Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat entschieden, dass das Regierungspräsidium Tübingen Auskunft über die Anzeige von Tierversuchen bei Aus-, Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen im Fach Humanmedizin an den beigeladenen Universitäten Tübingen und Ulm erteilen muss. Er hat damit der Berufung der Tierschutzorganisation PETA (People for the Ethical Treatment of Animals) stattgegeben und ein anderslautendes Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen geändert.

Im Juli 2019 hatte PETA dem Regierungspräsidium unter Verweis auf das Landesinformationsfreiheitsgesetz (LIFG) mehrere Fragen zur Genehmigung bzw. Anzeige von Tierversuchen im Rahmen der Aus-, Fort- und Weiterbildung im Bereich der Humanmedizin seit Januar 2014 gestellt. Das Regierungspräsidium lehnte den Antrag ab, da die gewünschten Informationen den vom Informationsanspruch freigestellten Bereich der Forschung und Lehre beträfen und diese darüber hinaus geschützte personenbezogene Daten enthielten. Die auf Informationserteilung unter Schwärzung personenbezogener Daten gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 17.11.2021 abgewiesen (Az. 8 K 5171/19). Das Landesinformationsfreiheitsgesetz sei nicht anwendbar, weil es nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 LIFG gegenüber den beigeladenen Hochschulen in Bezug auf die erbetenen Informationen in Bezug auf ihre Lehrtätigkeit nicht gelte und diese Bereichsausnahme auch gegenüber dem Regierungspräsidium Anwendung finde. Der Schutz der Wissenschaftsfreiheit erfordere eine Einbeziehung des Regierungspräsidiums in den Anwendungsbereich der Vorschrift, da dieses mit den Informationen zu Tierversuchen über besonders sensible Daten verfüge und damit in einer besonderen Nähebeziehung zu den beigeladenen Universitäten stehe. Nicht auszuschließen sei ferner, dass selbst um personenbezogene Daten geschwärzte Informationen Rückschlüsse auf die dahinterstehenden natürlichen Personen zuließen.

Dem ist der 10. Senat des Verwaltungsgerichtshofs nicht gefolgt. Der Informationszugang sei weder wegen der Betroffenheit der Lehrtätigkeit der Beigeladenen noch aus Gründen des Schutzes personenbezogener Daten ausgeschlossen. Die Bereichsausnahmevorschrift des § 2 Abs. 3 Nr. 2 LIFG stelle ausschließlich die Hochschulen selbst von Informationsansprüchen im Bereich der Forschung und Lehre frei. Dies ergebe sich nicht nur aus dem Wortlaut der Regelung, sondern auch aus der Binnensystematik des Landesinformationsfreiheitsgesetzes; es entspreche zudem dem in den Gesetzesmaterialien ausdrücklich zum Ausdruck gebrachten Willen des Landesgesetzgebers. Die Vorschrift dürfe nicht informationsbezogen, d. h. abhängig von den begehrten Informationen, ausgelegt werden, sondern sie knüpfe an den Adressaten des Informationsbegehrens an. Eine funktionsbezogene Erweiterung des Anwendungsbereichs der Bereichsausnahme komme nicht in Betracht, weil das im vorliegenden Zusammenhang als Tierschutzbehörde tätige Regierungspräsidium auch bei funktionaler Betrachtung nicht dieselben Aufgaben wie die beigeladenen Universitäten wahrnehme. Eine enge Nähebeziehung bestehe nicht. Insbesondere könne eine solche nicht aus dem bloßen Vorhandensein ggf. sensibler Informationen abgeleitet werden, da dies einem informationsbezogenen Verständnis der Bereichsausnahmevorschrift gleichkäme. Auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten mit Blick auf den Schutz der Wissenschaftsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG, Art. 20 Abs. 1 LV) sei die Nichtanwendbarkeit der Bereichsausnahme unbedenklich. Der öffentlichen Diskussion müssten sich die Beigeladenen in einem demokratischen Rechtsstaat stellen. Dem Schutz personenbezogener Daten schließlich könne durch Schwärzungen hinreichend Rechnung getragen werden.

Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wurde nicht zugelassen. Dagegen kann binnen eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesverwaltungsgericht erhoben werden (Az. 10 S 125/22).

(c) VGH Baden-Württemberg, 22.01.2024

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