Die Zahl der asylrechtlichen Verfahren an den Niedersächsischen Verwaltungsgerichten ist von 2023 auf 2024 um über 34 % gestiegen und hat sich in den ersten fünf Monaten 2025 nochmals dramatisch um 147 % erhöht. Dies führt zu einer massiven Überlastung der Gerichte, steigenden Verfahrensbeständen und längeren Verfahrenslaufzeiten, obwohl die Mitarbeiter die durchschnittliche Dauer der Verfahren zuletzt reduzieren konnten. Der Präsident des Oberverwaltungsgerichts warnt vor einer weiteren Eskalation ohne zusätzliche personelle Verstärkung und kritisiert die Gefahr einer weiteren Klagewelle durch ungeklärte Beamtenbesoldungsfragen.

Nachdem sich die Zahl  der Eingänge asylrechtlicher Verfahren an den Niedersächsischen Verwaltungsgerichten in 2024 gegenüber dem Vorjahr bereits massiv um 34,37 % erhöht  hatte, beträgt die Steigerung in den ersten fünf Monaten des Jahres 2025 im  Vergleich zu den entsprechenden Monaten des Geschäftsberichtszeitraums nicht  mehr zu bewältigende 147,40 % bei den Asylstreitigkeiten und 110,15 % bei den  allgemeinen Verfahren. 

Dem heute  veröffentlichten Geschäftsbericht des Präsidenten des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts Dr. Frank-Thomas Hett über die Geschäftslage der  niedersächsischen Verwaltungsgerichtsbarkeit im Jahr 2024 lässt sich eine erhebliche  Zunahme der Eingänge asylrechtlicher Klage- und Eilverfahren von 9.573 in 2023 auf  12.863 im Berichtsjahr entnehmen. Ihr Anteil an den Gesamteingängen hat sich  damit weiter von bereits mehr als 40 % auf über 50 % erhöht und entspricht  damit wieder in etwa dem Jahr 2016, und dies, obwohl die allgemeinen Verfahren  2024 mit mehr als 10 % ebenfalls deutlich zugenommen haben. Dementsprechend  wurde auch der bereits gelungene Abbau der Bestände an asylrechtlichen  Verfahren über die vergangenen Jahre in 2024 nicht nur gestoppt, sondern ihre  Zahl hat sich wieder von 9.874 auf 11.992 erhöht; auch die Bestände allgemeiner  Verfahren haben wieder zugenommen. Dass dies eine zwangsläufige Folge des  Verhältnisses der neu eingehenden Verfahren zu den vorhandenen personellen  Ressourcen ist, liegt auf der Hand. Dennoch ist es den Kolleginnen und Kollegen  unter diesen Umständen mit ihrem erheblichen Engagement gelungen, die  Verfahrenslaufzeiten asylrechtlicher Klageverfahren von 21,8 auf 16,5 Monate zu  verringern.

Bei der gegebenen  Steigerung der Eingänge an den Verwaltungsgerichten in den ersten fünf Monaten  des Jahres 2025 um bislang insgesamt 127,07 %, d. h. bei den allgemeinen  Verfahren von 4.522 auf 9.503 und bei den asylrechtlichen Verfahren von 3.764  auf 9.312 wird eine Bewältigung allein der neu eingehenden Streitigkeiten mit  dem vorhandenen, bereits seit mehr als einem Jahrzehnt dauerüberbelasteten Personalbestand bei Weitem nicht zu schaffen sein. Daraus wird sich dann zwangsläufig  auch ein weiteres deutliches Anwachsen der Bestände ergeben, die sich seit Ende  Dezember 2024 bis Mai 2025 um mehr als 7.000 Verfahren auf 32.131 erhöht haben.  Der Gesamtbestand entspricht daher bereits jetzt wieder dem Höchststand der  vergangenen Jahre in 2018. Eine weitere Verringerung der Laufzeiten  erstinstanzlicher asylrechtlicher Klageverfahren in Niedersachsen, insbesondere  auf die politisch gewünschten sechs Monate, erscheint angesichts dieser  heftigen Zunahme der Eingänge bei den Verwaltungsgerichten utopisch.

Der Präsident des  Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts Dr. Frank-Thomas Hett zeigt sich  insoweit besorgt: „Die dramatische Entwicklung in diesem Jahr bei den  Eingangszahlen stellt eine außerordentliche Belastung für alle Kolleginnen und  Kollegen dar. Die anhaltend hohe Belastungssituation hat leider auch Auswirkungen auf den Gesundheitszustand der Beschäftigten. Ich bin sehr  dankbar, dass wir uns in Abstimmung mit dem Justizministerium personell weiter  verstärken können. Allerdings reicht dies noch nicht aus. Wir brauchen noch weiteres  Personal, damit unsere großen Bestände zeitnah abgebaut werden können.“ Sehr  kritisch verfolgt Dr. Hett die aktuelle politische Diskussion um die  Beamtenbesoldung der Jahre 2023 und 2024. „Wenn tatsächlich 62.000 Widersprüche  vom Finanzministerium in Hannover entschieden würden, müssten wir mit einer  weiteren Klagewelle vor den Verwaltungsgerichten rechnen. Ich appelliere daher  an alle Verantwortlichen, einen Weg zu finden, der eine zusätzliche Klagewelle  vor den Gerichten vermeidet.“ 

Am  Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht hat sich im Geschäftsberichtsjahr 2024  die Zahl der sehr umfangreichen und komplexen Verfahren, in denen eine  erstinstanzliche Zuständigkeit besteht, gegenüber dem Vorjahr wieder deutlich  erhöht. Die bei den Verwaltungsgerichten erheblich gestiegenen Eingänge neuer Verfahren haben das Oberverwaltungsgericht als Berufungs- und Beschwerdegericht  hingegen erwartungsgemäß noch nicht erreicht. So konnte der dortige  Gesamtbestand der anhängigen Verfahren weiter spürbar um 15,1 % reduziert  werden.

Einzelheiten zur  Geschäftslage im Jahr 2024 können dem beigefügten Geschäftsbericht   entnommen  werden, der auch auf der Internetseite des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts  abgerufen werden kann. Dieser bietet zudem einen Überblick über die  Entscheidungen des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts, die im  vergangenen Jahr eine besondere öffentliche Resonanz erfahren hatten.

OVG Niedersachsen, 02.07.2025

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