Der Rechtsextremismus hat in Brandenburg unter Berücksichtigung des Verdachtsfalls „Alternative für Deutschland“ (AfD)[1] einen neuen Höchststand erreicht. Das Personenpotenzial ist 2023 auf 3.085 (+230) Personen gestiegen. Davon gelten 1.300 Personen (+40) als gewaltorientiert. Die Gewaltstraftaten im Bereich des Rechtsextremismus sind auf 117 (+27) angewachsen. Unter Berücksichtigung des Verdachtsfalls AfD und ihrer erwiesen extremistischen Jugendorganisation Junge Alternative für Deutschland (JA) kommen rechtsextremistische Parteien auf insgesamt 1.260 (+180) Mitglieder: AfD: 1.050 (+230); „Die Heimat“ (ehemals NPD): 140 (-60) und DERDRITTE WEG: 70 (+10). 405 (+30) Rechtsextremisten sind parteiunabhängig in 14 (+/-0) Strukturen organisiert: eine „Kameradschaft“, einmal „Freie Kräfte“, acht „Bruderschaften“, der Verein „Zukunft Heimat“, zwei „Kampfsportgruppen“ und die „COMPACT-Magazin GmbH“. Das „weitgehend unstrukturierte rechtsextremistische Personenpotenzial“ umfasst insgesamt 1.660 Personen (+40). Die Zahl rechtsextremistischer Bands liegt bei 26 (+1), die der Liedermacher bei 13 (-1). 14 (-2) Tonträger wurden veröffentlicht. Das geht aus dem Verfassungsschutzbericht 2023 hervor, den der Leiter des brandenburgischen Verfassungsschutzes, Jörg Müller, heute in Potsdam vorgestellt hat. 

Müller„Wir haben einen historischen Höchststand im Bereich des Rechtsextremismus. Unter allen Phänomenbereichen verfügt er über die mit Abstand meisten Anhänger. Daher gehen von ihm die größten Gefahren für unsere Demokratie aus. Extremisten sind immer Krisen-Profiteure. Das spiegelt sich in den Zahlen des vorliegenden Berichts wider. Schlimmer noch: Wir registrieren in nahezu allen extremistischen Phänomenbereichen einen Anstieg der Personenpotenziale.“

Nach Angaben von Jörg Müller verletzt die Jugendorganisation der AfD, die Junge Alternative Brandenburg, bewusst zentrale Grundprinzipien der Menschenwürde, da sie systematisch, wiederkehrend und mit erkennbarer Schärfe ein ethnisch homogenes deutsches Staatsvolk als Abstammungsgemeinschaft propagiert: „Pauschale Verächtlichmachung von Asylbewerbern sowie die permanente Behauptung, diese seien aufgrund ihrer Abstammung per se kriminell, aggressiv und gefährlich, beeinträchtigen die Menschenwürde des Einzelnen. Das Ergebnis ist ein Nationalismus, der durch die Verbreitung von Angst und Hetze zur Ausgrenzung und zur Ausprägung fremdenfeindlicher Ressentiments in unserer Gesellschaft führt.

Laut Verfassungsschutzbericht liegt das Personenpotenzial der „Reichsbürger und Selbstverwalter“ mit 1.000 deutlich über dem Vorjahreswert (+350). Müller„Dieser Anstieg spiegelt die hohe Szenedynamik der letzten Jahre wider. Wir haben darauf reagiert und den Personalansatz entsprechend erhöht.“

Auch im Bereich Linksextremismus ist das Personenpotenzial im Jahr 2023 leicht auf 550 (+20) gestiegen. Der gewaltrechtfertigende und -unterstützende Verein „Rote Hilfe“ zählt nach eigenen Angaben 400 (+40) Mitglieder. Die Zahl gewaltorientierter Autonomer liegt dagegen unverändert bei 200 (+/-0). Die Gewaltstraftaten sind auf 11 (-18) gesunken. Die „Deutsche Kommunistische Partei“ (DKP) und die „Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands“ (MLPD) kommen zusammen auf nur noch etwa 25 Mitglieder (-10). Beide sind nicht mehr handlungsfähig. 

