Anlässlich der feierlichen Amtseinführung der neuen Direktorin des Amtsgerichts Würzburg, Frau Dr. Petra Müller-Manger, lud die bayerische Justiz zu einem Pressegespräch in das Justizzentrum ein.  

v.l.: Helga Twardzik, Dr. Petra Müller-Manger, Lothar Schmitt; Bildrechte AG Würzburg

Frau Dr. Petra Müller-Manger neue Direktorin von Unterfrankens größtem Amtsgericht

Frau Dr. Müller-Manger tritt die Nachfolge von Helga Twardzik an, die Ende Juli in den Ruhestand getreten ist. „Helga Twardzik hat mit viel Elan und persönlichem Einsatz über mehr als 8 Jahre erfolgreich das Amtsgericht Würzburg geleitet und geprägt. Auch die Herausforderungen der Corona-Pandemie meisterte sie gemeinsam mit allen Beschäftigten des Amtsgerichts hervorragend“, so der Präsident des Oberlandesgerichts Bamberg Lothar Schmitt. Sie habe ihre professionelle Arbeitsweise, aber auch ihre empathische Art ausgezeichnet. „Für ihr langjähriges Wirken danke ich Helga Twardzik sehr herzlich und wünsche ihr für ihren Ruhestand alles Gute“.

Die im Jahr 1959 geborene Dr. Petra Müller-Manger begann – nach dem Jurastudium und dem Referendariat in Würzburg – ihre berufliche Laufbahn im September 1987 bei der Staatsanwaltschaft Aschaffenburg und wechselte im März 1989 zur Staatsanwaltschaft Würzburg. Nach Stationen am Amtsgericht Gemünden und Landgericht Würzburg wurde Frau Dr. Müller- Manger im Dezember 2004 zur Richterin am Oberlandesgericht Bamberg ernannt und war zunächst an das Bayerische Oberste Landesgericht in München abgeordnet. Die Tätigkeit in einem Straf- und Bußgeldsenat setzte sie am Oberlandesgericht Bamberg fort, bis sie im Jahr 2008 in einen Zivilsenat wechselte. Zum 01. Oktober 2019 wurde Frau Dr. Müller-Manger zur Direktorin des Amtsgerichts Gemünden am Main ernannt, welches sie erfolgreich mit viel Engagement leitete.

Was beschäftigt die Justiz

Die Themen, die die neue Direktorin und der Präsident des Oberlandesgerichts Lothar Schmitt im Angebot hatten, waren vielfältig. Von der Digitalisierung der Justiz, über den Pakt für den Rechtsstaat und der damit verbundenen Personalausstattung, bis hin zu den alltäglichen Querelen mit Reichsbürgern im Gerichtsbetrieb gab es umfassend zu berichten.  

Das Amtsgericht Würzburg ist zwar mit 32 Richtern das größte Amtsgericht in Unterfranken – dennoch weit ab von den Millionenmetropolen wie Berlin und München – den vornehmlichen Schauplätzen der Bundes- und Landespolitik. Die großen Justizthemen sind dennoch alltäglich im Gerichtsbetrieb präsent.

Als wichtigstes Themenfeld, das den Gerichten Enormes abverlange, steht, wie in vielen anderen Behörden auch, die Digitalisierung. Bis 2026 muss die elektronische Akte flächendeckend bei allen Gerichten eingeführt werden. Bisher sind in Bayern alle Land- und Oberlandesgerichte im Rahmen von erstinstanzlichen Zivilverfahren und somit rund 2500 Anwender angeschlossen. Bis Ende 2025 müssen es jedoch 14.000 sein. Hierfür bedarf es nochmals einer Kraftanstrengung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

„Eine Technik in den Kinderschuhen läuft selbstverständlich nicht von Beginn an reibungslos“, so Müller-Manger.

