I. Abstrakte Tatvorwürfe der Anklageschrift im Verfahren 2 KLs 97/20
Die Staatsanwaltschaft Oldenburg wirft dem Angeklagten Schr. im Alter von 51 Jahren als ehemaligen Geschäftsführer von Gesellschaften der Steinhoff Gruppe in fünf Fällen die unrichtige Darstellung in Bilanzen gemäß § 331 HGB vor.
Zu diesen fünf Taten soll der Angeklagte Schm. im Alter von 64 Jahren Hilfe geleistet haben. Er ist diesbezüglich wegen Beilhilfe zur unrichtigen Darstellung von Bilanzen in fünf Fällen angeklagt.
Zu den Taten soll der gesondert Verfolgte J. als ehemaligen CEO der Steinhoff International Holdings Ltd. und ein gesondert verfolgte Treuhänder einer Gesellschaft (Ltd.) angestiftet bzw. Hilfe geleistet haben.
Hinsichtlich einer weiteren den Angeklagten vorgeworfenen Tat (vormalige Ziffer 1 der ursprünglichen Anklageschrift) wurde das Verfahren wegen Verjährung nicht eröffnet. Aufgrund dessen hat die Staatsanwaltschaft Oldenburg eine neue Anklageschrift verfasst, in dem nur noch die eröffneten fünf Taten enthalten sind.
Dem Angeklagten Schr. wird zudem in einer weiteren Anklageschrift Kreditbetrug in zwei Fällen vorgeworfen.
II. Konkrete Tatvorwürfe
Durch schwer nachvollziehbare Scheingeschäfte mit einem unüberschaubaren Geflecht von Gesellschaften sowie durch die überhöhte Bewertung von Anlagevermögen sollen die Angeklagten in Bilanzen im europäischen Teil des Konzerns Steinhoff International Holdings Ltd. auflaufende Verluste verschiedener Tochtergesellschaften verschleiert und darüber hinaus vermeintliche Gewinne für den Gesamtkonzern realisiert haben.
Die Staatsanwaltschaft Oldenburg wirft dem gesondert Verfolgten J. vor, er habe als CEO der Konzernmutter in Südafrika ein bestimmtes Konzernergebnis gefordert und hierfür sodann entsprechend Zahlen des europäischen Konzernteils benötigt. Diese Zahlen habe er einem der beiden Angeklagten als damalige Geschäftsführer der Tochtergesellschaften mitgeteilt, welche sodann versucht hätten, über Scheingeschäfte die entsprechenden Zahlen für die Bilanzen verschiedener Tochterunternehmen und damit letztlich auch für die entsprechenden Jahresabschlüsse des Konzerns zu realisieren. Hierfür seien die Ergebnisse der europäischen Tochterunternehmen vorab ermittelt worden, um sodann die benötigte Höhe der zu manipulierenden Gewinne als Differenz des tatsächlichen Ergebnisses zu dem vom gesondert Verfolgten J. vorgegebenen Ergebnis zu berechnen. Die benötigte Gewinnhöhe sei sodann durch Verbuchung von Scheingeschäften ausgewiesen und in die Bilanzen mit den entsprechenden Werten eingestellt worden.
Der 64-jährige Angeklagte Schm. war bis zum 06.10.2011 Geschäftsführer der „Steinhoff Europe Group Services GmbH“ (SGES) sowie bis zum 19.10.2011 Geschäftsführer der Tochterfirma „Tau Enterprises GmbH“.
Der 51-jährige Angeklagte Schr. war seit dem 06.10.2011 Geschäftsführer der „Steinhoff Europe Group Services GmbH“ sowie seit dem 19.10.2011 bei deren Tochterfirma, „Tau Enterprises GmbH“ und seit dem 29.03.2012 bei der weiteren Tochterfirma, „Omega Enterprises GmbH“.
Tat 1:
Um den vom gesondert Verfolgten J. benötigten Gewinn zu erzielen, habe dieser gemeinsam mit den Angeklagten im Wirtschaftsjahr 2010/2011 den Plan gefasst, diesen über den An- und Verkauf von inaktiven Gesellschaften zu generieren.
