
Die Bundesagentur für Arbeit hat keinen Erstattungsanspruch nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) wegen der Zahlung von Arbeitslosengeld an einen Leistungsempfänger, der sich aufgrund behördlicher Anordnung in häuslicher Quarantäne befand. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.
Die Klägerin, die Bundesagentur für Arbeit, zahlte einem ihrer Leistungsempfänger für den Monat Dezember 2020 Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch. Für den Zeitraum vom 8. bis 22. Dezember 2020 ordnete das Gesundheitsamt die Absonderung des Leistungsempfängers an, weil er als ansteckungsverdächtig anzusehen sei. Die Klägerin machte daraufhin gegenüber der zuständigen Behörde einen Zahlungsanspruch in Höhe des auf den Absonderungszeitraum entfallenden Arbeitslosengelds zuzüglich anteiliger Sozialversicherungsbeiträge (insgesamt 593,66 Euro) geltend; der Entschädigungsanspruch des Leistungsempfängers sei gemäß § 56 Abs. 9 IfSG auf sie übergegangen. Gegen den ablehnenden Bescheid der Behörde hat sie Klage zum Verwaltungsgericht erhoben. Dieses hat die Klage abgewiesen; es fehle an einem Entschädigungsanspruch des Leistungsempfängers, der auf die Klägerin übergehen könne.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die vom Verwaltungsgericht zugelassene Sprungrevision der Klägerin zurückgewiesen. § 56 Abs. 9 i. V. m. § 56 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG1 bietet keine Grundlage für den geltend gemachten Anspruch. Nach § 56 Abs. 9 IfSG geht der Anspruch auf Entschädigung auf die Bundesagentur für Arbeit über, soweit dem Entschädigungsberechtigten Arbeitslosengeld für die gleiche Zeit zu gewähren ist. Erforderlich ist damit, dass der von der Quarantäne Betroffene einen Anspruch auf Entschädigung nach § 56 Abs. 1 IfSG hat. Hierfür muss er durch die Quarantäne einen Verdienstausfall erlitten haben. Der Verdienstausfall bemisst sich gemäß § 56 Abs. 3 Satz 1 IfSG nach dem Netto-Arbeitsentgelt. Ein solcher Verdienstausfall war beim Leistungsempfänger nicht eingetreten; wegen seiner Arbeitslosigkeit hätte er auch ohne die Quarantäne kein Arbeitsentgelt gehabt. Für einen Erstattungsanspruch der Bundesagentur für Arbeit unabhängig vom Eintritt eines Verdienstausfalls bei dem von der infektionsschutzrechtlichen Maßnahme Betroffenen bietet das Gesetz keine Grundlage.
Fußnote:
1 § 56 Abs. 1 Satz 1 und 2 und Abs. 9 IfSG in der hier maßgeblichen Fassung lauten:
§ 56 Entschädigung
(1) Wer auf Grund dieses Gesetzes als Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern im Sinne von § 31 Satz 2 Verboten in der Ausübung seiner bisherigen Erwerbstätigkeit unterliegt oder unterworfen wird und dadurch einen Verdienstausfall erleidet, erhält eine Entschädigung in Geld. Das Gleiche gilt für Personen, die als Ausscheider, Ansteckungsverdächtige oder Krankheitsverdächtige abgesondert wurden oder werden, bei Ausscheidern jedoch nur, wenn sie andere Schutzmaßnahmen nicht befolgen können.
[…]
(9) Der Anspruch auf Entschädigung geht insoweit, als dem Entschädigungsberechtigten Arbeitslosengeld oder Kurzarbeitergeld für die gleiche Zeit zu gewähren ist, auf die Bundesagentur für Arbeit über.
BVerwG 3 C 1.24 – Urteil vom 22. Mai 2025
Vorinstanz:
VG Frankfurt/Main, VG 5 K 452/23.F – Urteil vom 01. November 2023 –
Bundesverwaltungsgericht, 22.05.2025