Die 53. Zivilkammer unter dem Vorsitzenden Richter am Landgericht Lennartz hat heute ent- schieden, dass eine Klausel der Allianz Lebensversicherungs-AG aus dem Jahr 2006 zur An- passung des sogenannten Rentenfaktors in Verträgen über eine Riesterrente wirksam ist (53 O 214/22).

Gegenstand des Verfahrens

Der in Anspruch genommene Versicherer sah in seinen Allgemeinen Versicherungsbedingungen, die teilweise in im Jahr 2006 abgeschlossene Riesterrenten-Verträge einbezogen worden sind, die Möglichkeit vor, den sog. Rentenfaktor unter bestimmten Voraussetzungen abzusenken. Die Absenkung soll möglich sein, wenn die Rendite der Kapitalanlagen, in die der Versicherer die Prämien anlegt, unvorhergesehen so stark sinken sollte, dass die Rentenzahlungen auf Dauer nicht mehr gesichert werden können. Dies führt bei den betroffenen Verträgen zu einer geringeren Rentenzahlung. Voraussetzung hierfür ist die Zustimmung eines unabhängigen Treuhänders.

Die klagende Verbraucherzentrale Baden-Württemberg e.V. sieht diese Regelungen vor allem deswegen als unwirksam an, da sie Verbraucher unangemessen benachteilige, weil nicht zu- gleich bei erneuter Änderung der Umstände (z.B. bei einer Erholung am Kapitalmarkt) eine Erhöhung der Leistungen vorgesehen ist.

Die Klage wurde abgewiesen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Wesentliche Erwägungen der Kammer

In ihrem Urteil stellt die Kammer fest, dass die Regelung in den Allgemeinen Versicherungs- bedingungen weder gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstoße noch die Versiche- rungsnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige (§ 307 BGB).

Dabei hat die Kammer zunächst eine vergleichbare Regelung im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) herangezogen. Der Gesetzgeber hat dem Versicherer in § 163 VVG eine Berechtigung zu einer Neufestsetzung der vereinbarten Prämie zugebilligt. Er hat sich dort aber bewusst für ein einseitiges Recht zur Prämienerhöhung durch den Versicherer entschieden, ohne dass bei – erneut – geänderten Voraussetzungen der Versicherer verpflichtet ist, die Prämienerhöhung wieder rückgängig zu machen. Vor diesem Hintergrund könne ein Versicherer in einem ähnlichen Sachverhalt, wie er hier bestehe, in den Versicherungsbedingungen ein einseitiges Anpassungsrecht vorsehen, ohne dies wieder rückgängig machen zu müssen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs könne bei Verträgen über eine Lebensversicherung auch nicht auf den Grundsatz zurückgegriffen werden, dass Anpassungsklauseln eine spiegelbildliche Rückanpassung vorsehen müssten, wenn sich Umstände zugunsten der Verbraucher änderten.

Zwar müsse dem Versicherungsnehmer, der sich für eine fondsgebundene Versicherung entschiede habe, bei der sich die Entwicklung nicht prognostizieren lasse, eine Möglichkeit zur Reaktion auf die Anpassung durch den Versicherer gewährt werden, um ihn nicht unangemessen zu benachteiligen. Das sei hier aber der Fall. Die Versicherungsbedingungen räumten eine Möglichkeit freiwilliger Zuzahlungen ein. Der Versicherungsnehmer könne einmal jährlich eine einmalige Zuzahlung leisten; er könne auch einmal jährlich – und damit auch für künftige Jahre – die vereinbarte Prämie erhöhen. Damit stehe ihm die Option zu einer Erhöhung des für die Bildung der Rente zur Verfügung stehenden garantierten Kapitals offen, um so das bei Vertragsschluss in Aussicht genommene Niveau der späteren Rente sichern zu können.

(c) LG Stuttgart, 10.07.2023

Cookie Consent mit Real Cookie Banner