Zur Umsetzung des An- und Verkaufs habe der Angeklagte Schm. als damaliger Geschäftsführer in Absprache mit dem gesondert Verfolgten J. sich an den gesondert verfolgten Treuhänder gewandt und ihn gebeten, ihnen eine Offshore Gesellschaft auf den British Virgin Islands zur Verfügung zu stellen, die bereits am 01.07.2010 existent gewesen sein musste, vom 01.07.2010 bis Ende Juni 2011 in der Steinhoff-Gruppe bleibe und dann an die Talgarth Capital Ltd. mit Sitz auf den British Virgin Island verkauft werden sollte. Hierfür habe der gesondert verfolgte Treuhänder mit E-Mail vom 13.07.2011 in Kenntnis der geplanten Vorgehensweise hinsichtlich des Scheingeschäfts die im März 2010 gegründete Vorratsgesellschaft „Winecott Ltd.“ vorgeschlagen. Mit einem auf den 14.09.2010 rückdatierten Anteilsübertragungsvertrag habe ein deutsches Tochterunternehmen der SEGS, die Tau Enterprises GmbH, vertreten durch den gesondert verfolgten Geschäftsführer, die Anteile an der Vorratsgesellschaft zu einem Kaufpreis von 60.000,00 EUR zum 01.07.2010 gekauft. Der vereinbarte Kaufpreis sei am 14.11.2011 gezahlt worden. Sodann sei ein auf den 30.06.2011 rückdatierter Anteilskaufvertrag zwischen der Tau Enterprises GmbH und der Talgarth Capital Ltd., vertreten durch den gesondert Verfolgten Treuhänder, geschlossen worden mit einem vereinbarten Kaufpreis von 840.000.000,00 EUR.
Der An- und Verkauf der Geschäftsanteile an der „Winecott Ltd.“ sei bei der Tau Enterprises GmbH einheitlich am 18.08.2011 gebucht worden. In der Bilanz sei der Verkauf unter „Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände“ als „Forderung aus Verkauf Beteiligung Winecott“ in Höhe von 840.000.000,00 EUR verbucht worden. In der GuV sei der Verkauf als vermeintlich ordnungsgemäß erzielter Erlös in „sonstige betriebliche Erträge“ aus Anlageabgängen in Höhe von 839.940.000,00 EUR verbucht worden.
Aufgrund dieses Scheingeschäfts sei ein angeblicher Jahresüberschuss von 828.674.931,39 EUR ausgewiesen worden. Ohne dieses und weitere Scheingeschäfte hätte ein Jahresfehlbetrag von 507.345,32 EUR ausgewiesen werden müssen.
Um einer etwaigen notwendigen Wertberichtigung der in der Bilanz verbuchten „Forderung aus Verkauf Beteiligung Winecott“ gegen die Talgarth Capital Ltd. vorzubeugen, habe die damalige Europa Holding Steinhoff Europe AG (SEAG) und die Steinhoff Finance Holding GmbH (SFHG) im Jahr 2014 rückwirkend eine auf den 20.06.2011 mit „letter of comfort“ überschriebene Garantieerklärung für die außerhalb des Konzerns stehende Talgarth Capital Ltd. abgegeben. Unterzeichnet habe diese für die SEAG der Angeklagte Schr. und für die SFHG der gesondert Verfolgte J..
Der Jahresabschluss der Tau Enterprises GmbH soll auch Auswirkungen auf die Konzernbilanzen der SEAG und SFHG auf den 30.06.2011 gehabt haben.
Taten 2 und 3:
Auch im Wirtschaftsjahr 2011/2012 soll es zu weiteren Scheingeschäften durch den Verkauf von Anteilen einer inaktiven Firma an die Ltd. des gesondert verfolgten Treuhänders gekommen sein.
Die Angeklagten hätten zur Erreichung des vom gesondert Verfolgten J. vorgegebenen Gewinnwertes von min. 700.000.000,00 EUR aus Scheingeschäften vereinbart, hierfür neben der Tau Enterprises GmbH eine weitere Tochtergesellschaft für den Erwerb und Verkauf von Gesellschaftsanteilen zu gründen. Hierfür sei sodann die Omega Vorratsgesellschaft GmbH am 06.03.2012 errichtet worden. Als inaktive Gesellschaft sollte für den An- und Verkauf die Firma „Top Retail Investment(s) AG“ fungieren, deren alleiniger Vorstand der Angeklagte Schm. war.
