Zur Wiederaufnahme Syriens in die Arabische Liga erklärt Lamya Kaddor, stellvertretendes Mitglied im Auswärtigen Ausschuss:
Die Wiederaufnahme Syriens in die Arabische Liga bricht mit einem Tabu: Ein Diktator, der seine Bevölkerung systematisch foltert, massakriert und ausgehungert hat, der sein Land mit schweren Waffen weitgehend zerstört hat, der sich dem politischen Prozess der Vereinten Nationen verweigert hat, erhält nun einen Vertrauensvorschuss der arabischen Staatengemeinschaft. Syrien wird wieder Mitglied der Arabischen Liga, ohne sein Verhalten in den vergangenen Jahren verändert zu haben. Allerdings haben die arabischen Staaten wichtige Bedingungen gestellt, die nun erfüllt werden müssen. Das macht zugleich Hoffnung.
Assads verhaltene Reaktion auf die lang ersehnte Anerkennung ist ein Indikator dafür, dass die arabischen Staaten es ernst meinen könnten. Möglicherweise erreichen sie mit ihrer Entscheidung mehr, als die UN in vielen Jahren des politischen Prozesses erreicht haben, den Russland immer wieder versucht hat, entscheidend zu beeinflussen. Denn die Arabische Liga möchte die UN-Resolution 2254 zum Syrien-Prozess umsetzen. Ein arabisches Follow-up Komitee soll darauf hinarbeiten, dass Syrien am Verfassungskomitee des UN-Prozesses wieder ernsthaft teilnimmt, dass Assad mit der syrischen Opposition spricht, dass er endlich humanitären Zugang ohne Bedingungen zulässt und dass er und seine Clique den Drogenhandel in die arabischen Nachbarländer einstellt und bekämpft.
Dass die arabischen Länder wieder mehr Engagement in der Syrien-Krise zeigen und bereit sind, einen Wiederaufbau unter Bedingungen zu finanzieren, ist eine positive Nachricht. Syriens Verbündete Russland und Iran werden diese Entscheidung zwar öffentlich positiv kommentieren, jedoch werden sie mutmaßlich mit Skepsis sehen, dass sie in Syrien jetzt Konkurrenz bekommen.
Die UN und die Europäer müssen diesen Prozess aufmerksam verfolgen und darauf achten, dass die Entscheidung vom Wochenende nicht zum erneuten Blanko-Scheck für das Assad-Regime verkommt. Der Diktator hat in den Jahren seit der Revolution 2011 keine Absprachen eingehalten. Dass syrische Flüchtende, die von der libanesischen Regierung zurückgeschickt werden, in diesen Tagen in ihrer Heimat zwangsrekrutiert und drangsaliert werden, zeigt erneut, welch weiter Weg noch vor einer wirklichen Normalisierung liegt, in der syrische Menschen ohne Furcht vor ihrem Leben wieder nach Syrien zurückkehren und ein würdiges Leben führen können.