Statement von Rechtsanwalt Swen Walentowski, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Deutschen Anwaltvereins (DAV):
Gestern wurden die Ergebnisse der Überwachungsgesamtrechnung veröffentlicht, die das Zusammenspiel der verschiedenen Überwachungsbefugnisse wissenschaftlich beleuchtet. Anlasslose und unbegründete Überwachungsmaßnahmen sollen so vermieden werden. Der Deutsche Anwaltverein (DAV) begrüßt, dass die Resultate nun feststehen und einsehbar gemacht werden. Gleichzeitig dringt er darauf, die Erkenntnisse auch in die Gesetzgebung einfließen zu lassen. Der Koalitionsvertrag bereitet hier Grund zur Sorge.
„Im Wahlkampf wird häufig nach neuen Befugnissen für Ermittlungsbehörden gerufen. Dabei gibt es davon schon eine Vielzahl: Die Überwachungsgesamtrechnung hat ein Netz von mehr als 3.200 Befugnissen und Befugnisvarianten identifiziert, das nur schwer zu überblicken ist. Mit dem daraus entstandenen Bericht sollte ursprünglich die Handlungsgrundlage für eine Freiheitskommission geschaffen werden, die den Gesetzgeber zur Notwendigkeit von Eingriffsbefugnissen beraten hätte.
Der Koalitionsvertrag sieht nun keine Fortführung der Überwachungsgesamtrechnung mehr vor. Dabei wäre das angesichts der massiven Grundrechtseingriffe, die die neue Koalition plant, dringend nötig: Mit Vorratsdatenspeicherung, biometrischer Gesichtserkennung und Staatstrojaner stehen unbescholtenen Bürgerinnen und Bürger diverse Einschnitte in ihre Rechte bevor. Gleichzeitig stießen die Forscherinnen und Forscher auf deutliche Defizite in der Dokumentation von staatlichen Freiheitseingriffen – die Erfassung der Maßnahmen, ihrer Durchführung und Begründung sei unzureichend.
Der Deutsche Anwaltverein hat die unübersichtliche Lage schon lange kritisiert und sich deshalb auch gemeinsam mit der Ludwig-Maximilians-Universität München an dem Ausschreibungsprozess für die Überwachungsgesamtrechnung beteiligt. Wir rufen die neue Regierung dazu auf, die Ergebnisse des Forschungsprojektes in ihrer zukünftigen Gesetzgebung zu beachten.“
DAV, 03.05.2025