
Ein über das Rückmeldeformular des Landes erklärter Verzicht auf gewährte NRW-Soforthilfen 2020 ist wirksam. Dies hat das Oberverwaltungsgericht in zwei heute verkündeten Urteilen entschieden.
Die Kläger hatten Ende März 2020 jeweils zur Milderung pandemiebedingter Notlagen ihres Unternehmens, insbesondere zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen, NRW-Soforthilfen 2020 für drei Monate erhalten. Sie waren im Jahr 2021 um Rückmeldung über den Liquiditätsengpass im Bewilligungszeitraum gebeten worden. Hierfür hatten sie ein elektronisches Formular erhalten, auf dem unter der Überschrift „Verzicht auf die NRW-Soforthilfe 2020“ unter anderem auch angekreuzt werden konnte:
„Im Förderzeitraum hatte ich keinen Liquiditätsengpass im Sinne der Förderbedingungen und erkläre deshalb unwiderruflich, dass ich die mit dem Bewilligungsbescheid gewährte Soforthilfe (einschließlich fiktivem Unternehmerlohn) nicht in Anspruch nehme. Die Förderpauschale habe ich bereits vollständig zurücküberwiesen oder werde sie noch vollständig zurückzahlen.
(Wenn Sie diese Option wählen, sind keine Angaben zu Ihren Einnahmen und Ausgaben erforderlich und die betreffenden Eingabefelder werden ausgeblendet.)“
Die Kläger, die diese Erklärung angekreuzt hatten, wandten sich gegen im Wesentlichen gleichlautende Feststellungs- und Erstattungsbescheide der Bezirksregierungen Arnsberg und Düsseldorf, wonach ihr Bewilligungsbescheid wegen ihres Verzichts keine Rechtswirkungen mehr entfalte und sie den ausgezahlten Betrag zurückzuzahlen hätten. Nachdem diese Bescheide vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen aufgehoben worden waren, hat das Oberverwaltungsgericht die erstinstanzlichen Urteile geändert und die Klagen abgewiesen.
In der mündlichen Urteilsbegründung hat der Vorsitzende des 4. Senats des Oberverwaltungsgerichts ausgeführt:
Nach dem eindeutigen Wortlaut der in beiden Verfahren abgegebenen Verzichtserklärung und ihrem erkennbaren Sinn und Zweck haben die Kläger unmissverständlich angegeben, sie hätten im Förderzeitraum keinen Liquiditätsengpass im Sinne der Förderbedingungen gehabt und deshalb unwiderruflich erklärt, dass sie die mit dem Bewilligungsbescheid gewährte Soforthilfe (einschließlich fiktivem Unternehmerlohn) nicht in Anspruch nähmen. Dass sich die Kläger der Folgen dieser Erklärung bewusst waren, haben sie ausdrücklich durch Ankreuzen einer entsprechenden gesonderten Erklärung bestätigt.
Unklarheiten oder Missverständlichkeiten folgten nicht daraus, dass die Kläger mit der vorformulierten Erklärung als untrennbar mit dem Verzicht verbundene Begründung hierfür angegeben haben, im Förderzeitraum keinen Liquiditätsengpass im Sinne der Förderbedingungen gehabt zu haben. Diese Begründung nahm auf die Förderbedingungen Bezug, die jedem Soforthilfeempfänger aus dem Bewilligungsbescheid als Grundlage der Förderung bekannt waren und durch Auslegung ermittelt werden konnten, auch wenn über die konkrete Berechnung nach den Förderbedingungen seinerzeit noch unterschiedliche Vorstellungen vorherrschten. Die vom Verwaltungsgericht angenommene Suggestion, der Verzicht müsse bei fehlendem Liquiditätsengpass im Sinne der Berechnungsweise des Rückmelde-Formulars zwingend oder unter dem Druck der Strafbarkeit falscher Angaben gar ausweglos abgegeben werden, ist dem nicht zu entnehmen. Für alle Erklärenden war der Verzicht klar erkennbar nur eine Rückmeldeoption, die ausgewählt werden konnte, aber nicht musste. Auf die Erklärenden wurde auch kein Druck gerade dahin ausgeübt, durch einen Verzicht von der grundsätzlich im Rahmen der Rückmeldung erbetenen Angabe von Einnahmen und Ausgaben abzusehen. Das in erster Linie erbetene Ausfüllen der gegenüber dem Inhalt des Bewilligungsbescheids vereinfachenden Berechnungshilfe im Rückmelde-Formular wirkte vielmehr sogar teilweise begünstigend, weil darin zur Auswahl gestellt war, unabhängig von einer entstandenen Notlage oder einem Liquiditätsengpass einen (fiktiven) Unternehmerlohn in Höhe von 2.000 Euro in Anspruch zu nehmen. Dass sich die optionale Verzichtserklärung auch hierauf bezog, war darin gleichfalls unmissverständlich klargestellt.
Ein Zwang oder Druck gerade dazu, die als optional hervorgehobene Verzichtserklärung abzugeben, folgte nicht einmal mittelbar daraus, dass im Formular keine Möglichkeit eröffnet worden war anzugeben, in welchem Umfang die gewährten Mittel zweckentsprechend verwendet worden waren. Eine Verzichtsoption im Rückmelde-Formular zu eröffnen, war auf der Grundlage des Bewilligungsbescheids konsequent und keineswegs treuwidrig, überraschend oder gar strukturell benachteiligend im hoheitlichen Über- und Unterordnungsverhältnis. Eine Möglichkeit zur unbürokratischen Rückzahlung freiwillig gewährter und in Anspruch genommener staatlicher Soforthilfen, die nicht im Rahmen der Zweckbindung benötigt worden waren, war bereits im Bewilligungsbescheid jedem Soforthilfeempfänger als Option vor Augen geführt worden. Eine solche Möglichkeit eröffnete auch das Rückmelde-Formular mit der Verzichtsoption. Die Hinweise des Landes auf die Strafbarkeit falscher Angaben im Subventionsverhältnis auch bei Abgabe des Verwendungsnachweises erzeugten keinen rechtlich zu missbilligenden Druck. Sie waren gesetzlich vorgesehen und sicherten den rechtmäßigen Einsatz staatlicher Zuwendungen rechtlich ab.
Der Senat hat die Revision jeweils nicht zugelassen. Dagegen kann Nichtzulassungsbeschwerde erhoben werden, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.
Aktenzeichen: 4 A 2928/24 und 4 A 2929/24 (I. Instanz: VG Gelsenkirchen, 19 K 3380/24 und 19 K 5722/23)
OVG NRW, 16.05.2025