Hätte der Baum auf dem Gelände des Parkhauses ausreichende Standfestigkeit gehabt, so wäre er nach Ansicht der Klägerin auch bei den Wetterbedingungen am Schadenstag nicht umgestürzt. Die mangelnde Standfestigkeit wäre bei ordnungsgemäßer Überprüfung aufgefallen. Ihr Fahrzeug habe durch den Fall des Baumes einen wirtschaftlichen Totalschaden erlitten.
Die Beklagte sah hingegen keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Zum Schadenszeitpunkt habe ein schweres Gewitter mit heftigen Windböen geherrscht. Die Böen hätten den Laubbaum unvorhersehbar zu Fall gebracht. Die Beklagte habe keine Anzeichen übersehen oder verkannt, die auf eine Erkrankung des Baumes oder fehlende Standfestigkeit hingewiesen hätten.
Das Gericht wies die Klage ab und begründete dies wie folgt:
„Der Klägerin ist es […] nicht gelungen nachzuweisen, dass die Beklagte ihre Verkehrssicherungspflicht bezüglich des im Jahr 2019 umgefallenen Baumes vor dem Parkhaus verletzt hat. […]
Der Beklagten oblag zwar unstreitig die Verkehrssicherungspflicht für den umgefallenen Baum, eine Verletzung derselben hat die Klägerin jedoch noch nicht einmal substantiiert vorgetragen. Die Klägerin trägt lediglich vor, dass der Baum vorgeschädigt gewesen sein musste, da er ansonsten nicht umgefallen wäre.
Dies ist nicht ausreichend. Weder besteht ein Anscheinsbeweis dahingehend, dass ein bei Unwetter umfallender Baum vorgeschädigt sein muss, noch sieht das Gesetz eine Gefährdungshaftung für Bäume vor.
Unstreitig herrschte zum Zeitpunkt des Schadensereignisses ein Unwetter. Welche Stärke der Wind letztlich tatsächlich hatte, ist letztlich nicht von Belang. Die Klägerin hat keinerlei Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass der Baum vorgeschädigt war und die Beklagte dies hätte erkennen müssen. Beides ist jedoch für eine Haftung der Beklagten erforderlich. […]
Die vorgelegten Lichtbilder zeigen die Überreste des Baumes lediglich aus der Entfernung. Schäden oder Krankheitszeichen sind auf diesen Bildern nicht erkennbar. Auch die Klägerin hat sich den Baum bzw. seine Bestandteile nach ihrer Aussage am Tag des Schadensereignisses nicht daraufhin angesehen, ob an diesem etwaige Vorschäden oder Krankheitszeichen bestanden. Es ist noch nicht einmal bekannt, ob der Baum abgebrochen ist, oder entwurzelt wurde.
Die Beklagte hat nachgewiesen, die auf dem Gelände des Parkhauses stehenden Bäume regelmäßig durch Mitarbeiter kontrolliert, gewässert und geschnitten zu haben. […]
Selbst wenn man dies jedoch nicht für ausreichend erachten würde, käme eine Haftung der Beklagten für den der Klägerin entstandenen Schaden nicht in Betracht. Dem Verletzten obliegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nämlich nicht nur der Nachweis für die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht an sich, sondern auch der Nachweis, dass bei zumutbarer Überwachung der Bäume eine Schädigung derselben entdeckt worden wäre. Selbst wenn die Bäume gar nicht kontrolliert worden wären, so wäre dies für das Schadensereignis nur kausal, wenn eine regelmäßige Besichtigung zur Entdeckung der Gefahr bzw. der Schädigung des Baumes hätte führen können […].
Vorliegend hat die Klägerin eine Vorschädigung des streitgegenständlichen Baumes noch nicht einmal substantiiert vorgetragen, geschweige denn nachgewiesen. Für eine solche bestehen keinerlei Anhaltspunkte. Auch ein gesunder Baum, kann bei einem Unwetter abbrechen oder entwurzelt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die abstrakte Baumgefahr als naturbedingt hinzunehmen […].“
Urteil des Amtsgerichts München vom 19.07.2023
Aktenzeichen des AG München: 113 C 18489/22
Das Urteil ist rechtskräftig.
(c) AG München, 29.01.2024