Beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof sind im vergangenen Jahr insgesamt 81 neue
Verfahren eingegangen.

  • Die Mehrzahl der Verfahren (66) sind Verfassungsbeschwerden, mit denen sich Bürgerinnen und Bürger gegen behördliche und/oder gerichtliche Entscheidungen wenden, weil sie sich in ihren durch die Bayerische Verfassung gewährleisteten Rechten verletzt sehen.
  • Neun neue Popularklagen richten sich gegen gesetzliche Vorschriften. Betroffen sind
    in erster Linie Bestimmungen bayerischer Landesgesetze, wie z. B. Normen des Kommunalabgabengesetzes, des Landeswahlgesetzes, des Bayerischen Besoldungsgesetzes und des Bayerischen Hochschulinnovationsgesetzes. In zwei Fällen werden kommunale Satzungen (Bebauungspläne) angegriffen; eine weitere Popularklage bezieht sich auf eine Bestimmung im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag.
  • Es wurden fünf neue Organstreitverfahren eingeleitet. Diese gehen in einem Fall auf den Antrag einer Oppositionsfraktion im Bayerischen Landtag, in vier Fällen auf Anträge von Landtagsabgeordneten zurück.
  • Ferner hat das Innenministerium dem Verfassungsgerichtshof die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob das Volksbegehren „Radentscheid Bayern“ zuzulassen ist.
    Den 81 Neueingängen stehen 65 im Jahr 2023 erledigte Verfahren gegenüber. In 25 Fällen erging eine verfahrensabschließende Entscheidung durch Entscheidung einer mit jeweils neun Verfassungsrichtern besetzten Spruchgruppe, vier davon aufgrund mündlicher Verhandlung.
  • Erledigt wurden u. a. 43 Verfassungsbeschwerden, davon sieben durch Entscheidung. Gegenstand der erledigten Verfassungsbeschwerdeverfahren waren überwiegend zivil-, straf- und verwaltungsgerichtliche Urteile und Beschlüsse. Erfolg hatte eine Verfassungsbeschwerde, wobei die langfristige statistische Erfolgsquote bei 2,32 % liegt und damit in etwa der Größenordnung für vergleichbare Verfahren beim Bundesverfassungsgericht entspricht.
  • Der Verfassungsgerichtshof hat ferner über dreizehn Popularklagen entschieden, zwei solche Verfahren wurden anderweitig erledigt. Die ergangenen Entscheidungen betrafen etwa Normen des Polizeiaufgabengesetzes (insbesondere Neuregelungen zum polizeilichen Präventivgewahrsam), das „Rettet die Bienen!“- und das Versöhnungsgesetz sowie Bestimmungen des Bayerischen Versammlungsgesetzes oder der Vierten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (Maskenpflicht).
    Weiter betroffen waren beispielsweise die Regelung in der Bayerischen Bauordnung zum Einsatz und Betrieb von Rauchwarnmeldern, eine kommunale Freiflächengestaltungssatzung und Bestimmungen in der Geschäftsordnung eines Stadtrates. Keine der Popularklagen, über die der Verfassungsgerichtshof im Jahr 2023 entschied, hatte Erfolg; im langjährigen Durchschnitt beträgt die Erfolgsquote bei Popularklagen ca. 9,08 %.
  • Zwei verfahrensabschließende Entscheidungen ergingen in Organstreitverfahren; die Anträge wurden jeweils abgewiesen. Gegenstände waren eine Äußerung der Präsidentin des Bayerischen Landtags bei einer Podiumsdiskussion im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Lange Nacht der Demokratie“ sowie Maßnahmen der Landtagspräsidentin zur Pandemiebewältigung im Maximilianeum im Jahr 2020. Zwei Organstreitigkeiten wurden anderweitig erledigt.
  • Der Verfassungsgerichtshof entschied ferner über zwei Meinungsverschiedenheiten.
    Diese betrafen die Verfassungsmäßigkeit des „Rettet die Bienen!“- und des Versöhnungsgesetzes sowie eine Gesetzesänderung zur Errichtung weiterer auswärtiger Senate des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in Ansbach
  • In einer weiteren Entscheidung verneinte der Verfassungsgerichtshof das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung des Volksbegehrens „Radentscheid Bayern“.
  • Über die 25 verfahrensabschließenden Entscheidungen hinaus hat der Verfassungsgerichtshof insgesamt fünf Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
  • Drei dieser Entscheidungen ergingen in Organstreitverfahren. Davon betraf eines die Ablehnung von Beweisanträgen in einem Untersuchungsausschuss; die beiden weiteren
  • standen in Zusammenhang mit einem gegen einen neu gewählten Landtagsabgeordneten bestehenden Haftbefehl. Zwei weitere Eilentscheidungen ergingen in Verfassungsbeschwerdeverfahren.

(c) Bayerischer Verfassungsgerichtshof, 15.01.2024

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