In seiner letzten Sitzung vor Ostern wählte der Bundesrat zunächst mit Miriam Meßling eine neue Richterin des Bundesverfassungsgerichts. Dann gab die Länderkammer grünes Licht für alle fünf Gesetze, die der Deutsche Bundestag ihr zugeleitet hatte, darunter die Änderungen am Regionalisierungsgesetz zu Einführung und Finanzierung des Deutschlandtickets.

Er billigte auch die Umsetzung der EU-Richtlinie über die Verringerung der Auswirkungen bestimmter Kunststoffprodukte auf die Umwelt.

Beraten haben die Länder zudem über sieben Entwürfe der Bundesregierung – unter anderem zur Straffung beamtenrechtlicher Disziplinarverfahren.

Eigene Initiativen

Auf der Agenda standen überdies zahlreiche Länderinitiativen. So fasste der Bundesrat Entschließungen etwa zur bundesweiten Einführung einer Elementarschaden-Pflichtversicherung und zur Vergütung von Pflegestudierenden und beschloss, einen eigenen Gesetzentwurf zur Änderung des Marktorganisationsgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen.

Auch zahlreichen Verordnungen und einer Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung stimmten die Länder zu. Zudem berieten sie einige EU-Vorlagen.

Vorschläge aus den Ländern

Landesinitiativen, die im Plenum vorgestellt und zur weiteren Beratung in die Fachausschüsse verwiesen wurden, befassen sich mit der Stärkung der Geschlechtergerechtigkeit am Arbeitsmarkt, der Verbesserung der Arbeitsbedingungen bei der Zustellung von Paketen und der Stärkung des Industriestandortes Deutschland.

Bundesrat billigt Sonderabgabe für Einwegkunststoff

Der Bundesrat hat am 31. März 2023 die vom Bundestag beschlossene Sonderabgabe für Hersteller von bestimmten Einwegkunststoffen gebilligt. Das Gesetz wird nun dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung zugeleitet und kann danach wie geplant in Kraft treten.

Plastik-Produzenten müssen die Sonderabgabe künftig abhängig von der jeweils in Verkehr gebrachten Menge an Einwegkunststoffprodukten – zum Beispiel Getränkebecher, Plastiktüten, Essensverpackungen, aber auch Tabakfilter und Luftballons – in einen Fonds einzahlen. Auf diese Weise beteiligen sie sich finanziell an Beseitigung und Entsorgung von achtlos weggeworfenem Plastikmüll aus Straßen und Parks, die die Kommunen jährlich viele Millionen Euro kosten. Der Fonds wird vom Umweltbundesamt verwaltet und im Bundeshaushalt abgebildet.

Hintergrund ist eine EU-Richtlinie gegen die Verschmutzung durch Einwegplastik aus dem Jahr 2019, die nun in deutsches Recht umgesetzt wird. Die Pflicht zur Übernahme bestimmter Kosten im Sinne der erweiterten Herstellerverantwortung soll dazu beitragen, Kunststoffe entlang der Wertschöpfungskette nachhaltiger zu bewirtschaften, die Vermüllung der Umwelt zu bekämpfen sowie die Sauberkeit des öffentlichen Raums zu fördern, heißt es in der amtlichen Begründung.

Das Gesetz soll am Tag nach Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten, die Abgabe- und Registrierungspflicht soll ab 1. Januar 2024 gelten.

Deutschlandticket kommt

Grünes Licht für das so genannte Deutschlandticket: Am 31. März 2023 stimmte auch der Bundesrat der Einführung des bundesweiten Tickets im Nahverkehr zu, die der Bundestag einige Tage zuvor beschlossen hatte. Das Gesetz wird nun dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung zugeleitet und anschließend im Bundesgesetzblatt verkündet.

Das Deutschlandticket gilt ab 1. Mai 2023 zum Einführungspreis von 49 Euro im monatlichen kündbaren digitalen Abonnement. Ziel ist es, die Attraktivität des Regionalverkehrs zu steigern, einen Anreiz zum Umstieg auf den öffentlichen Nahverkehr zu schaffen, Energie zu sparen – und Bürgerinnen und Bürger finanziell zu entlasten, heißt es in der Gesetzesbegründung.

