Bayerns Spezial-Staatsanwaltschaften haben im vergangenen Jahr 3.115 Verfahren wegen Hate Speech im Internet neu eingeleitet. Justizminister Georg Eisenreich: „Mit einem Plus von 28 % gegenüber dem Vorjahr ist das ein neuer Höchststand. Hass und Hetze sind eine Gefahr für unsere Demokratie. Die Angriffe sind besonders häufig fremdenfeindlich oder antisemitisch motiviert. Die Zahlen zeigen aber auch: Die bayerische Justiz führt den Kampf gegen strafbaren Hass und Hetze konsequent.“

Minister Eisenreich hat bereits zum 1. Januar 2020 Deutschlands ersten Hate-Speech-Beauftragten zentral für die bayerische Justiz bestellt und Sonderdezernate bei allen 22 Staatsanwaltschaften Bayerns im Kampf gegen Hass und Hetze eingesetzt.

Die Täter-Bilanz im Jahr 2023:

  • Wie viele Verfahren? Von den 3.115 neu eingeleiteten Verfahren wurden 2.657 gegen bekannte Täter (+ 40 %) und 458 Verfahren gegen Unbekannt (- 14 %) geführt.
  • Wo? Im Bezirk der Generalstaatsanwaltschaft München waren es 1.664 Verfahren gegen bekannte Täter und 319 gegen Unbekannt. Im Bezirk der Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg waren es 613 Verfahren gegen bekannte, 85 gegen unbekannte Täter sowie bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg 380 gegen bekannte, 54 gegen unbekannte Täter.
  • Wie viele Anklagen und Strafbefehle? In insgesamt 728 Verfahren wurde öffentlich Klage erhoben, im Vorjahr waren es 488 Verfahren. In 567 Verfahren erging 2023 eine Verurteilung oder ein Strafbefehl. Davon sind 411 Verfahren bereits rechtskräftig abgeschlossen (151 mehr als im Vorjahr).
  • Welche Strafen drohen? Eisenreich warnt: „Selbst bei Ersttätern ist eine Freiheitsstrafe möglich. Außerdem drohen empfindliche Geldstrafen – bei Volksverhetzung beispielsweise mindestens drei Monatsgehälter plus Eintrag ins Führungszeugnis.“

Woher kommt der Hass?

Hass und Hetze können jeden treffen – Minderheiten, andersdenkende oder andersgläubige Menschen. Von den Verfahren waren 568 fremdenfeindlich (2022: 401 Verfahren; +42 %), 481 antisemitisch (2022: 387 Verfahren; +24 %). In 112 Verfahren wurden die Opfer wegen ihrer sexuellen Orientierung oder sexuellen Identität angegriffen, im Vorjahr 38 (+ 195 %). 78 Verfahren waren islamfeindlich (2022: 41 Verfahren; +90 %), 64 behindertenfeindlich (2022: 64 Verfahren) und 10 christenfeindlich (2022: 3; + 233 %)motiviert.

Wie oft trifft es Frauen?

Die bayerische Justiz erfasst strafbare Hate Speech gegen Frauen gesondert. In 376 Verfahren waren die Geschädigten im Jahr 2023 weiblich, im Vorjahr waren es 214 (+ 76 %). 61 Verfahren wurden wegen frauenfeindlicher Hate Speech geführt (2022: 44; + 61 %). Beim bundesweiten Aktionstag zur Bekämpfung von Frauenfeindlichkeit im Internet haben Ermittlerinnen und Ermittler heute (7. März) bayernweit Wohnungen durchsucht. Sie ermitteln gegen acht Männer und zwei Frauen, im Alter von 24 bis 68 Jahren. Bei einem Großteil der Taten handelte es sich um Beleidigungen und Volksverhetzungen gegen Politikerinnen. Eisenreich: „Prominente Frauen, Journalistinnen, Politikerinnen oder andere Frauen, die sich öffentlich engagieren, werden allein wegen ihres Geschlechts Opfer sexualisierter Beleidigungen im Internet. Das ist erniedrigend und beschämend. Wir nehmen den Schutz von Mädchen und Frauen sehr ernst. Beim heutigen Aktionstag haben Polizei und Justiz in Bayern ein deutliches Signal gegen frauenfeindliche Hetze gesetzt.“

Wie ist die Entwicklung?