Ein im heutigen digitalen Zeitalter geradezu archaisch anmutender Vorgang ist das händische Scannen von Anträgen in Papierform, die trotz Fortschreiten der Digitalisierung noch nicht gänzlich aus dem Justizbetrieb verschwunden sind. Das altgediente Fax ist immer noch ein zuverlässiger Weg die Justiz zu erreichen.

Da dies rechtssicher geschehen muss, sind bis zu 3 Mitarbeiter in den Scanvorgang und in die Kontrolle eingebunden. Optimal sei das nicht, aber aktuell nicht anders zu machen.

„Die Zivilprozessordnung ist für die Papierakte geschrieben worden, nicht für die E-Akte“, so Präsident Schmitt. Er hätte sich gewünscht, die Einführung der digitalen Akte wäre auf Basis von überarbeiteten Regelungen für den Zivilprozesses erfolgt – mit allen betroffenen Akteuren -Anwälten, Notare, Justiz und Politik – in einem Boot.

Mensch im Zentrum des Verfahrens

Die Digitalisierung ist wichtig und hat in den Arbeitsabläufen der Gerichte auch schon zu enormen Verbesserungen geführt. Die Arbeit im Homeoffice, schnellerer Austausch von Schriftsätzen oder ganzen Akten auf dem digitalen Wege wären ohne den technischen Fortschritt nicht denkbar.

Jedoch müssen die Digitalisierung und insbesondere der Einsatz von Algorithmen oder gar künstlicher Intelligenz dort halt machen, wo es auf den Menschen ankommt. Man dürfe eine Entscheidung, in der es zum Beispiel auf die Beurteilung der Glaubwürdigkeit eines Zeugen ankommt nicht dem Computer überlassen, so Präsident Schmitt. Der Präsident des OLG verweist treffend auf Art. 92 GG.


„Die rechtsprechende Gewalt ist den Richtern anvertraut“

– Art. 92 Grundgesetz

Und genau in diesem Wort „anvertraut“ komme die große Verantwortung, die die Richterschaft trägt zum Ausdruck. Und an der damit verbundenen richterlichen Unabhängigkeit solle nicht zu sehr gerüttelt werden.

Getreu nach dem Credo der Bayerischen Justiz – „Justiz ist für den Menschen da“ – betont die neue Direktorin den Erfolg der Rechtsantragsstelle im Rahmen des Bürgerservices der Justiz. Dessen Aufgaben sind vielfältig. Dort werden Unterlagen und mündliche Anträge entgegengenommen, von Gewaltschutz- und Kautionsanträgen bis hin zur Anerkennung von Auslandsadoptionen. Die Erstauskunft ist dabei immer kostenlos. Der Bürgerservice hilft bei der Suche nach dem richtigen Behördenansprechpartner, zur Rechtsberatung ist das Amtsgericht hingegen nicht befugt. Mehr als 30 Menschen täglich nehmen diesen Service in Würzburg wahr.

Die großen Justizthemen auf unterfränkischer Bühne

Das beherrschende Thema der diesjährigen Justizministerkonferenz war die Fortführung des Paktes für den Rechtsstaat. Dies ist eine politische Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern, in welchem sich beide Seiten zu einer verbesserten Ausstattung des gesamten Justizwesens verpflichtet haben. Der Bund stellte die finanziellen Mittel zur Verfügung, die Länder schafften die Stellen. Dass dieser fortgeführt werden muss, darin waren sich alle Teilnehmer des Gespräches in Würzburg einig.

Bisweilen wird jedoch immer sehr abstrakt über den Pakt für den Rechtsstaats gesprochen. Gezielt danach gefragt, welche Auswirkungen dieser auf den Gerichtsstandort Würzburg und die umliegenden Amtsgerichte in Gemünden und Kitzingen hatte, wird aber sehr deutlich, dass dieser auch in der Fläche ankommt und nicht nur Lippenbekenntnis der Politik geblieben ist.

