Das Amtsgericht Würzburg verurteilte einen 26-jährigen Finanzmakler wegen dreifacher sexueller Belästigung zu einer Geldstrafe in Höhe von 7.000 Euro. Der Einspruch gegen den bereits erlassenen Strafbefehl kam den jungen Mann teuer zu stehen: Die Geldstrafe verdoppelte sich.

Es war die Geburtstagsfeier des besten Freundes im Januar 2022. Gefeiert wurde in einer Wohnung in Würzburg. Anwesend auch: Die damalige Lebensgefährtin des Geburtstagskindes.

Der Angeklagte kam bereits alkoholisiert zur Party. Und auf dieser sollte er sich nicht mit Ruhm bekleckern – sehr zum Leidwesen der Geschädigten: der Freundin seines besten Freundes.

In der beengten Küche, in der circa 10 Personen feierten, kam er der jungen Frau immer wieder näher. Mindestens zweimal soll er die Geschädigte dabei zunächst an der Hüfte, dann am Hintern berührt haben. Die Studentin war von dem Verhalten des Finanzmaklers ziemlich schockiert und suchte die Nähe ihres damaligen Freundes, um sich in Sicherheit zu bringen.

Aufgrund der beengten Verhältnisse ließ es sich jedoch nicht vermeiden, dass die junge Frau im weiteren Verlauf des Abends zufällig wieder neben dem auf einer Bank sitzenden Angeklagten stand. Und dies wurde ihr zum Verhängnis: Er packte sie am Arm, zog sie auf seinen Schoss und fasste ihr in den Schritt. Völlig perplex sprang die junge Frau auf und flüchtete unter den Tisch.

Die Party war daraufhin für den Angeklagten beendet. Er wurde aufgefordert zu gehen und von seinem Mitbewohner nach Hause gebracht.

Für dieses Verhalten kassierte der Angeklagte einen Strafbefehl in Höhe von 70 Tagessätzen zu jeweils 50 Euro, also 3.5000 Euro Geldstrafe. Diesen wollte der junge Mann nicht akzeptieren und legte Einspruch ein.

„Er könne sich an nichts erinnern“, so der Angeklagte zur Richterin, als er zu den Vorfällen befragt wurde. Er wisse nur noch, wie er zur Party ging und dann wieder an den darauffolgenden Morgen. Alles andere sei weg. Und genau darauf wollte der Verteidiger des jungen Mannes hinaus: Freispruch wegen Schuldunfähigkeit. Sein Mandant habe einfach so viel getrunken, dass er nicht mehr Herr seiner Sinne war. Einen Alkoholtest gab es nicht. Also wurden die Partygäste befragt, wie viel an diesem Abend getrunken wurde und wie der Zustand des Angeklagten an diesem Abend war.

Sichtlich mitgenommen schilderte die geschädigte junge Frau vor dem Amtsgericht den Vorfall. Von ihrem Freund habe sie sich wenig später getrennt. Ein Grund sei auch dieser Vorfall gewesen. Durch Nachfragen zu Kleinigkeiten oder Nebenschauplätzen versuchte der Verteidiger die Zeugin völlig aus dem Konzept zu bringen – nachdem die Taten jedoch nicht bestritten wurden, alle Zeugen dazu ähnliches berichteten und sein Mandant sich ja sowieso an nichts erinnern konnte, ein Vorgang der zumindest verwundern darf.

„Herr Verteidiger sie können mir glauben: wenn Ihrer Frau so etwas passiert wäre, könne sie sich vielleicht nicht mehr an die genaue Uhrzeit erinnern, aber selbstverständlich daran, wo sie berührt wurde.“, so die Richterin, die dem Spuk damit ein Ende setzte.

Wie sah es jetzt jedoch mit dem Alkohol-Zustand des jungen Mannes aus? Alle Zeugen berichteten ähnliches: Er habe am meisten von allen getrunken, er sei auch nicht mehr ganz sicher auf den Beinen gewesen, aber gelallt oder gar Ausfallerscheinungen hatte er nicht. Sein Mitbewohner, der ihn nach Hause brachte, kehrte anschließend auch wieder auf die Party zurück, was er laut Richterin wohl nicht getan hätte, wenn der Angeklagte einen Alkoholzustand erreicht hätte, der eine Schuldunfähigkeit begründet hätte. In einem solchen Zustand hätte man den Angeklagten nicht alleine zurückgelassen.

Somit kam ein Freispruch aufgrund Schuldunfähigkeit des Angeklagten nicht in Betracht. Dies hatte sein Verteidiger im Schlussvortrag für seinen Mandanten beantragt.

Die Richterin ging zwar zu Gunsten des Angeklagten von einer verminderten Schuldfähigkeit aus, verurteilte den strafrechtlich nicht vorbelasteten Mann jedoch zu einer Gesamtgeldstrafe in Höhe von 140 Tagessätzen zu 50 Euro. Dabei ging sie selbst über die von der Staatsanwältin geforderten 130 Tagessätze hinaus. Sehr zu Lasten des Angeklagten wertete sie, dass es bis heute keine Entschuldigung an die Geschädigte gegeben habe, selbst in der heutigen Verhandlung nicht. Zudem sei das Fassen in den Schritt, wenn auch über der Kleidung, eine massive Einwirkung gewesen.

Hintergrund: Sexuelle Belästigung
Die sexuelle Belästigung gem. § 184i StGB ist mit dem Gesetz zur Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung vom 10. November 2016 eingeführt worden. Der Strafrahmen beträgt bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe.

Das Amtsgericht München muss sich regelmäßig, insbesondere nach dem Oktoberfest, mit dem Straftatbestand befassen – und scheut nicht vor der Verhängung von Freiheitsstrafen zurück:
Gezielte Griffe in den Schambereich von Oktoberfestbesucherinnen brachten einem Verurteilten nach mehrmonatiger Untersuchungshaft eine Bewährungsstrafe ein: Artikel.
Auch ein Nachstellen und Streichen am Oberschenkel an einer Bushaltestelle führte zur Verhängung einer Freiheitsstrafe. Den Artikel dazu lesen Sie hier.

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