Im aktuellen Jahr trägt der Bund die Hälfte der Mehrkosten, die den Ländern durch das neue Ticket entstehen. Bis 2025 beteiligt sich der Bund mit 1,5 Milliarden Euro jährlich an dem Vorhaben.

Um die Finanzierung des 49-Euro-Tickets über 2025 hinaus dauerhaft zu sichern, ist für 2025 ein neues Gesetzgebungsverfahren geplant – dann auf Grundlage einer Auswertung der verkehrlichen und finanziellen Auswirkungen.

Das Gesetz legt außerdem fest, dass die Erhöhung der so genannten Trassen- und Stationsentgelte im Schienenpersonennahverkehr, die von den bundeseigenen Eisenbahninfrastrukturunternehmen erhoben werden, für die Jahre 2023 bis 2025 bei 1,8 Prozent liegt.

In einer begleitenden Entschließung weist der Bundesrat auf die Notwendigkeit hin, die Finanzierung dauerhaft zu sichern. Der Bund müsse auch in den Jahren 2024 und 2025 einen mindestens hälftigen Nachschuss leisten, sofern die tatsächlichen Kosten des Deutschlandtickets höher ausfallen als vom Bund angenommen. Angesichts der Klimaschutzziele im Bereich Verkehr sei der Ausbau des Angebots zwingend – auch hieran müsse sich der Bund durch Aufstockung der Regionalisierungsmittel beteiligen.

Die Entschließung wurde der Bundesregierung zugeleitet. Sie entscheidet, wann sie sich mit den Forderungen des Bundesrates befasst. Feste Fristen gibt es hierfür nicht.

Ab Herbst: digitale Kfz-Zulassung

Am 31. März 2023 stimmte der Bundesrat einer Verordnung der Bundesregierung zu, die das Verfahren zur Kfz-Zulassung digitalisiert und beschleunigt. Seine Zustimmung knüpfte der Bundesrat an – überwiegend redaktionelle – Änderungen. Setzt die Bundesregierung diese um, kann sie die Verordnung veröffentlichen und wie geplant am 1. September 2023 in Kraft treten lassen.

Der Gang zur Zulassungsstelle wäre damit künftig überflüssig, Kfz-Halterinnen und Halter können alles Notwendige online beantragen. Die entsprechenden Stempelplaketten für die Nummernschilder erfolgen anschließend per Postversand. In der Zwischenzeit – bis zu 10 Tage – reicht der digitale Bescheid als Nachweis aus. Auch Autohäuser und professionelle Zulassungsdienste können die digitalen Services nutzen.

Der geplante komplette Neuerlass der bisherigen Fahrzeug-Zulassungsverordnung setzt zudem verschiedene Beschlüsse auf Bund-Länder-Ebene um und passt das geltende Recht an europäische Vorschriften und Begrifflichkeiten an. Dies betrifft auch die Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr, zum Beispiel für Tages-Zulassung, Wiederzulassung, das Umschreiben oder Stilllegen von Fahrzeugen.

In einer begleitenden Entschließung bittet der Bundesrat die Bundesregierung um Prüfung, wie missbräuchliches Verhalten im Zusammenhang mit der Online-Zulassung verhindert bzw. abgeschwächt werden kann. Die Länder weisen auf das Risiko hin, dass Plaketten beim Postversand entwendet und bestimmungswidrig verwendet werden oder vermehrt Fahrzeuge mit ungestempelten Kennzeichen am Verkehr teilnehmen könnten.

Die Entschließung wurde der Bundesregierung zugeleitet. Sie entscheidet, wann sie sich mit der Prüfbitte befasst. Feste Fristen gibt es hierfür nicht.

Pläne für Änderungen im Disziplinarrecht: Bundesrat sieht Nachbesserungsbedarf

Der Bundesrat hat sich seiner Sitzung am 31. März 2023 zum Entwurf der Bundesregierung für grundlegende Änderungen des Disziplinarrechts geäußert.