Die Einführung des ständigen richterlichen Bereitschaftsdienstes am Amtsgericht Würzburg wäre ohne die zusätzlichen Stellen aus dem Etat nicht möglich gewesen. So haben nun 4 Richterinnen und Richter die Möglichkeit feste Arbeitszeit für diese wichtige Aufgabe einzuplanen: Haftbefehlseröffnungen, Abschiebungen, einstweilige Unterbringungen oder Betreuungssachen. Die Tätigkeiten sind vielfältig und mit einer enormen Verantwortung verbunden. Nun haben die Bereitschaftsrichter auch die zeitlichen Ressourcen dafür bekommen. Zuvor musste dies neben dem laufenden Geschäftsbetrieb zusätzlich erledigt werden.

Wenn der Reichsbürger zweimal faxt

Vergangene Woche tönte es unheilvoll durch sämtliche Medien der Republik. Reichsbürger planten den gewaltsamen Umsturz in Deutschland. Sogar von einem bewaffneten Sturm auf den Reichstag war die Rede.

Selbstverständlich und Gott sei Dank stehen solche Schreckensszenarien nicht jeden Tag auf der Agenda.

Doch, in Kleinem beschäftigen die Reichsbürger die Gerichte schon seit Jahren – auch in Würzburg. Immer wieder einmal belegen seitenlange Anträge das Fax, in denen wirre Thesen und Behauptungen über die Legitimität der Bundesrepublik aufgestellt werden. Aber wenn man es wage den „Reichsbürgern“ durch Gerichtspost ihre wertvolle Zeit zu stehlen, dann kommen im Gegenzug auch schon mal Rechnungen persönlich an Gerichtsbedienstete gerichtet ins Haus. In einem fall sogar von über 14 Millionen Euro – unter anderem wegen vermeintlicher Beschädigung der persönlichen Ehre des Bürgers des „Kaiserreichs Deutschland“. „So etwas bindet enorme Ressourcen und kostet darüber hinaus noch jede Menge Nerven“, so Petra Müller-Manger.

Hintergrund

Die „Reichsbürger“- und „Selbstverwalter“-Szene ist sehr heterogen und umfasst Einzelpersonen ohne strukturelle Einbindung, Kleinst- und Kleingruppierungen, überregional agierende Personenzusammenschlüsse sowie virtuelle Netzwerke. Ihnen gemeinsam ist die fundamentale Ablehnung der Legitimität und Souveränität der Bundesrepublik Deutschland sowie der bestehenden Rechtsordnung. Ein Teil der Szene greift zudem Argumentationslinien des Gebiets- und Geschichtsrevisionismus auf, indem er sich auf bestimmte Zeitabschnitte des ehemaligen „Deutschen Reiches“ in seinen unterschiedlichen Staats- und Herrschaftsformen sowie Grenzen beruft.

Zwischen „Reichsbürgern“ und „Selbstverwaltern“ ist keine trennscharfe Unterscheidung möglich. „Reichsbürger“ berufen sich auf die Fortexistenz eines wie auch immer gearteten „Deutschen Reiches“ und lehnen deshalb die Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich ab. „Selbstverwalter“ hingegen fühlen sich dem Staat gänzlich nicht zugehörig und behaupten, sie könnten durch eine Eigenerklärung aus dem Staat „austreten“ und seien deshalb auch nicht an dessen Gesetze gebunden.

– Glossar des Bundesamtes für Verfassungsschutz

Fazit

Die Justiz: Für viele Bürger ein verschlossenes System, dem viele teilweise auch ehrfürchtig begegnen. Dennoch hat fast jeder einmal in seinem leben mit dem Justizapparat zu tun. Durch Bürgernähe und Offenheit kann diesen Berührungsängsten begegnet werden. Auch wir Medien müssen unseren Teil dazu beitragen die Justiz dem Bürger näher zu bringen. Den kritischen Blick dürfen wir dabei selbstverständlich jedoch nicht verlieren.

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