Die 9. Kammer des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts hat nach mündlicher Verhandlung der Klage eines Journalisten gegen die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel entschieden, dass der Widerruf eines zunächst für das Wintersemester 2022/2023 erteilten Lehrauftrages rechtswidrig war (Az. 9 A 167/22). Der Kläger hatte sich im September 2022 während des Abhaltens sogenannter „Referenden“ in von russischen Streitkräften kontrollierten Regionen der Ukraine aufgehalten und unter anderem an einer Pressekonferenz mit russischen Medien teilgenommen.

Die Abwägung der grundrechtlich geschützten Positionen von Kläger und Universität sei nicht rechtmäßig erfolgt. Die Kammer ist der Auffassung, dass sich Mängel in der Sachverhaltsaufklärung auch in den in die Abwägung einzustellenden Aspekten niedergeschlagen hätten. Zugunsten des Klägers sei zu berücksichtigen, dass die Hintergründe seines Besuchs in der Ukraine vor dem Treffen der Entscheidung über die Beendigung der Zusammenarbeit nicht vollumfänglich aufgeklärt worden seien und insbesondere verfahrensmäßig verkürzt vorgegangen worden wäre. Im Ergebnis hätten die Voraussetzungen für den Widerruf eines Lehrauftrags aus wichtigem Grund nach § 66 Abs. 3 des Hochschulgesetzes (HSG SH) nicht vorgelegen.

In dem weiteren Klagverfahren entschied die 9. Kammer zudem, dass dem Kläger ein Anspruch auf Unterlassung der weiteren Verbreitung einer auf der Homepage der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel veröffentlichten Stellungnahme zusteht (Az. 9 A 31/23). Hinsichtlich der Stellungnahme stellte die Kammer fest, dass es der Universität zwar grundsätzlich nicht verwehrt sei, sich auch öffentlich kritisch gegenüber einem ihrer Lehrbeauftragten zu äußern. Allerdings führe die verkürzte Darstellung auf der Homepage dazu, dass dem Kläger eine Reiseintention durch die Öffentlichkeit unterstellt würde, die so nach den Feststellungen im Verfahren nicht zugrunde gelegt werden könne. Die zwischen den Beteiligten streitige Bewertung als „Wahlbeobachter“ durch Teile der Medien habe im Rahmen der mündlichen Verhandlung nachvollzogen werden können. Der Kläger habe insofern unter anderem durch sein Auftreten auf einer Pressekonferenz der russischen Föderation einen Beitrag zum Entstehen geleistet. Allerdings betonte die Kammer, dass es einem Journalisten grundsätzlich nicht verwehrt werden könne, auch zur Informationsgewinnung in Krisengebiete zu reisen. Für den Kläger sei insofern in besonderer Weise zu berücksichtigen, dass dies gerade auch Gegenstand des im Parallelverfahren streitigen Lehrauftrages gewesen sei.

Die schriftlichen Urteilsgründe liegen noch nicht vor. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Der Kläger kann gegen das Urteil die Zulassung der Berufung binnen eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beantragen.

Quelle: Verwaltungsgericht Schleswig-Holstein, Pressemitteilung vom 25. April 2023

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