Die globale Anwaltssozietät Clifford Chance hat für die Ipsen Pharma GmbH („Ipsen Pharma“) Verfassungsbeschwerde gegen Regelungen der jüngsten „Spargesetze“, d.h. des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes sowie des Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetzes, eingereicht.

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die befristete Anhebung des allgemeinen Herstellerabschlags für Arzneimittel von 7 auf 12 Prozent für das Jahr 2023 sowie gegen die Verlängerung des sogenannten Preismoratoriums vom Preisstand 2009 bis zum 31. Dezember 2026, mit welchem Preiserhöhungen wirtschaftlich abgeschöpft werden. Darüber hinaus sind auch die erheblich verschärften Kriterien zur Verhandlung und Festsetzung von Erstattungsbeträgen für innovative Arzneimitteln (sogenannte Leitplanken) Gegenstand der Verfassungsbeschwerde. Die Verschärfungen sind dadurch gekennzeichnet, dass Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen im Verhältnis zu vergleichbaren patentgeschützten Arzneimitteln mit einem Preisabschlag von 10 Prozent belegt werden, auch wenn sie sich im Rahmen der vorausgegangenen Nutzenbewertung als gleichwertig erwiesen haben. Des Weiteren führen die Neuregelungen dazu, dass für diese Arzneimittel kein höherer Erstattungsbetrag gelten darf als für vergleichbare patentgeschützte Arzneimittel, obwohl sie im Verfahren der Nutzenbewertung einen gewissen Zusatznutzen gezeigt haben. Schließlich richtet sich die Verfassungsbeschwerde auch gegen die Erhebung des neu eingeführten, pauschalen Abschlags von 20 Prozent, welcher für Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen anfällt, die in Kombinationen angewendet werden. Die Kriterien für die Anwendbarkeit dieses zusätzlichen Abschlags sind vom Gesetzgeber selbst allerdings nicht hinreichend bestimmt festgelegt worden; zudem fehlt es an gesetzlichen Bestimmungen zur Überprüfung, ob die mit einem zusätzlichen Abschlag von 20 Prozent belegten Arzneimittel tatsächlich dem Anwendungsbereich der Norm unterfallen.

Die Verfassungsbeschwerde wird darauf gestützt, dass die Regelungen die Berufsausübungsfreiheit, das allgemeine Gleichheitsgebot, die Rechtsschutzgarantie und das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot in nicht zu rechtfertigender Art und Weise verletzen. Schließlich beeinträchtigen die eingeführten Preisregulierungsmechanismen in ihrer kumulativen Wirkung nachhaltig auch überragend wichtige Allgemeinwohlinteressen, da sie nach Auffassung der Ipsen Pharma ein langfristiges Hemmnis für den pharmazeutischen Innovations- und Forschungsstandort Deutschland darstellen.

Lead Partner Dr. Ulrich Reese kommentiert: „Das System der Preisregulierung für innovative Arzneimittel ist hoch komplex. Die Herausforderung besteht darin, die Innovationsanreize für die pharmazeutische Industrie in einen angemessenen Ausgleich mit der Sicherung der finanziellen Stabilität der Gesetzlichen Krankenversicherung zu bringen. Diesem Ausgleichsgedanken tragen die angegriffenen Regelungen nicht ausreichend Rechnung. Denn durch diese werden innovative Arzneimittel in übermäßiger Weise mit sachlich nicht gerechtfertigten Abschlägen belegt und damit im Wettbewerb der Arzneimittelversorgung ungerechtfertigt benachteiligt.“ Das Beratungsteam von Clifford Chance stand unter der Leitung von Partner Dr. Ulrich Reese (Corporate, Düsseldorf).

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