Der 5. Strafsenat – Staatsschutzsenat – des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG) hat heute den 28-jährigen Deard M. der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland in 12 Fällen jeweils in Tateinheit mit der Zuwiderhandlung gegen das Bereitstellungsverbot einer unionsrechtlichen Embargoverordnung schuldig gesprochen und zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 4 Monaten verurteilt.

In der an 12 Tagen durchgeführten Hauptverhandlung hat der Senat gemäß der mündlichen Urteilsbegründung folgendes festgestellt:

Die Eltern des Angeklagten stammten aus der Republik Kosovo und immigrierten Ende der 1980-iger Jahre nach Deutschland. Im Alter von 15 Jahren wurde der Angeklagte erstmals straffällig. 2016 wurde er dann erstmals zu einer Jugendstrafe von 2 Jahren und 10 Monaten verurteilt. Eine weitere Verurteilung zu einer Jugendstrafe von 3 Jahren und 2 Monaten, wobei die vorgenannte Strafe einbezogen wurde, folgte im September 2017.

Während der Haft entwickelte der Angeklagte, der von seinen Eltern westlich geprägt worden war, ein gesteigertes Interesse am Islam, das noch während der Haft zu Radikalisierungstendenzen bei dem Angeklagten führte. Spätestens nach seiner Haftentlassung befasste sich der Angeklagte zunehmend intensiver mit islamistisch-salafistischen Inhalten und entwickelte spätestens im Frühjahr 2020 ein jihadistisches Glaubensverständnis, wobei er insbesondere die Ideologie der terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ (im Folgenden: „IS“) guthieß und selbst vertrat. Dementsprechend befasste sich der Angeklagte im Internet intensiv mit der Propaganda des „IS“, indem er unter anderem Telegram-Kanälen beitrat, in denen die Ideologie des „IS“ propagiert wurde, Predigten von jihadistischen Gelehrten geteilt und Videodateien und Online-Magazine von „IS“-Medienstellen verbreitet wurden. Auch legte er sich eine sogenannte Kunya zu, d.h. eine Art Kampfnamen, wie ihn sich Kämpfer des „IS“ üblicherweise geben und nutzte diesen in sozialen Medien.

Schließlich folgte der Angeklagte auch mehreren von „IS“-Mitgliedern eingerichteten Telegram-Kanälen, in denen Informationen zur Lage der in den nordsyrischen Camps al-Hawl und Roj internierten Frauen und Kinder früherer „IS“-Kämpfer geteilt wurden. Auf manchen Telegram-Kanälen, nämlich unter anderem den Kanälen „Unsere Schwestern“, „Deine Schwester im Camp“ und „A Rose in Sham“ wurden Spendensammlungen organisiert und koordiniert, um „IS“-Mitglieder in den nordsyrischen Camps oder Haftanstalten freizukaufen bzw. finanziell zu unterstützen und dadurch die Strukturen des „IS“ zu stärken und den Fortbestand der Vereinigung zu sichern. Diese Spendenaufrufe nahm der Angeklagte entweder selbst auf den vorgenannten Telegram-Kanälen zur Kenntnis oder sie wurden ihm von anderen Nutzern weitergeleitet. In den Kreisen, in denen sich der Angeklagte bewegte, war offensichtlich, dass diese Spenden allein dem „IS“ zugehörigen Frauen und deren Kindern zugutekommen sollten. Mit den Spendenaufrufen wurden die Zahlungsmöglichkeiten mitgeteilt und die derart generierten Gelder wurden von Deutschland aus über Finanztransferdienstleister oder Finanzagenten in die Türkei und von dort an in Syrien agierende „IS“-Mitglieder geleitet, die das Geld vor Ort verteilten.

In der Absicht, dass das von ihm überwiesene Geld jeweils der terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ und deren Mitgliedern zugutekommen sollte, überwies der Angeklagte in der Zeit vom 15. Mai 2020 bis zum 10. August 2021 in insgesamt 12 Fällen einen Gesamtbetrag in Höhe 4.189,50 € in das oben beschriebene Spendennetzwerk.

Nach dem verfahrensgegenständlichen Tatzeitraum schloss der Angeklagte im Oktober oder November 2021 die Ehe nach islamischem Ritus mit einer Frau, die zu diesem Zeitpunkt in Mauretanien lebte. Ab Juli 2022 lebte der Angeklagte zunächst in der Türkei und ab April 2023 überwiegend in Mauretanien. Als sich der Angeklagte erneut zur Erledigung von Formalitäten in Deutschland befand, wurde er am 13. Juni 2024 festgenommen und befindet sich seitdem ununterbrochen aufgrund Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main in Untersuchungshaft. Der Senat hat die Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet.

Bei der Strafzumessung hat der Senat zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass die Taten nahezu 4 Jahre zurückliegen und er die Begehung der Taten in objektiver Hinsicht vollumfänglich und in subjektiver Hinsicht zumindest teilweise eingeräumt hat. Zudem hat sich strafmildernd ausgewirkt, dass das von dem Angeklagten gespendete Geld „IS“-Mitgliedern zugutekommen sollte, die tatsächlich schwierigen humanitären Bedingungen in den nordsyrischen Internierungslagern ausgesetzt sind. Strafschärfend hat sich jedoch ausgewirkt, dass der Angeklagte bereits erheblich – wenngleich nicht einschlägig – vorbestraft ist und sämtliche 12 Taten während laufender Bewährung begangen hat. Zu Lasten des Angeklagten hat der Senat zudem den verhältnismäßig langen Tatzeitraum, die Anzahl der Taten, den im Vergleich zu seiner Einkommens- und Vermögenssituation relativ hohen Unterstützungsbetrag und die Gefährlichkeit der terroristischen Vereinigung „IS“ gewertet.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Angeklagte, sein Verteidiger und die Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main können Revision einlegen, über die der Bundesgerichtshof zu entscheiden hätte.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 21.5.2025, Az. 5 St 2/24

OLG Frankfurt am Main, 21.05.2025

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