Es beginnt mit einem harmlosen Flirt in sozialen Medien oder auf Dating-Portalen und endet in einer für Betroffene beschämenden Erpressung. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich: „‚Sextortion‘ ist eine Bedrohung im Internet gerade für junge Menschen. Der Begriff setzt sich aus den englischen Wörtern ’sex‘ und extortion (sexuelle Erpressung) zusammen. Weltweit, aber auch in Bayern, werden vor allem junge Männer mit Nacktfotos oder intimen Videos erpresst.

Junge Menschen beginnen einen vermeintlich harmlosen Flirt in sozialen Medien oder auf Dating-Portalen. Dann werden sie beispielsweise mit Videoanrufen auf verschiedenen Instant-Messaging-Diensten von vermeintlichen Frauen schnell dazu animiert, sich zu entblößen und sexuelle Handlungen an sich vorzunehmen. Die Täter filmen dabei oft heimlich mit. Dann kommt plötzlich die erpresserische Geldforderung. Eisenreich: „Die Täter drohen, das kompromittierende Material bei Nichtzahlung viral gehen zu lassen oder gezielt an Freunde und Familie zu senden. Dabei bauen sie massiven Druck auf und zählen häufig einen Countdown herunter, um den Stressfaktor noch weiter zu erhöhen. Geschädigte sind einem massiven psychischen Druck ausgesetzt.“

Hinter den Tätern steht oftmals organisierte Kriminalität – nach den Erfahrungen der Zentralstelle Cybercrime Bayern (ZCB) bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg meist aus westafrikanischen Ländern wie Nigeria und Côte d’Ivoire oder aus Südostasien.

Teilweise werden auch Kryptowährungen wie Bitcoin gefordert, da die Transaktionen so schwieriger nachzuvollziehen sind. Die ZCB kooperiert mit Forschern vom Complexity Science Hub (CSH), um der Spur des Geldes besser zu folgen. Kryptoasset-Forensik-Experte Dr. Bernhard Haslhofer vom CSH führt mit dem Analyse-Tool GraphSense eine Analyse von Zahlungsströmungen mit Kryptowährungen im Bereich „Sextortion-Spam“ durch. Dr. Haslhofer: „Wir beobachten auch eine rapide Zunahme von Anzeigen im Zusammenhang mit ‚Sextortion‘, bei denen die Täter nur behaupten, im Besitz intimer Bilder oder Videos zu sein. Diese Behauptungen sind jedoch oft falsch. Da die Täter meist Bitcoin-Zahlungen fordern, können wir die Zahlungsströme analysieren und dabei interessante Muster erkennen – etwa, dass Millionen von E-Mails und Tausende von Fällen auf nur wenige Tätergruppen zurückzuführen sind. Die Spur des Geldes kann zu den Tätern führen, und Transaktionsanalysen liefern wertvolle Erkenntnisse. Die hohe Fallzahl und das Datenvolumen überfordern jedoch die klassische Forensik, weshalb innovative Ansätze notwendig sind, um die Strafverfolgung bestmöglich zu unterstützen.“

Neben dem hohen materiellen Schaden sind die psychischen Folgen für die Betroffenen teils schwerwiegend.Justizminister Eisenreich: „Die Folgen für die Opfer sind erheblich. Abgesehen von dem materiellen Verlust drohen Depressionen und Angstzustände. Viele bringen die Tat aus Scham erst gar nicht zur Anzeige.“ Laut FBI haben in den USA seit 2021 mindestens 20 Teenager Suizid begangen, weil sie mit Nacktfotos erpresst wurden. Auch in Bayern nahm sich ein „Sextortion“-Opfer das Leben. Bayerns Justizminister: „Diese schlimmen Fälle sind tragisch. Ich rate deshalb: Senden Sie keine intimen Bilder oder Videos. Überweisen Sie kein Geld bei Erpressungen, denn die Forderungen gehen meist weiter. Sichern Sie die Chatverläufe mit Screenshots und brechen Sie den Kontakt zum Täter sofort ab. Ganz wichtig ist: Auch wenn die Scham noch so groß ist und es viel Überwindung kosten kann: Zeigen Sie die Täter an! Das gilt auch, wenn der Erpressungsversuch nicht erfolgreich war und Sie nicht auf die Täter hereingefallen sind.“

StMJ, 31.01.2025

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