Im Jahr 2023 wurden 220 (+10) Islamische Extremisten gezählt. Hiervon beträgt das salafistische Personenpotenzial 170 (+10). Salafismus bildet den geistigen Nährboden für den Jihadismus und sich schnell radikalisierende Einzeltäter. Darunter befinden sich weiterhin 80 Personen (+/-0) mit Bezügen zur „Islamistischen Nordkaukasischen Szene“. Diese sind besonders relevant, da sich Gruppierungen im Kaukasus teilweise dem terroristischen „Islamischen Staat“ (IS) unterstellt hatten. Brandenburg steht vor der Herausforderung, Einflussnahmeversuche von Islamisten auf die muslimische Infrastruktur im Land abzuwehren. Seit Juli 2023 wird das „Islamische Zentrum Fürstenwalde“ vom Verfassungsschutz Brandenburg beobachtet. Der Verein agiert gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, verbreitet antisemitische Erzählungen und verneint das Existenzrecht Israels. Ebenso weist er Bezüge zur „Muslimbruderschaft“ auf. „Gefährlich ist die Entwicklung der TikTokisierung des Islamismus“ ergänzte Müller. „Seit 2021 haben sich in beachtlicher Geschwindigkeit weitgehend unbekannte Salafisten-Prediger zu islamistischen Influencern entwickelt. Zudem haben Extremisten nach dem barbarischen Terrorangriff der HAMAS am 7. Oktober 2023 auf Israel gezielt soziale Medien genutzt, um antisemitische Propaganda zu verbreiten.“

Das größte Personenpotenzial im Auslandsbezogenen Extremismus weist die bundesweit mit einem Betätigungsverbot belegte „Arbeiterpartei Kurdistans“ (PKK) auf. Im Jahr 2023 wurden ihr 60 (+/-0) Personen zugerechnet. Die Gesamtzahl Auslandsbezogener Extremisten liegt im Jahr 2023 gleichbleibend bei 80 (+/-0).

Der Verfassungsschutz wirkte an 8.918 (+1.118) Zuverlässigkeitsüberprüfungen mit und führte 335 (+42)Sicherheitsüberprüfungen durch. Im Bereich Verfassungsschutz durch Aufklärung wurden Informationsangebote wieder stark nachgefragt. Es wurden 105 Vorträge gehalten (+25). Die Teilnehmerzahl ist dabei auf rund 5.180 (+2.780) gestiegen.

Zudem äußerte sich der Leiter des Verfassungsschutzes zur Strategie extremistischer Akteure im virtuellen Raum:„Durch Künstliche Intelligenz generierte Inhalte – wie Deepfakes – können Fotos oder Videos erzeugt werden, die täuschend echt wirken. So lässt sich der Eindruck erzeugen, dass Personen bestimmte Dinge getan oder gesagt haben, auch wenn dies nicht der Fall ist. Für extremistische Akteure, aber auch für fremde Staaten, bietet das eine vergleichsweise einfache Methode, um provokantes Propagandamaterial zu erstellen und Desinformationskampagnen zu kreieren, um letztlich dem politischen Gegner Schaden zuzufügen. Wir dürfen nicht vergessen, dass KI auch dazu benutzt werden kann, den einzelnen Menschen ideologisch zu beeinflussen. Im Extremfall kann KI dazu beitragen, den öffentlichen Diskurs zu manipulieren, politische Prozesse zu beeinflussen und politische Straftäter heranzuziehen.“

[1] Siehe zum Verdachtsfall „Alternative für Deutschland“ (AfD) Fußnote 2 im brandenburgischen Verfassungsschutzbericht 2023.

(c) IM Brandenburg, 29.04.2024

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