Das Schleswig-Holsteinische Landesverfassungsgericht hat mit heute den Beteiligten zugestelltem Urteil den Widerspruch der Landtagsfraktionen von FDP und SSW gegen die Ablehnung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen. Mit dem Eilantrag wollten die Antragstellerinnen die vorläufige Aussetzung der gesetzlichen Anhebung der Fraktionsmindestgröße in größeren Kommunalverwaltungen erreichen. Damit ist der Eilantrag endgültig gescheitert.

Den Antragstellerinnen ist es auch in der Begründung ihres Widerspruchs und im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 9. Juni 2023 nicht gelungen, in einer den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Weise darzulegen, dass für den Fall des weiteren Vollzugs der nunmehr höheren gesetzlichen Fraktionsmindestgröße besonders schwere Nachteile drohen, die die Nachteile im Falle einer Aussetzung der Regelungen überwiegen. Dabei ist jeweils nur der Zeitraum bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu betrachten.

Bei dieser Folgenabwägung ist zu berücksichtigen, dass die Privilegierung von Fraktionen gegenüber fraktionslosen Abgeordneten nicht Folge der jetzigen gesetzlichen Anhebung der Fraktionsmindestgröße ist, sondern sich bereits aus der Anerkennung von Fraktionen überhaupt und der Einräumung besonderer Rechte an diese ergibt. Die jetzige Anhebung der Fraktionsmindestgröße schafft – unabhängig von der Frage ihrer Verfassungsmäßigkeit – jedenfalls keine weitergehenden Vorteile für Fraktionen, sondern macht den Zugang zu diesen besonderen Rechten jetzt davon abhängig, dass sich nicht nur zwei, sondern drei Vertreterinnen bzw. Vertreter zur Bildung einer Fraktion zusammenfinden müssen. Die von den Antragstellerinnen befürchteten Nachteile für fraktionslose Vertreterinnen und Vertreter für den Fall des weiteren Vollzugs des Gesetzes bestanden unverändert schon unter der vorherigen Regelung. Die Neuregelung sorgt nur dafür, dass es in gewissem Umfang mehr fraktionslose Abgeordnete geben kann.

Auch schränkt die Anhebung der Fraktionsmindestgröße die Rechte der einzelnen (fraktionslosen) Vertretungsmitglieder nicht ein. Ihr Stimmgewicht in der jeweiligen Vertretung wird nicht vermindert. Ihnen bleiben die für einzelne bzw. fraktionslose Vertretungsmitglieder in der Gemeinde- und der Kreisordnung vorgesehen Rechte unverändert erhalten.

Eine Entscheidung über die gegen die Anhebung der Fraktionsmindestgröße und weitere Vorschriften des Gesetzes zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften vom 23. März 2023 gerichteten Hauptsacheanträge im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle und damit über deren Verfassungsmäßigkeit steht noch aus. Ein konkreter Zeitpunkt für die Entscheidung ist derzeit nicht absehbar.

(c) LVerfG Schleswig-Holstein, 30.06.2023

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