Geschäftslage des Verwaltungsgerichts Berlin im Jahr 2022

Beim Verwaltungsgericht Berlin sind im Jahr 2022 insgesamt 18.428 Verfahren eingegangen und damit erneut mehr als im Vorjahr (17.597 Verfahren). Erledigt wurden im selben Zeitraum 20.262 Verfahren. Dadurch reduzierte sich der Bestand anhängiger Verfahren auf 16.919 Verfahren (Vorjahr:
18.744 Verfahren).


Während sich die durchschnittliche Dauer der Klagen vor allem wegen des Abbaus der Asylklagen aus den eingangsstarken Jahren 2016 bis 2019 leicht erhöht hat, wurden vorläufige Rechtsschutzverfahren im Durchschnitt etwas schneller als im Vorjahr erledigt. Durchschnittlich waren 114 Richterstellen
am Verwaltungsgericht besetzt. Jede richterliche Arbeitskraft hat 2022 im Schnitt 167 Verfahren erledigt.


Im Einzelnen lassen sich die Geschäftsbelastung, die Erledigungszahlen und die durchschnittliche Verfahrensdauer der letzten fünf Jahre der folgenden vergleichenden Übersicht entnehmen:

Die Rechtsgebiete, die das Verwaltungsgericht Berlin am meisten beschäftigen, sind nach wie vor das Asylrecht und das Aufenthaltsrecht:


Im Asylrecht sind 2022 insgesamt 6.011 Klagen und Eilanträge anhängig gemacht worden (Vorjahr: 5.932 Verfahren); damit entfiel etwa ein Drittel aller Neueingänge beim Verwaltungsgericht auf dieses Rechtsgebiet. Die Hauptherkunftsländer der neu eingegangenen Asylsachen im Jahr 2022 waren
Georgien (1.209 Verfahren), Türkei (741 Verfahren), Moldau (707 Verfahren), Syrien (602 Verfahren), Irak (549 Verfahren) und Afghanistan (406 Verfahren). Erledigt wurden 7.676 Asylsachen und damit fast ein Viertel mehr als im Vorjahr (6.196 Verfahren). Zum Stichtag 31. Dezember 2022 waren noch 7.087 Asylverfahren unerledigt (Vorjahr: 8.757 Verfahren), wobei der größte Anteil Syrien (1.226 Verfahren), Türkei (995 Verfahren), Irak (761 Verfahren) und Georgien (652 Verfahren) betrifft. Weiterhin entfällt
ein erheblicher Anteil, nämlich gut 40 Prozent, aller am Verwaltungsgericht Berlin offenen Verfahren auf das Asylrecht. Eine Asylklage war im Durchschnitt binnen 26,9 Monaten erledigt (im Vorjahr betrug der Wert 25,4 Monate); ein vorläufiges Rechtsschutzverfahren dauerte im Mittel etwa einen
Monat.


Im Aufenthaltsrecht sind insgesamt 4.959 Streitsachen und damit gut 20 Prozent mehr Verfahren eingegangen als im Jahr 2021 (4.121 Verfahren). Davon betraf der weit überwiegende Teil (3.822 Verfahren) Personen, die mit einem Visum nach Deutschland einreisen wollen (Vorjahr: 2.814 Verfahren).
Die durchschnittliche Verfahrensdauer der erledigten Visaklagen betrug 11,3 Monate; ein vorläufiges Rechtsschutzverfahren auf Erteilung eines Visums dauerte im Durchschnitt 2,1 Monate. Der Bestand an anhängigen Visasachen hat sich gegenüber dem Vorjahr mit 3.109 Verfahren leicht erhöht (2021: 2.872 Verfahren).