Mit schriftlichen Kaufvertrag vom 01.04.2012 sei von der TOP Global Investment GmbH die „Top Retail Investment(s) AG“ zu 5 % an die Tau Enterprises GmbH und zu 95 % an die Omega Enterprises GmbH verkauft worden. Als Kaufpreis seien 5.000 EUR für die Tau Enterprises GmbH und 95.000 EUR für die Omega Enterprises GmbH vereinbart worden, welcher zum 10.06.2012 fällig sein sollte. Dies entspreche einem Aktiennennwert von 100,00 EUR je Aktie. Die Verkäuferin sei hierbei vom Angeklagten Schm. und die Käuferinnen jeweils von dem Angeklagten Schr. vertreten worden. Bei der Verkäuferin handelt es sich um eine Tochtergesellschaft der Talgarth Capital Ltd.. Die Firma „Top Retail Investment(s) AG“ sei sodann in die „AMB Investment Holding AG“ umfirmiert worden.
Mit getrennten Anteilskaufverträgen vom 29.06.2012 seien die jeweiligen Anteile an der inaktiven „AMB Investment Holding AG“ von der Tau Enterprises GmbH und der Omega Enterprises GmbH jeweils an die Talgarth Captial Ltd. verkauft worden zu vereinbarten Kaufpreisen von 16.250.000,00 EUR (Tau Enterprises GmbH) und 308.750.000 EUR (Omega Enterprises GmbH), mithin zu einem Preis von 325.000,00 EUR pro Aktie. Der Verkauf sei durch die Angeklagten sowie den gesondert verfolgten Treuhänder abgewickelt worden.
Die Begleichung des Kaufpreises an die Tau Enterprises GmbH und die Omega Enterprises GmbH sei dann jedoch nicht wie vereinbart, durch Vorlage von Wechseln der Aussteller Tau Enterprises GmbH und Omega Enterprises GmbH durch die Bezogene, die Talgarth Capital Ltd., erfolgt, sondern durch den Ausgleich von Konten der Tau Enterprises GmbH und Omega Enterprises GmbH durch die SFHG.
In der Bilanz der Tau Enterprises GmbH sei der Verkauf unter „Forderungen aus Lieferung und Leistungen“ als „Forderung aus Verkauf Beteiligung AMB“ in Höhe von 16.250.000,00 EUR und bei der Omega Enterprises GmbH entsprechend in Höhe von 308.750.000,00 EUR verbucht worden. In der GuV sei der Verkauf als vermeintlich ordnungsgemäß erzielter Erlös in „sonstige betriebliche Erträge“ aus Anlageabgängen in Höhe von 16.245.000,00 EUR bei der Tau Enterprises GmbH und in Höhe von 308.655.000,00 EUR bei der Omega Enterprises GmbH verbucht worden.
Aufgrund dieses Scheingeschäfts sei ein angeblicher Jahresüberschuss von 16.122.266,43 EUR bei der Tau Enterprises GmbH und in Höhe von 305.584.635,56 EUR bei der Omega Enterprises GmbH ausgewiesen worden. Ohne dieses Scheingeschäft sowie weitere Scheingeschäfte hätte ein Jahresfehlbetrag von mindestens 522.746,24 EUR bei der Tau Enterprises GmbH und 516.118,98 EUR bei der Omega Enterprises GmbH ausgewiesen werden müssen.
Um einer etwaigen notwendigen Wertberichtigung der in der Bilanz verbuchten „Forderung aus Verkauf Beteiligung AMB“ gegen die Talgarth Capital Ltd. vorzubeugen, habe die Steinhoff Finance Holding GmbH (SFHG) im Jahr 2014 rückwirkend zwei auf den 25.06.2012 mit „letter of comfort“ überschriebene Garantieerklärungen für die außerhalb des Konzerns stehende Talgarth Capital Ltd. abgegeben. Unterzeichnet habe diese für die SFHG der Angeklagte Schr..
Die Jahresabschlüsse der Tau Enterprises GmbH und der Omega Enterprises GmbH sollen auch Auswirkungen auf die Konzernbilanzen der SFHG auf den 30.06.2012 gehabt haben.
Tat 4:
Im Wirtschaftsjahr 2012/2013 soll der fiktive Verkaufspreis der wirtschaftlich inaktiven Firma, die bereits Gegenstand der Taten zu Ziffer 2 und 3 war, nachträglich noch einmal erhöht worden sein.
