Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat heute in zwei Verfahren über den
sog. Kreuzerlass verhandelt.
Anlass der Verfahren ist der im Jahr 2018 in Kraft getretene § 28 der Allgemeinen Geschäftsordnung
für die Behörden des Freistaates Bayern (AGO). Darin heißt es wörtlich,
dass im Eingangsbereich eines jeden Dienstgebäudes als Ausdruck der geschichtlichen
und kulturellen Prägung Bayerns gut sichtbar ein Kreuz anzubringen ist.
Gegen die Regelung hatten sich der Bund für Geistesfreiheit Bayern und München sowie
25 Privatpersonen zunächst vor dem Verwaltungsgericht München gewandt, weil sie sich
in ihren Grundrechten verletzt sahen. Sie beantragten, § 28 AGO aufzuheben und den
Freistaat Bayern zu verpflichten, die in seinen Dienststellen angebrachten Kreuze zu
entfernen. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Aufhebung der Vorschrift als Normenkontrollverfahren
an den BayVGH verwiesen und die Klagen im Übrigen abgewiesen.
Über den Normenkontrollantrag (5 N 20.1331) aller Antragssteller und die vom Gericht
zugelassene Berufung des Bundes für Geistesfreiheit Bayern und München
(5 B 22.674) betreffend die Entfernung der Kreuze hat der 5. Senat des Bayerischen
Verwaltungsgerichtshof heute verhandelt.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat das Gericht zunächst Bedenken hinsichtlich
der Zulässigkeit des Normenkontrollverfahrens geäußert. Zum einen handele es sich
möglicherweise nicht um die richtige Antragsart, zum anderen sei die Antragsbefugnis
der Antragsteller fraglich.
Zur Begründetheit der Klage des Bundes für Geistesfreiheit auf die Entfernung der Kreuze
erörterte der Senat mit den Beteiligten zunächst die verfassungsrechtlichen Quellen,
den Inhalt und die Grenzen der weltanschaulichen Neutralitätspflicht des Staates. Zu
prüfen sei des Weiteren, ob die Kreuze in den Eingangsbereichen der Behörden Symbole
der christlichen Kirche darstellten. Hierzu verwies das Gericht auf eine Entscheidung
des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1995 zu Kreuzen in den Klassenzimmern
bayerischer Schulen. Gehe man davon aus, dass es sich bei den Kreuzen um Symbole
der christlichen Glaubensgemeinschaften handele, sei weiter zu prüfen, ob das Aufhängen
der Kreuze die Kläger als konkurrierende Weltanschauungsgemeinschaft in ihren
kollektiven Freiheits- und Gleichheitsgrundrechten verletzen könne.
Eine Entscheidung wird der Senat den Beteiligten innerhalb von zwei Wochen bekanntgeben.
Der Senat beabsichtigt, in absehbarer Zeit auch über die Zulassung der Berufung
der weiteren 25 Einzelkläger zur Kreuzentfernung im schriftlichen Verfahren gesondert zu
entscheiden.

Quelle: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Pressemitteilung vom 25. Mai 2022

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