In seiner Stellungnahme bittet er die Bundesregierung, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, inwieweit die richterrechtlichen Vorschriften angepasst werden sollten, um in Bezug auf den Straftatbestand der Volksverhetzung einen Gleichlauf der beamten- und richterrechtlichen Vorschriften zu erreichen.

Diese Kritik knüpft an dem in dem Entwurf enthaltenen Vorhaben an, die Gründe für die Beendigung des Beamtenverhältnisses bei strafrechtlichen Verurteilungen zu erweitern. Schon bislang führen Verurteilungen zu Freiheitsstrafen – im Regelfall ab einem Jahr, in besonderen Fällen ab sechs Monaten – unmittelbar zum Verlust der Beamtenrechte, ohne dass es eines Disziplinarverfahrens bedarf.

Die Bundesregierung plant nun, dass eine rechtskräftige Verurteilung wegen Volksverhetzung nicht erst wie bisher bei einer Freiheitsstrafe von einem Jahr (beziehungsweise bei Versorgungsbeziehenden von zwei Jahren) sondern bereits bei einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten zum Verlust der Beamtenrechte beziehungsweise der Versorgungsbezüge führen soll.

Der Bundesrat gibt zu bedenken, dass das Fehlen einer entsprechenden Regelung für Richterinnen und Richter zu einem Wertungswiderspruch führe, weil diese bei einer solchen Verurteilung weniger streng behandelt würden als Beamtinnen und Beamte und damit auch als Staatsanwältinnen und Staatsanwälte.

Statt Disziplinarklage vor dem Verwaltungsgericht erheben zu müssen, sollen die Disziplinarbehörden künftig sämtliche Disziplinarmaßnahmen, einschließlich der Zurückstufung, der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und der Aberkennung des Ruhegehalts durch Disziplinarverfügung aussprechen. Dadurch soll ein schnellerer Abschluss des Verfahrens möglich werden. Effektiver Rechtsschutz soll durch die Möglichkeit der nachgelagerten Vollkontrolle durch die Verwaltungsgerichte sichergestellt sein.

Das Modell sei für die Behörden leichter umsetzbar und stärke die Personalhoheit und -verantwortung des Dienstherrn auch nach außen, heißt es in der Entwurfsbegründung.

Auch will die Regierung finanzielle Fehlanreize des geltenden Disziplinarklagesystems korrigieren. So verbeiben bisher der Beamtin oder dem Beamten die bis zur Rechtskraft der gerichtlichen Entfernungsentscheidung gezahlten Bezüge, so dass es für die Betroffenen von Interesse sein kann, den Abschluss des gerichtlichen Disziplinarverfahrens hinauszuzögern, um möglichst lange weiterhin Bezüge zu erhalten.

Nach dem Entwurf sollen Beamtinnen und Beamte, die wegen eines Verstoßes gegen die beamtenrechtliche Verfassungstreuepflicht aus dem Beamtenverhältnis entfernt wurden, die bis zur Bestandskraft fortgezahlten Bezüge zurückerstatten müssen. Zudem soll der nach Beendigung des Beamtenverhältnisses zu gewährende Unterhaltsbeitrag in diesen Fällen zwingend entfallen.

Auch bei Disziplinarverfügungen auf Zurückstufung, Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder Aberkennung des Ruhegehalts ist künftig ein Widerspruchsverfahren vorgesehen. Eine Ausnahme gilt – wie bisher – wenn die Disziplinarverfügung von der obersten Dienstbehörde erlassen worden ist.

Der Gesetzentwurf erweitert zudem die Möglichkeit der Wiederaufnahme des behördlichen Verfahrens und schafft einen Folgenbeseitigungs- und Entschädigungsanspruch.

Nach der Länderkammer ist nun der Bundestag am Zug. Verabschiedet dieser das Gesetz in 2./3. Lesung, entscheidet der Bundesrat in einem zweiten Durchgang, ob er dem Gesetz zustimmt.

Quelle: BnudesratKompakt, Pressemitteilung vom 31. März 2023

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