Am 4. Juni 2025 ist der frühere Präsident des Bundesgerichtshofs Karlmann Geiß kurz nach Erreichen des 90. Lebensjahres verstorben. Mit ihm verliert die Bundesrepublik Deutschland eine bedeutende, dynamische und der Unabhängigkeit der Dritten Gewalt verpflichtete Richterpersönlichkeit, die das Bild und die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs maßgeblich geprägt hat. 

Herr Dr. h.c. Geiß, geboren am 31. Mai 1935 in Ellwangen/Jagst, gehörte dem Bundesgerichtshof vom 1. August 1996 bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand am 31. Mai 2000 an. 

Nach dem Abitur im Jahr 1954 in Ulm studierte er Rechtswissenschaften an den Universitäten München und Tübingen. Mit Abschluss des juristischen Vorbereitungsdienstes in Stuttgart trat er am 1. April 1964 bei dem Landgericht Ulm in den höheren Justizdienst des Landes Baden-Württemberg ein. Nach einer Abordnung an das Justizministerium Baden-Württemberg ab April 1965 wurde er dort im Januar 1966 zum Regierungsrat ernannt und übernahm Aufgaben in der Abteilung Personal und Organisation sowie anschließend als persönlicher Referent des Justizministers Dr. Schieler. Im Jahr 1969 wurde ihm die Leitung des Personalreferats für den gehobenen und höheren Justizdienst des Oberlandesgerichtsbezirks Stuttgart übertragen. Aus dem Amt eines Leitenden Ministerialrats wurde er im September 1976 zum Präsidenten des Landgerichts Ulm ernannt, wo er sich einer Kammer für Arzthaftungssachen anschloss. Im April 1989 erfolgte seine Ernennung zum Präsidenten des Oberlandesgerichts Stuttgart. Auch hier lag sein fachlicher Schwerpunkt auf dem Gebiet des Arzthaftungsrechts. 

Mit Wirkung vom 1. August 1996 wurde er zum Präsidenten des Bundesgerichtshofs ernannt. Hier schloss er sich langjähriger Tradition entsprechend dem Kartellsenat an und war kraft Gesetzes Vorsitzender des Senats für Anwaltssachen und der Großen Senate für Zivil- und Strafsachen. 

In der Richterpersönlichkeit von Herrn Präsidenten des Bundesgerichthofs a.D. Dr. h.c. Geiß vereinten sich in seltener Ausprägung geschliffener Verstand, lebhafte und wortgewaltige Ausdrucksfähigkeit, höchstes rechtspolitisches Verständnis und ein jederzeit an der Person des Gegenübers interessierter wacher Geist mit einem feinen Gespür für jegliche Zwischentöne. 

Im Jahr 1997 wurde ihm in Würdigung seiner Verdienste um das Arzthaftungsrecht die Ehrendoktorwürde Dr. med. h.c. der medizinischen Fakultät der Universität Ulm verliehen. Er ist Träger des Großen Verdienstkreuzes mit Stern und Schulterband der Bundesrepublik Deutschland sowie mit der Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg ausgezeichnet.

BGH, 04.06.2025

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