Bei den Staatsanwaltschaften in Schleswig-Holstein wurden 2023 insgesamt 343.428 Ermittlungsverfahren neu registriert. Das sind gut 24.000 Verfahren mehr als im Jahr zuvor.

Bereits 2022 bewegte sich die Anzahl der bei den Staatsanwaltschaften des Landes Schleswig-Holstein registrierten Ermittlungsverfahren auf dem höchsten Niveau seit 20 Jahren. Für das Jahr 2023 ist erneut eine Zunahme der Verfahrenszahlen von 7,5% zu verzeichnen.

Die Staatsanwaltschaften sehen sich einer Welle von Strafverfahren von bislang nicht gekanntem Ausmaß gegenüber. Damit hat sich die ohnehin dramatische Belastungssituation in allen Behörden in allen Dienstzweigen erheblich zugespitzt.

Deutlicher Anstieg der Verfahren wegen Hasskriminalität im Internet

Der Statistik zur Hasskriminalität ist zu entnehmen, dass sich die Verfahrenszahlen in diesem Bereich in den letzten fünf Jahren nahezu verdoppelt haben, insbesondere bei Taten, die über das Internet erfolgten. Das betrifft insbesondere auch die Verfolgung rechtsextremer und ausländerfeindlicher Straftaten. Wurden 2022 noch 132 Verfahren registriert, bei denen es vornehmlich um strafrechtlich relevante Beiträge über soziale Medien und soziale Netzwerke ging, wurden 2023 bei den Staatsanwaltschaften des Landes insgesamt 312 entsprechende Verfahren eingeleitet. Die Zahl neu eingeleiteter Verfahren mit möglichem antisemitischen Hintergrund, die durch strafrechtlich relevante Beiträge im Internet durchgeführt wurden, ist von 36 auf 59 angestiegen, die Anzahl der registrierten Verfahren, die eine Straftat wegen der sexuellen Orientierung des Opfers (z.B. LGBTIQ*) zum Gegenstand hatten, auf 36.

Leitfaden zur Verfolgung antisemitischer Straftaten in Schleswig-Holstein

Bei der für das Jahr 2023 gegenüber 2022 zu beobachtenden deutlichen Zunahme von Verfahren wegen antisemitisch motivierter Straftaten ist zu berücksichtigen, dass sich die Ermittlungsverfahren wegen Straftaten infolge des terroristischen Angriffs der Hamas auf Israel ab dem 7. Oktober 2023 in den staatsanwaltlichen Zahlen für das Jahr 2023 wahrscheinlich noch kaum abbilden, weil die notwendigen polizeilichen Ermittlungen in vielen Fällen zu einer erst zeitverzögerten Abgabe der Verfahren an die Staatsanwaltschaften führen. Polizei und Staatsanwaltschaften müssen sich dabei zunehmend nicht nur mit rechtsextremistischem Antisemitismus, sondern auch mit anderen Formen des Antisemitismus auseinandersetzen, was in früheren Jahren noch nicht in diesem Ausmaß zu Tage getreten ist. Der Anfang 2024 bekannt gemachte gemeinsame Leitfaden des Landeskriminalamts und des Generalstaatsanwalts zur Verfolgung antisemitischer Straftaten in Schleswig-Holstein soll helfen, antisemitische Tatmotive zu erkennen. Durch praxis-nahe Handlungsempfehlungen unterstützt der Leitfaden die Ermittlungsbehörden bei dem Erkennen und der konsequenten Verfolgung antisemitischer Straftaten.

KE OK – Koordinierungs- und Ermittlungseinheit zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität

Um bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität Schwerpunkte zu setzen und den Einsatz der vorhandenen Ressourcen bei den Ermittlungsbehörden noch effektiver strategisch zu koordinieren und auszurichten, ist bei dem Generalstaatsanwalt des Landes Schleswig-Holstein eine neue Koordinierungs- und Ermittlungseinheit zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität (KE OK) geschaffen worden, die Ende 2023 ihre Arbeit auf-genommen hat. Die Einheit basiert auf dem in enger Zusammenarbeit zwischen der Polizei und der Generalstaatsanwaltschaft unter Beteiligung der örtlichen Staatsanwaltschaften erarbeiteten gemeinsamen Konzept für eine strategische Bekämpfung der organisierten Kriminalität. Ziel von Polizei und Staatsanwaltschaften ist es, gemeinsam Schwer-punkte zu setzen sowie vorhandene Erkenntnisse zusammenzuführen, strategisch auszuwerten und die in diesem Bereich notwendigen Strukturermittlungen proaktiv anzugehen.

Die Einheit soll zum einen in besonders herausragenden Fällen oder bei besonderen Strukturen die entsprechenden Ermittlungen führen und auf diesem Weg Erkenntnisse zentral zusammenführen, steuern und priorisieren sowie Schwerpunkte setzen und die örtlichen Staatsanwaltschaften unterstützen und entlasten. Darüber hinaus nimmt die neue Einheit vor allem Koordinierungs- und Beratungsaufgaben gegenüber den mit der Sachbearbeitung in diesen Verfahren befassten örtlichen Staatsanwaltschaften wahr. Ihr obliegt die Steuerung von Ermittlungsvorgängen im Austausch mit Polizei und örtlichen Staatsanwaltschaften, die Abstimmung von Schwerpunktsetzungen und Priorisierungen sowie die Lösung von Zuständigkeitskonflikten.

Im Dezember 2023 hat die KE OK zusammen mit der Bezirkskriminalinspektion Kiel einen ersten Ermittlungskomplex zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels übernom-men.

Durchsuchungsmaßnahmen in 25 Objekten in Kiel Gaarden führten unter anderem zur Sicherstellung von 58 illegalen Automaten. Mit der KE OK hat die Generalstaatsanwaltschaft erstmals eine eigene Einheit zur Führung von Ermittlungsverfahren eingerichtet und setzt ab sofort gezielt strategische Schwerpunkte bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität.

(c) GenStA Schleswig-Holstein, 17.05.2024

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