Das Schleswig-Holsteinische Landesverfassungsgericht hat gestern entschieden, dass zwei gegen die Gültigkeit der Landtagswahl 2022 gerichtete Wahlprüfungsbeschwerden unzulässig sind (Az. LVerfG 1/23 und LVerfG 2/23). Es hat die Beschwerden deshalb verworfen.

Der Beschwerdeführer im Verfahren LVerfG 1/23 ist der Ansicht, dass die im Landeswahlgesetz verankerte 5-Prozent-Sperrklausel den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl und den Grundsatz der Freiheit der Wahl verletzt. Es komme bei ihr zu dem Effekt eines „negativen Stimmengewichts“.

Diese Wahlprüfungsbeschwerde ist unzulässig, weil das Landesverfassungsgericht bereits im Oktober 2018 über eine gleichgelagerte Wahlprüfungsbeschwerde desselben Beschwerdeführers entschieden hat. Die Rechtskraft des damaligen Beschlusses verhindert, dass eine inhaltsgleiche Wahlprüfungsbeschwerde erneut eingelegt werden kann. Darin hatte das Gericht nämlich bereitsentschieden, dass die 5-Prozent-Sperrklausel nicht den Effekt des negativen Stimmgewichts auslösen kann. Der Beschwerdeführer hat auch keine neuen Tatsachen, eine neue Rechtslage oder neue Rechtsauffassungen vorgetragen, die das damalige Ergebnis in Zweifel ziehen.

Die Beschwerdeführerin im Verfahren LVerfG 2/23 hat geltend gemacht, dass bei der Landtagswahl vom 8. Mai 2022 nicht gewährleistet gewesen sei, dass Bürgerinnen und Bürger, die die Auszählung der Stimmen im Wahlraum beobachten wollten, die Kreuze auf den Wahlzetteln hätten sehen und dieSortierung der Wahlzettel hätten nachvollziehen können. Es liege zudem ein Hinweis auf Wahlmanipulation vor, weil die Ergebnisse der Landtagswahl für die Partei Alternative für Deutschland (AfD) von Wahlumfragen vor der Wahl abgewichen seien.

Diese Wahlprüfungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht innerhalb der im Landeswahlgesetz vorgesehenen zweiwöchigen Frist erhoben wurde. Diese Frist zur Erhebung der Wahlprüfungsbeschwerde ist auch verfassungsgemäß. Sie dient dem Interesse an einer zügigen Beendigung des Wahlverfahrens und der Legitimität des amtierenden Parlaments. Die Frist von zwei Wochen zur Einlegung der Beschwerde ist auch nicht zu kurz bemessen. Eine Beschwerdeführerin oder ein Beschwerdeführer kann innerhalb dieser Frist die Gründe aus dem vorangegangenen Ablehnungsbeschluss des Landtags zur Kenntnis nehmen und sich dazu entscheiden kann, Beschwerde hiergegen zu erheben.

Allerdings hat das Landesverfassungsgericht in seinem Beschluss darauf hingewiesen, dass die zweiwöchige Frist zur Begründung der Wahlprüfungsbeschwerde – die im vorliegenden Verfahren aufgrund der bereits nicht fristgemäßen Einlegung keine Rolle spielte – verfassungswidrig sein dürfte. Angesichts der inhaltlichen Anforderungen an eine solche Begründung, mit der ein Wahlfehler und dessen Relevanz für das Wahlergebnis ausreichend dargelegt werden müssen, erscheint diese Frist zu kurz. Das Landesverfassungsgericht hat deshalb in seinem Beschluss eine entsprechende Gesetzesänderung angeregt.

(c) LVerfG S-H, 14.07.2023

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