In Nachträgen zu den ursprünglichen Anteilskaufverträgen jeweils vom 17.07.2013 sei der vereinbarte Kaufpreis um 17.500.000,00 EUR zugunsten der Tau Enterprises GmbH und in Höhe von 332.500.000,00 EUR zugunsten der Omega Enterprises GmbH erhöht worden, sodass ein Gesamtkaufpreis von 675.000,00 EUR pro Aktie, mithin 675.000.000,00 EUR insgesamt vorgelegen habe. Die Nachträge hätten erneut die Angeklagten sowie der gesondert verfolgte Treuhänder unterzeichnet.
Hierdurch soll die Omega Enterprises GmbH weitere Forderung aus dem Verkauf der Anteile der wirtschaftlich inaktiven Firma unter „Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände“ unter „sonstige Vermögensgegenstände“ in Höhe von 332.500.000,00 EUR sowie in der GuV als vermeintlich ordnungsgemäß erzielte „sonstige betriebliche Erträge“ in Höhe von 329.763.691,36 EUR verbucht haben.
Ohne dieses Scheingeschäft und sonstige Scheingeschäfte hätte für die Omega Enterprises GmbH zum 30.06.2013 ein Jahresfehlbetrag von 1.111.387,41 EUR ausgewiesen werden müssen.
Um einer etwaigen notwendigen Wertberichtigung der in der Bilanz verbuchten „Forderung aus Verkauf Beteiligung AMB“ gegen die Talgarth Capital Ltd. vorzubeugen, habe die SFHG im Jahr 2014 rückwirkend eine auf den 04.06.2013 mit „letter of comfort“ überschriebene Garantieerklärung für die außerhalb des Konzerns stehende Talgarth Capital Ltd. abgegeben. Unterzeichnet habe diese für die SFHG der Angeklagte Schr. sowie der gesondert Verfolgte J..
Der Jahresabschluss soll Auswirkungen auf die Konzernbilanzen gehabt haben.
Tat 5:
Die Steinhoff Gruppe habe in der Folge angestrebt, den österreichischen Möbelkonzern Kika/Leiners über die Talgarth Capital Ltd. zu erwerben. Hierfür sei mit der Talgarth Capital Ltd. eine Vereinbarung getroffen worden, wonach die Tau Enterprises GmbH als Tochtergesellschaft der SEGS an die Talgarth Capital Ltd. Anzahlungen in Höhe von 720.061.000,00 EUR leisten sollte. Diese Anzahlungen seien in der Folge in der GuV und Bilanz der Tau Enterprises GmbH als geleistet verbucht worden, sodass die Tau Enterprises GmbH in den Bilanzen vom 30.06.2012 und 30.06.2013 unter der Position „geleistete Anzahlungen auf Sachanlagen“ den vereinbarten Anzahlungswert verbucht habe. Tatsächlich seinen jedoch keine Anzahlungen erfolgt.
Anstelle der Steinhoff Gruppe bzw. der Talgarth Capital Ltd. für die Steinhoff Gruppe habe der Angeklagte Schm. mit seinen Gesellschaften Top Global Investment Alpha GmbH und Top Global Investment Beta GmbH den österreichischen Möbelkonzern Kika/Leiners nach deren Aufspaltung in Handels- und Immobiliengesellschaft (das Immobilienvermögen sei in den Immobiliengesellschaften LKM Beteiligungsgesellschaft mbH und Leiner Immobilien GmbH gebündelt worden) zu einem Kaufpreis von knapp 470 Mio. EUR erworben. Die Firmen des Angeklagten Schm. seien in die Genesis Investment Alpha GmbH und Genesis Investment Beta GmbH umbenannt worden.
Das Immobilienvermögen habe sodann an die Tau Enterprises GmbH weiterverkauft werden sollen. Mit dem Erwerb hätten die nicht werthaltigen Forderungen gegen die Talgarth Capital Ltd. in werthaltige andere Vermögenswerte getauscht werden sollen. Hierfür sei Folgendes vereinbart worden:
Mit notariellen Abtretungs- und Kaufverträgen vom 30.06.2014 habe die Tau Enterprises GmbH von der Genesis Investments Alpha GmbH jeweils 99 % der Anteile an den Immobiliengesellschaften LKM Beteiligungsgesellschaft mbH und Leiner Immobilien GmbH zu einem Kaufpreis von 271.206.000,00 EUR und 181.211.000,00 EUR erworben.