Minister Eisenreich: „Der Terror-Angriff der Hamas auf Israel im vergangenen Oktober und der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine haben Hass und Hetze noch einmal neuen Nährboden gegeben. Ich wünsche mir, dass möglichst viele in der Gesellschaft Hass offen widersprechen – sei es am Stammtisch, in der Arbeit, am Gartenzaun oder im Internet. Ich möchte alle Opfer von Hasskriminalität ermutigen: Die Justiz lässt Sie nicht allein. Zeigen Sie die Täter an!“

An der Spitze der Ermittler steht der Hate-Speech-Beauftragte der bayerischen Justiz, der seinen Sitz bei der Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) in der Münchner Generalstaatsanwaltschaft hat. Eisenreich verabschiedete Staatsanwältin Teresa Ott aus ihrem Amt und führte Staatsanwalt als Gruppenleiter David Beck als neuen Hate-Speech-Beauftragten ein. Der Minister bedankte sich bei Staatsanwältin Ott für ihre Verdienste: „Bayerns Erfolge im Kampf gegen Hass und Hetze im Netz sind unseren Ermittlerinnen und Ermittlern zu verdanken. Ihr Einsatz als Hate-Speech-Beauftragte hat hierzu einen wesentlichen Beitrag geleistet. Herzlichen Dank für all das, was Sie und Ihre Kollegen in den vergangenen Jahren für die Justiz geleistet haben. Für die Zukunft wünsche ich Ihnen alles Gute.“ Ihrem Nachfolger David Beck wünschte Eisenreich einen guten Start: „Schon bei der Staatsanwaltschaft Kempten haben Sie sich mit großer Tatkraft dem Kampf gegen Hass und Hetze gewidmet und konnten wertvolle Erfahrungen sammeln. Für Ihre neuen Aufgaben wünsche ich Ihnen alles Gute.“

Hintergrund:

Wo kann ich Hate Speech anzeigen?

Zur effektiven Bekämpfung von Hate Speech hat das bayerische Justizministerium spezielle Online-Meldeverfahren für Online-Straftaten mit verschiedenen Kooperationspartnern eingerichtet.

  • Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM). Mit der BLM wurde am 21. Oktober 2019 das Projekt „Justiz und Medien – konsequent gegen Hass“ ins Leben gerufen. Das Motto: „Erst anzeigen, dann löschen.“ Bereits 120 Medienunternehmen unterstützen die Initiative aktuell, 86 nehmen aktiv teil. Der Justizminister: „Vom Projektstart bis zum 1. Februar dieses Jahres gingen mehr als 1.000 Prüfbitten bei der Kooperation ein, die zu 226 Klageerhebungen und 149 rechtskräftigen Verurteilungen führten. Die Aufklärungsquote liegt bei etwa 90 %.“
  • Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker sowie Abgeordnete des Landtages, des Bundestages und des Europaparlaments: Sie können seit 11. September 2020 in einem Online-Meldeverfahren schnell und einfach Anzeigen und Prüfbitten an die Generalstaatsanwaltschaft München übermitteln. Bis zum 1. Februar 2024 haben insgesamt 183 Amts- und Mandatsträger einen Zugang zum Verfahren erhalten.
  • Für Online-Straftaten mit antisemitischem Hintergrund wurde 2021 ein Meldeverfahren bei der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Bayern (RIAS Bayern) eingerichtet.
  • Mit der Münchner Fachstelle „Strong!“ kooperiert die Justiz seit Oktober 2022. Betroffene von queerfeindlicher Hate Speech erreichen das Meldeverfahren über www.strong-community.de.
  • Eine weitere Meldemöglichkeit besteht im Rahmen der gemeinsamen Kooperation des Justizministeriums sowie des Innen- und Sozialministeriums mit dem Sozialministerium Baden-Württemberg bei der baden-württembergischen Meldestelle „REspect!“. Unter www.meldestelle-respect.de können Betroffene Hate Speech einfach online anzeigen und eine Beratung erhalten. Im Jahr 2023 gingen insgesamt mehr als 10.000 Meldungen mit Bezug zu Bayern ein.
  • Den Bürgerinnen und Bürgern in Bayern stehen Links und Informationen zu allen Angeboten der Staatsregierung rund um das Thema Hate Speech zur Verfügung unter www.bayern-gegen-hass.de.

(c) StMJ, 07.03.2024

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