Berlin, 13. Oktober 2025 (JPD) – Deutschland befindet sich nach Einschätzung der Leiter der drei Bundesnachrichtendienste in einem „Zwischenzustand zwischen Krieg und Frieden“. Bei einer öffentlichen Anhörung vor dem Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr) des Bundestags warnten die Präsidentinnen und Präsidenten von BND, BfV und MAD vor einer anhaltenden und zunehmenden Bedrohung durch Russland. Dessen Handeln ziele darauf ab, die NATO zu schwächen, Demokratien in Europa zu destabilisieren und die gesellschaftliche Stabilität gezielt zu untergraben.

Nachrichtendienste sehen wachsende Bedrohung durch Russland

BND-Präsident Martin Jäger betonte, Russland strebe eine Ausweitung seiner Einflusszone nach Westen an und wolle Europa in wirtschaftliche Abhängigkeit bringen. Um dieses Ziel zu erreichen, scheue Moskau notfalls auch eine militärische Auseinandersetzung mit der NATO nicht. Das Vorgehen Russlands zeige, dass sich die Grenze zwischen Frieden und Krieg zunehmend auflöse. „In Europa herrscht bestenfalls ein eisiger Friede“, so Jäger. Deutschland müsse sich daher auf weitere Eskalationen vorbereiten.

Zur effektiven Gefahrenabwehr brauche der Bundesnachrichtendienst ein „verlässliches Echtzeit-Lagebild“. Nur so könne erkannt werden, welche Schritte der Gegner plane und wo Schwachstellen lägen. Der BND wolle künftig verstärkt moderne Technologien einsetzen und höhere operationelle Risiken eingehen, um frühzeitig auf Bedrohungen reagieren zu können.

Verfassungsschutz warnt vor hybriden Angriffen

Auch der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Sinan Selen, beschrieb Russland als „aggressiv, offensiv und zunehmend eskalativ“. Im September sei es zu zahlreichen Vorfällen gekommen, darunter GPS-Störungen, Drohnenflüge und Luftraumverletzungen durch russische Kampfjets. Diese Aktivitäten hätten den zivilen Luftverkehr in Europa beeinträchtigt und verdeutlichten die hybride Kriegsführung des Gegners. Russland überschreite „brandgefährliche Grenzen“, so Selen, etwa durch Sabotageakte in Deutschland und anderen europäischen Staaten.

Neben staatlich gelenkten Angriffen sieht der Verfassungsschutz weiterhin Gefahren durch internationalen Terrorismus und extremistische Bewegungen. Zunehmend verlagerten sich Bedrohungen in den digitalen Raum, wo sich Propaganda, Radikalisierung und Cybersabotage rasant entwickelten. Selen forderte, dass sich die Sicherheitsarchitektur Deutschlands auch im virtuellen Einsatzraum konsequent entfalten müsse.

Militärischer Abschirmdienst warnt vor Unterwanderungsversuchen

Die Präsidentin des Militärischen Abschirmdienstes, Martina Rosenberg, wies auf verstärkte nachrichtendienstliche Aktivitäten gegen die Bundeswehr hin. Ziel dieser Operationen sei es, militärische Strukturen zu schwächen und die Stabilität der NATO zu untergraben. Der seit über drei Jahren andauernde Krieg in der Ukraine habe die Sicherheitslage in Europa grundlegend verändert, sagte Rosenberg. Sabotageakte, Desinformation und Drohnenüberflüge erzeugten ein Klima der Unsicherheit, das Extremismus innerhalb und außerhalb der Streitkräfte begünstigen könne.

Die Abwehr extremistischer Tendenzen bleibe daher ein zentraler Schwerpunkt der Arbeit des MAD. „Rechtsextremistische, islamistische und andere verfassungsfeindliche Ideologien haben in unseren Streitkräften keinen Platz“, betonte Rosenberg. Interne Abläufe würden kontinuierlich verbessert, um Risiken frühzeitig zu erkennen und zu bekämpfen.

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