In einer weiteren Vereinbarung vom 30.06.2014 zwischen der Tau Enterprises GmbH als Käuferin, der Talgarth Capital Ltd. als Verkäuferin zu 1.) und der Genesis Investments Alpha GmbH als Verkäuferin zu 2.) sei bezugnehmend auf einen angeblichen Kaufvertrag zwischen der Tau Enterprises GmbH und der Talgarth Capital Ltd. über das Immobilienvermögen der Kika/Leiners Gruppe vom 17.06.2011 sowie angeblich von der Tau Enterprises GmbH hierauf bereits geleisteter Anzahlungen in Höhe von 720.061.000,00 EUR (457.561.000,00 EUR und 243.500.000,00 EUR) vereinbart worden, dass die angeblich geleisteten Anzahlungen auf den Kaufpreis zwischen der Tau Enterprises GmbH und der Verkäuferin zu 2.) angerechnet werden sollten. Die Gesellschaften seien bei diesem Vertrag durch die Angeklagten sowie den gesondert verfolgten Treuhänder vertreten worden.
Die geleisteten Anzahlungen seien in der Folge im Rahmen der Buchhaltung der Tau Enterprises GmbH jedoch nicht in Abzug gebracht worden vom zu zahlenden Kaufpreis an die Genesis Investment Alpha GmbH, sondern seien dem Kaufpreis und damit dem Wert der erworbenen Gesellschaften hinzugerechnet worden. In der Bilanz seien die „geleistete Anzahlungen an Sachanlagen“ in „Anteile an verbundenen Unternehmen“ umgebucht worden. Hierdurch sei es zu einem nicht berechtigten Aktivtausch in Höhe von 720.061.000,00 EUR gekommen.
Der gesondert Verfolgte J. habe zudem am 21.08.2014 von Angeklagten Schr. ein zusätzliches Einkommen für Steinhoff in Höhe von 100.000,00 EUR gefordert. Daher sei zusätzlich noch eine angebliche Provisionszahlung der Talgarth Capital Ltd. für die Vermittlung des Immobiliengeschäfts in Höhe von 100.000.000,00 EUR zu Unrecht auf den Kaufpreis aufgeschlagen und entsprechend eine erhöhte Bewertung der Anschaffungskosten der Immobiliengesellschaften vorgenommen worden. Diese sei als „Beteiligung LKM & Leiner“ verbucht worden.
In der Bilanz zum 30.06.2014 sei dann anstelle des tatsächlichen Kaufpreises von 452.417.000,00 EUR unter der Position „Anteile an verbundenen Unternehmen“ ein Wert von 1.272.478.000,00 EUR ausgewiesen worden, der sich aus dem Kaufpreis, der angerechneten angeblich geleisteten Anzahlung an Talgarth Capital Ltd. sowie der vermeintlichen Provisionszahlung zusammengesetzt habe. Somit seien 820.061.000,00 EUR zu viel für die Beteiligung an den Immobiliengesellschaften ausgewiesen worden.
Der Jahresabschluss der Tau Enterprises GmbH soll Auswirkungen auf die Konzernbilanzen gehabt haben.
Vorwürfe Kreditbetrug
Dem Angeklagten Schr. wirft die Staatsanwaltschaft Kreditbetrug in zwei Fällen vor. Er habe als Geschäftsführer von Gesellschaften aus dem Steinhoffkonzern bei der Beantragung von Krediten durch die Vorlage von unrichtigen Konzernabschlüssen bewusst wahrheitswidrige Angaben gemacht.
Die fehlerhaften Buchungen (entsprechend der Anklagevorwürfe der Taten 1-5) sollen bilanzielle Auswirkungen auf die bei den Banken vorgelegten Jahresabschlüsse gehabt haben. Der Angeklagte Schr. soll nach Vorlage der insoweit unrichtigen Jahressabschlüsse mit Banken zwei Kreditverträge, einmal am 08.12.2015 über 680.000.000,00 EUR und einmal am 03.08.2016 über 250.000.000,00 EUR, abgeschlossen haben. Aufgrund der vorgelegten Unterlagen sollen die Banken im Rahmen der Bonitätsprüfung jeweils eine Bewertung mit der Bestnote „Investmentgrade“ vorgenommen haben. Der Kredit über 680.000.000,00 EUR sei antragsgemäß ausgezahlt worden. Der zweite Kredit sei revolvierend in Höhe von 200.000.000,00 EUR in Anspruch genommen worden.
Quelle: Landgericht Oldenburg, Pressemitteilung vom 3. Mai 2023