Ausblick auf besonders interessante Verfahren im Jahr 2023

Im Laufe des Jahres 2023 werden voraussichtlich Entscheidungen u.a. in folgenden Verfahren von besonderem Interesse sein:


Umbenennung der Mohrenstraße in Berlin-Mitte
In mehreren Verfahren wenden sich Anwohner der Mohrenstraße in Berlin-Mitte gegen deren Umbenennung in Anton-Wilhelm-Arno-Straße durch das Bezirksamt Mitte. Zur Begründung führen sie unter anderem an, dass es kein öffentliches Interesse an der Umbenennung gebe bzw. dass das Bezirksamt bei der Ermessensausübung ihre privaten Interessen nicht ausreichend berücksichtigt habe.
(VG 1 K 85/22 u.a., Termin voraussichtlich im zweiten Quartal 2023)


Angaben zum sog. „Flügel“ der AfD im Verfassungsschutzbericht
Die AfD wendet sich gegen eine Darstellung im Verfassungsschutzbericht des Bundes 2019, wonach der sog. „Flügel“ ca. 7.000 Anhänger habe und ihm mindestens 20 % der AfD-Mitglieder zuzuordnen seien. Diese Angabe entbehre einer Tatsachengrundlage, weshalb es sich um reine Fantasiezahlen handele. Die beklagte Bundesrepublik Deutschland tritt dem entgegen und verweist darauf, dass die genannte Zahl eine zulässige Schätzung auf der Grundlage von Aussagen von Funktionären der AfD und des „Flügels“
selbst sei.
Das Verfahren ruhte zunächst mit Blick auf ein gleich gelagertes Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Köln. Nach dessen Abschluss haben die Beteiligten das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Berlin wieder aufgenommen. Die Klägerin hat angekündigt, die Klage ggf. im Hinblick auf den Verfassungsschutzbericht 2020 erweitern zu wollen, der gleichlautende Angaben zum „Flügel“ enthalte.
(VG 1 K 461/20, ein Termin steht noch nicht fest)

„Ruhendstellung“ des Büros von Bundeskanzler a.D. Schröder
Der Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder begehrt von der Bundesrepublik Deutschland, die „Ruhendstellung“ seines Büros aufzuheben und ihm das Büro mit der bisherigen Sach- und Stellenausstattung auch zukünftig zur Verfügung zu stellen.
(VG 2 K 238/22, Termin am 4. Mai 2023)


Informationszugang zu Unterlagen im Zusammenhang mit Bundeskanzler a.D. Schröder
In dem Verfahren VG 2 K 145/22 begehrt ein Verein Zugang zu Unterlagen des Bundeskanzleramts über Kontakte zwischen der Bundeskanzlerin a.D. Merkel und dem Bundeskanzler a.D. Schröder.
In dem Verfahren VG 2 K 291/22 begehrt der Kläger vom Bundeskanzleramt Zugang zu Unterlagen des Büros des Bundeskanzlers a.D. Schröder zur Zusammenarbeit mit Russland und zu Nord Stream 2.
In dem Verfahren VG 2 K 270/22 begehrt der Kläger vom „Büro des Bundeskanzlers a.D. Schröder“ Informationszugang zur Korrespondenz mit der Bundesregierung seit dem Jahr 2005.
(Termine stehen noch nicht fest)


Informationszugang zu Unterlagen betreffend Energie/Klima
In dem Verfahren VG 2 K 181/22 begehrt ein Journalist Einsicht in die Unterlagen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz zur Genehmigung und zum Bau der Erdgaspipeline Nord Stream 2.
In den Verfahren VG 2 K 136/22, VG 2 K 137/22 und VG 2 K 165/22 begehren die Kläger jeweils beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz Zugang zu Informationen über Treffen mit bestimmten Verbandsund Unternehmensvertretern. Die Beklagte hält den Antrag für unbestimmt und wendet u.a. ein, der Antrag sei Teil einer Kampagne, um die Bundesregierung zur Einführung eines Lobbyregisters zu veranlassen.
(Termine stehen noch nicht fest)


Bezirksstadtrat für die AfD
Die jeweilige Fraktion der AfD in den Bezirksverordnetenversammlungen Lichtenberg, Spandau bzw. Marzahn-Hellersdorf begehrt vom Land Berlin in drei Verfahren, dass ihr Kandidat als Bezirksstadtrat eingesetzt wird. Die dortigen Bezirksverordnetenversammlungen lehnten die Wahl der Stadtratskandidaten der AfD bisher ab.
(VG 2 K 334/22, VG 2 K 335/22 und VG 2 K 336/22, ein Termin steht noch nicht fest)

Quelle: Verwaltungsgericht Berlin, Pressemitteilung vom 2. Februar 2023

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