Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat entschieden, dass Zulassungsstellen bei US-Importfahrzeugen den 1. Juli des Baujahres als fiktives Erstzulassungsdatum eintragen dürfen, wenn das tatsächliche Datum unbekannt ist (Urt. v. 20.06.2025, Az. 14 K 120/24). Grundlage ist eine bundeseinheitliche Verwaltungsvorschrift, die eine rechtssichere und gleichmäßige Zulassungspraxis gewährleisten soll. Die wirtschaftlichen Interessen der Klägerin müssen laut Gericht hinter diesem öffentlichen Interesse zurücktreten.

Ist bei US-Importfahrzeugen das Erstzulassungsdatum unbekannt, darf die Zulassungsstelle den 1. Juli des Baujahres als Datum der Erstzulassung in die Fahrzeugpapiere eintragen. Dies hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen mit Urteil vom 20. Juni 2025 entschieden.

Die Klägerin, ein Autohaus aus Essen, hat sich auf den Import gebrauchter Sportwagen aus US-Produktion spezialisiert. Sie klagte, weil die Zulassungsstelle in die Fahrzeugpapiere nicht das von dem Sachverständigen in seinem Gutachten zur Zulassung des Fahrzeugs angenommene Datum der Erstzulassung eingetragen hat, sondern den 1. Juli des Baujahres. Dieses war das Vorjahr des gutachterlich angenommenen Zulassungsjahres. Lediglich unter „Bemerkungen“ in den Zulassungsbescheinigungen ist der Herstellungsmonat des Fahrzeugs erwähnt, der zeitlich nach dem 1. Juli im Baujahr liegt.

Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Die Zulassungsstelle durfte von der Einschätzung des Sachverständigen abweichen und auf die von dem Kraftfahrtbundesamt in Abstimmung mit den Bundesländern herausgegebene Verwaltungsvorschrift „Leitfaden zur Ausfüllung der Zulassungsbescheinigung Teil I und Teil II“ abstellen. Der Leitfaden soll eine bundesweit gleichmäßige Zulassungspraxis sicherstellen. Danach trägt die Zulassungsstelle den 1. Juli des Baujahres ein, wenn dieses bekannt ist, aber der Zeitpunkt der Erstzulassung nicht. Das Sachverständigengutachten für die Fahrzeugzulassung stellt die technische Beschreibung des Fahrzeugs fest. Das Erstzulassungsdatum ist kein Teil der technischen Beschreibung. Die Zulassungsstelle hat den Leitfaden bei Eintragung des fiktiven Zulassungsdatums rechtmäßig angewendet. Ist das Erstzulassungsdatum eines Importfahrzeugs unbekannt, ist das fiktive Datum nach den Vorgaben im Leitfaden einzutragen. Das Herstellungsdatum bietet keinen verlässlichen Anhaltspunkt für das Erstzulassungsdatum. Weltweit kommt es vor, dass Fahrzeuge zwischen Herstellung und Zulassung erhebliche Zeiträume im Lager des Herstellers oder des Händlers stehen. Bei Annahme eines fiktiven Datums liegt es in der Natur der Sache, dass dieses Datum nur zufällig den tatsächlichen Tag der Zulassung treffen kann. In solchen Fällen grundsätzlich die Mitte des Baujahres als fiktives Erstzulassungsdatum zu Grunde zu legen, ist nicht zu beanstanden. Dies gewährleistet eine Gleichbehandlung in allen gleichgelagerten Sachverhalten. Zur Sicherung der verlässlich bundesweit einheitlichen Zulassungspraxis ist der Umstand hinzunehmen, dass das fiktive Datum unter Umständen in Einzelfällen aufgrund anderer Indizien als unwahrscheinlich oder sogar mit Sicherheit unzutreffend anzusehen ist.

Die zu erkennenden wirtschaftlichen Interessen der Klägerin an einem möglichst „späten“ Erstzulassungsdatum müssen hinter das mit der Verwaltungsvorschrift verfolgte Interesse der Allgemeinheit an einer rechtssicheren, gleichmäßigen und praktikablen Verwaltungspraxis zurücktreten. Die Klägerin kann Kunden, sofern ihnen der Umstand nicht ohnehin bekannt ist, auf den fiktiven Charakter des eingetragenen Erstzulassungsdatums hinweisen und dies erläutern. Hierzu kann sie auf die eingetragenen Bemerkungen der Zulassungsstelle zurückgreifen.

In zwei von drei Fällen, die Gegenstand der Klage waren, hat die Zulassungsstelle die Fahrzeugpapiere im Nachhinein problemlos abgeändert, als die Klägerin Nachweise über das tatsächliche Datum der Erstzulassung in den USA vorlegen konnte.

Das Urteil ist noch nicht rechtkräftig. Die Klägerin kann bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen die Zulassung der Berufung beantragen.

Aktenzeichen: 14 K 120/24

VG Gelsenkirchen, 24.06.2025

Cookie Consent mit Real Cookie Banner