Der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat gestern den Beschwerden eines armenischen Ehepaares aus Oeversee (Kreis Schleswig-Flensburg) in einem ausländerrechtlichen Eilverfahren stattgegeben und deren Abschiebung nach Armenien vorläufig gestoppt.

Das Ehepaar war 1998 gemeinsam mit zwei kleinen Kindern in das Bundesgebiet eingereist. Unter Verwendung falscher Papiere hatten sie sich als politisch verfolgte aserbaidschanische Staatsangehörige ausgegeben. Ihnen wurde daraufhin (1999) Asyl gewährt und später (2010) vom Kreis eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis (Niederlassungserlaubnis) erteilt. Nach Aufdeckung ihrer wahren Identitäten und Staatsangehörigkeit wurden sowohl die Asylanerkennung als auch die Niederlassungserlaubnis zurückgenommen. Während die beiden mittlerweile erwachsenen Kinder Aussicht auf eine Aufenthaltserlaubnis wegen nachhaltiger Integration haben, besteht die Ausländerbehörde des Kreises auf der Ausreisepflicht der Eltern. Verstöße gegen ausländerrechtliche Bestimmungen seien im öffentlichen Interesse konsequent zu ahnden, um einen Nachahmungseffekt zu verhindern. Das Verwaltungsgericht hatte diese Sichtweise bestätigt.

Im Beschwerdeverfahren hat der Senat zwar anerkennt, dass die Voraussetzungen für eine Rücknahme der Niederlassungserlaubnis aufgrund der Täuschung vorlägen. Allerdings habe die Ausländerbehörde irrtümlich angenommen, dass die Niederlassungserlaubnis vollständig, d.h. mit Wirkung auch für die Vergangenheit, zu beseitigen sei. Dies führe zu einer unzureichenden Berücksichtigung des privaten Bleibeinteresses des Ehepaars. Möglich sei auch, dass die Niederlassungserlaubnis nur für die Zukunft entfalle. Dann bliebe der Voraufenthalt rechtmäßig und es komme auch bei ihnen eine befristete Aufenthaltserlaubnis wegen nachhaltiger Integration in Betracht. Dies bleibe zu prüfen.

Die Beschlüsse sind unanfechtbar (Az. 4 MB 5/22 und 4 MB 6/22).

Quelle: Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein, Pressemitteilung vom 4. Mai 2022

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